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«Dann singe und spiele ich um mein Leben»

Am letztjährigen Buskers galt der Singer-Songwriter Ansa Sauermann noch als Geheimtipp. Nun kommt der Wahlwiener mit seinem dritten deutschsprachigen Album nach Bern zurück. Der «Anzeiger Region Bern» unterhielt sich mit ihm über die bevorstehende Tournee und seine Liebe zur Musik.

| Regula Portillo | Kultur
Ansa Sauermann
Ansa Sauermann steht seit zehn Jahren erfolgreich auf der Bühne. Foto: zvg

Ansa Sauermann, viele Konzertgänger dürften Sie und Ihre Musik am Strassenmusik-Festival Buskers in Bern kennen­gelernt haben. Welche Erinnerungen sind Ihnen vom Buskers geblieben?
Zuerst die einmalige Stimmung! Dann die Freude im Organisationsteam,
die unterschiedlichen Künstler und Künstlerinnen aus der ganzen Welt und natürlich das Publikum, das so unfassbar aufgeschlossen und hungrig auf Kunst und Kultur war. Gleichzeitig war es natürlich auch, und das meine ich todernst, das anstrengendste und krasseste Wochenende meines Lebens. Neun Konzerte an drei Tagen, mit mehrfachem Auf- und Abbau, Ansagen machen, performen und den Umzügen zwischen den Locations. Aber es hat sich gelohnt und war ganz sicher eine meiner besten Erfahrungen. Ich bin sehr happy und dankbar, dabei gewesen zu sein. Und nicht zu vergessen die Aare. Die ist im Sommer ja der blanke Wahnsinn und Luxus. Aber das hören Sie in Bern sicherlich oft genug …

Dann waren Sie auch in der Aare schwimmen?
Klar doch. Das konnte ich mir nicht entgehen lassen. Bestimmt bekommt man den «Aarebag» in Bern gleich zur Geburt geschenkt. Von den Grosseltern oder so.

Was wird auf Ihrer Schweiz-Tournee anders, als wenn Sie in Deutschland oder Österreich Konzerte spielen?
Alles! Ich werde es unendlich geniessen. Ich singe und spiele um mein Leben und freue mich einfach, so viele unterschiedliche Ecken und Menschen kennenzulernen. In den letzten Jahren war ich so oft in der Schweiz wie in keinem anderen Land und habe mittlerweile eine sehr persönliche Beziehung. Ich habe mich lange nicht mehr so auf eine Tournee gefreut.

Sind Sie mit Musik gross geworden? Kam für Sie ein anderer Weg als die Musik infrage?
Meine Mutter hat mich von klein auf zu unzähligen Rockkonzerten mitgenommen. Die Toten Hosen, Motörhead, Springsteen. Mein Opa wollte Dirigent werden, hat Geige gespielt, musste aber aufhören, um einen «vernünftigen» Job zu lernen. So sei das damals eben gewesen, meint er, wobei er diesen Weg noch heute bereut. Mein Vater war es dann, der mich als Kind mehr oder weniger zum Klavierunterricht gezwungen hat. Und so nahm alles seinen Lauf.
Ich weiss nicht, ob ich ohne Musik leben könnte. Aber ich finde auch grossen Spass am Schreiben allgemein. Vielleicht versuche ich mich bald an einem Roman, was aber nicht bedeutet, dass ich deswegen der Musik den Rücken kehre.

Früher haben Sie auch als Barkeeper gearbeitet. War das ein Brot-Job oder suchten Sie nach Inspiration für IhreSongs?
Ich habe in dieser Bar, dem Zille in Dresden, mit meiner ersten Band meine erste Gage von 50 Euro versoffen. Als das Geld nach einer Stunde alle war, hat der Barkeeper uns noch auf ein paar Schnäpse eingeladen. Ein sehr sympathischer Typ, der selbst auch Musik gemacht hat. Ich kam dann immer wieder, bis er irgendwann meinte, ich könne genauso gut hier arbeiten, wenn ich doch sowieso ständig da sei. Dann würde ich dafür auch bezahlt werden. Eine Win-win-Situation. Jetzt spielt dieser Barkeeper in meiner Band Gitarre und wir sind sehr gute Freunde. Insgesamt eine sehr inspirierende Zeit – aber ungesund.

Wie entstehen Ihre Songs?
Das ist immer unterschiedlich. In der Regel gibt es zuerst eine Idee, oder eher eine Stimmung. Dann experimentiere ich an der Gitarre und fange an, dazu Gesangslinien und Melodien zu entwickeln. Da stolpern oft auch schon Worte und Textfragmente mit rein. Meistens wird der Text dann allerdings als letztes fertiggeschrieben und feingeschliffen.
Elton John hat mal gesagt, dass die besten Songs in einer Stunde geschrieben werden. Ich finde, da ist was dran. Wenn man wenig überlegen und konstruieren muss, ist das meist ein gutes Zeichen.

«Wir halten uns fest an allem, was wir glauben», singen Sie auf Ihrer neusten Platte. Woran glauben Sie?
Bei allem, was in der Welt gerade los ist, beziehe ich mich damit bewusst auf uns hier in Mitteleuropa, wo zumindest die Generation meiner Eltern geglaubt hat, und ich ja auch lange, dass es immer bergauf gehen wird, dass wir in unseren liberalen Demokratien frei und davor gefeit sind, in dunkle Zeiten zurückzufallen. Doch das steht alles wieder zur Disposition.
Die Menschen scheinen den Wohlstand und die kurzsichtige Sicherheit der Freiheit vorzuziehen. Die Rechte ist überall auf dem Vormarsch und sie hatte noch nie Interesse an einer fragilen und komplizierten Demokratie. Da muss ich mich an allem festklammern, woran ich glaube.

 

ONO, Bern, 30. April, 20.00 Uhr, Support Silvan Kuntz.
Weitere Infos: ansasauermann.de

ono.ch.


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