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Vorsicht vor Giftköder-Alarm

«Im und um den Monbijoupark wurden scheinbar Giftköder gestreut!», schrieb eine Userin auf Instagram letzten Dienstag. Es kursieren regelmässig Warnbeiträge über Giftköder im Netz. Meistens sind das Falschmeldungen. 

| Linda Pfanner | Gesellschaft
Beschilderungen im Monbijou-Park.
Schilder warnen vor Giftködern im Monbijou-Park. Foto: zvg.

Falls der tägliche Hundespaziergang vergangene Woche durch den Monbijoupark führte, sah man womöglich Schilder, die vor «gespickten Rosinen» warnten. Daraufhin warnten wohlwollende Hundebesitzer und -besitzerinnen wütend vor gestreuten Giftködern in den sozialen Medien. Dabei handelt es sich um eine Meldung unter vielen. Regelmässig werden Giftköder-Warnungen im Netz geteilt. Die private Facebookgruppe «Giftköder-Alarm Schweiz» hat über 10 000 Teilnehmende. Es werden fortlaufend Beiträge mit Bildern von Essensresten im Wald oder Meldungen über erkrankte Tiere geteilt. 

Anfang Januar ging die Schweizer Hunde-App «Woof» online. Die App warnt vor verteilten Giftködern, Blaualgen, Glasscherben oder anderen Gefahren für Hunde. Hundehalter und -halterinnen scheinen über mögliche Gefahren für ihre Haustiere informiert werden zu wollen. Doch online verlässliche Warnungen zu finden, ist schwierig. Die wenigsten der Giftköder-Beiträge werden effektiv von der Polizei bestätigt. Oft handle es sich entweder um Essensreste ohne Gift, oder es fehlen die Beweismittel. Das kommt vor, wenn die Hundebesitzer sich nach eigenen Angaben um den kranken Hund kümmern und keine Überreste mitnehmen können. Die Polizei teilt auf Anfrage mit, dass «bei solchen Meldungen nach den Abklärungen in den meisten Fällen keine gefährlichen Elemente festgestellt werden können.» Zudem seien Fälle mit Gift oder Rasierklingen «sehr selten», sagt die Polizei. 

Gründe für Falschmeldungen

Bei einem Grossteil der Warnungen handelt es sich um Falschmeldungen. Die geteilten Beiträge bekommen in den Facebookgruppen für Hundehalter und -halterinnen viel Aufmerksamkeit und Mitleid. In den Kommentaren werden die «Pfoten gedrückt» für die leidenden Vierbeiner. 

Stefan Caduff ist Medienpsychologe und Inhaber der Schweizer Medienbildungsinstitution SAPIA. Er sagt, hinter den vielen Warnungen stecke das Bedürfnis, zu einer Gruppe dazuzugehören. Der Gedanke: «Wir machen als Gruppe etwas Sinnvolles – und ich als Hundehalter trage aktiv dazu bei.» Die Teilnehmenden dieser Gruppen würden deshalb teilweise Falschmeldungen verfassen, um nicht nur unbeteiligt zuzuschauen. Die darauffolgende Aufmerksamkeit und der «Heldenstatus» sind laut Caduff mit Grund für die Veröffentlichung der Warnungen. Ausserdem würden die angeblich betroffenen Hunde daraufhin mit Besserungswünschen und Mitleid überhäuft. Dadurch schlüpfen die Hundebesitzer in die Rolle eines liebevollen Pflegers und erhalten gewollte Aufmerksamkeit. 

Die unbestätigten Warnungen vor Giftködern hätten keinen Wert, sagt Caduff: «Man sollte unbestätigte Meldungen in den sozialen Medien konsequent nicht unterstützen.» Nur Meldungen der Polizei oder von Tierärzten sollten ernst genommen und geteilt werden. Es sei ein Vorteil für Hunde­hasser, wenn echte Meldungen unter falschen Warnungen untergingen. Die Angst vor Giftködern ist jedoch nicht unbegründet. Deshalb solle man bei einem Verdacht auf einen Giftköder ­direkt die Polizei informieren, sagt ­Caduff. Erst wenn diese bestätige, dass es Giftstoffe gebe, solle man die Meldung im Netz teilen.

Giftköder-Radar

Die «Woof»-App wirbt mit ihrem Giftköder-Radar. Die App veröffentlicht Giftköder-Meldungen, auch ohne Bestätigung der Polizei. Luigi Di Maggio, Geschäftsführer von «Woof», sagt, die Meldungen in der App bestünden auf Vertrauensbasis. Die durch die Polizei veröffentlichten Meldungen würden oft erst publiziert, wenn es schon zu einem Todesfall des Tieres gekommen sei, die Messlatte sei daher zu hoch gesetzt, sagt Di Maggio. Giftköder, die von der Polizei oder dem Tierspital bestätigt wurden, werden in der App als verifiziert gekennzeichnet. «Bei uns kann jeder eine Gefahr melden», sagt Di Maggio, die Personen würden in der App nicht namentlich genannt, seien der Firma jedoch bekannt. Durch die Anonymisierung falle die Aufmerksamkeit nicht auf die Hundebesitzer. Das System der Vertrauensbasis habe für die Firma bisher gut funktioniert, sagt Di Maggio. 

Innert zehn Tagen seit der Lancierung der App im Januar zählt «Woof» nach Angaben des Vertreibers bereits 1200 Hundehalter und -halterinnen. Zurzeit ist die App aufgrund von neuen Richtlinien offline bis etwa Ende Februar. Danach erhofft sich die Firma eine weitere Zunahme der Teilnehmenden. 

Handeln bei Giftködern

Die beste Art, eine Vergiftung zu verhindern, sei, gar nicht in Kontakt mit dem Giftköder zu kommen, sagt Luigi Di Maggio. Die meisten Vergiftungen würden erst zu Hause bemerkt, wenn die ersten Vergiftungssymptome auftreten. Deshalb sei es wichtig, «die Augen nicht aufs Handy, sondern auf den Hund zu richten», so Di Maggio. 

Giftköder treten in unterschiedlichen Formen auf: mit Rattengift gefüllte Cervelats oder Essensreste mit Scherben, Rasierklingen oder Reissnägel. Di Maggio erklärt, falls es zum Kontakt mit Giftködern komme, sollte man als Erstes die Reste aus dem Mund des Hundes entfernen und sicher aufbewahren, damit diese später auf Gift getestet werden können. Auf der «Woof»-Webseite ist ein Erste-­Hilfe-Set gegen Vergiftungen durch Giftköder und Blaualgen erhältlich. Nach einer Vergiftung solle man dem Hund Aktivkohle verabreichen, sagt Di Maggio. Dies binde Bakterien und Bakteriengifte im Darm. Man sollte trotzdem schnellstmöglich ein Tierspital aufsuchen und den Hund behandeln lassen. Ausserdem sei es wichtig, den Vorfall auf jeden Fall der Polizei zu melden. 

Falls ein Giftköder gefunden wird, ohne dass ein Hund damit in Berührung kommt, sollte der Köder im besten Fall nicht berührt werden, wie die Polizei sagt. Während man auf die Polizei wartet, sollte man sicherstellen, dass kein Tier oder Mensch in die Nähe des Giftköders kommt. Die Polizei wird dann anschliessend den Köder vor Ort unter Spurenschutz sicherstellen und eine Untersuchung einleiten. 


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