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Bildschirmzeit: Wie viel ist zu viel?

Komplett auf Smartphone und Internet zu verzichten, ist mit dem modernen Leben kaum vereinbar.
Doch was tun, wenn die Technik uns mehr kontrolliert als dient?

| Regula Portillo | Gesellschaft
Symbolbild
Handy und Online-Konsum schadet. Foto: pixabay

Ob «Veganuary», «Dry January» oder «Digital Detox» – zu Jahresbeginn scheint uns nach Verzicht zu sein. Doch manchmal ist weniger mehr: «Digital Wellness» lautet das Gebot der Stunde. Anders als «Digital Detox» bedeutet «Digital Wellness» nicht, komplett auf den Konsum von Onlinemedien zu verzichten, sondern sich einen möglichst gesunden Umgang damit anzueignen. Doch wie gelingt es uns, Medienkonsum und Bildschirmzeit zu regulieren? Und was haben wir überhaupt davon?

Bekanntes Problem

Hundertmal gelesen, x-fach gehört, dass übermässiger Handy- und Onlinekonsum nicht guttut, Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen verursacht, den Augen schadet, unsere Aufmerksamkeit beeinträchtigt, die Konzentration schwinden lässt – und trotzdem schaffen wir es kaum, das Smartphone mal für längere Zeit aus der Hand zu legen, sondern verbringen mehrere Stunden täglich aktiv damit. Und selbst wenn wir gerade mal nicht mit Instagram, Tiktok, WhatsApp, News, Gamen, der Bank- oder Sport-App beschäftigt sind, liegt das Handy immer griffbereit und zieht einen Teil unserer Aufmerksamkeitsressourcen auf sich. Sogar noch dann, wenn es ausgeschaltet ist. 

Bewusstsein schärfen

Mario Sgarrella ist zertifizierter Digital-Wellness-Coach, Ausbilder und Gründer von unpluggo.ch. Er berät Familien und Unternehmen dabei, besser mit Smartphones, Computern und allen Arten von digitalen Ablenkungen umzugehen. Etwa den erfolgreichen Geschäftsmann, der in ein Burn-out hineinschlitterte, bis er seine Konten und Feeds auf Social Media löschte und damit aufhörte, wie besessen die Nachrichten zu prüfen. Mit der dadurch gewonnenen Zeit für Sport und Familie kamen auch Energie und Lebensfreude zurück. Oder das Unternehmen, dessen Angestellte mit der täglichen E-Mail-Flut nicht mehr zurechtkamen. Eine gemeinsam erstellte Kommunikationscharta konnte Abhilfe schaffen. «Es geht darum, die Kon­trolle und Handlungsmacht zurückzugewinnen und sich der Gefahren, denen man sich mit der Mediennutzung aussetzt, bewusst zu werden», sagt Mario Sgarrella. «Kinder verbringen bis zu fünfmal so viel Zeit vor Bildschirmen, wie es von Kinderärztinnen empfohlen wäre, rund 74-mal pro Tag checken wir unsere E-Mails. Da stellt sich schon die Frage, wer wen kontrolliert. Wir die Technik, oder sie uns.»

Jugendliche speziell gefährdet

Gemäss Daten, die von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) für die James-Studie 2022 (Jugend, Aktivitäten, Medien – Erhebung Schweiz) erhoben wurden, verbringen Jugendliche an Wochentagen rund dreieinhalb Stunden am Smartphone, am Wochenende jeweils eine Stunde mehr. 

Die sozialen Netzwerke wie Whats­App, Snapchat, TikTok oder Instagram sind dabei weiterhin hoch im Kurs. Problematisch ist, dass die Jugendlichen im Vergleich zu den Vorjahren beim Datenschutz nachlässiger werden und sexuelle Belästigungen weiter zugenommen haben. Zahlen einer ebenfalls 2022 veröffentlichten Studie von Sucht Schweiz zu Online-Aktivitäten von Jugendlichen zeigen beispielsweise, dass 14 Prozent der 15-jährigen Mädchen bereits Cybermobbing erlebt und die Hälfte der 15-Jährigen die sozialen Medien genutzt haben, um vor negativen Gefühlen zu flüchten.

Prävention als A und O

Wie können wir Kinder und Jugendliche dabei unterstützen, einen verantwortungsvollen Konsum von digitalen Medien zu erlernen? Was können Eltern tun, wenn ihre Kinder mit sexualisierten Inhalten konfrontiert werden? Mit solchen und ähnlichen Fragen beschäftigt sich auch die Berner Gesundheit, die im Auftrag der Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion des Kantons Bern tätig ist. «Für einen gesunden Medienumgang braucht es Medienkompetenz», sagt Ursina Bill, Fachmitarbeiterin Prävention und Gesundheitsförderung. «Dazu gehören beispielsweise das Wissen über mögliche Gefahren, rechtliche Aspekte oder das Abschätzen der Konsequenzen der eigenen Mediennutzung.» Das geschieht einerseits in der Schule, liegt aber zu einem grossen Teil auch in der Verantwortung der Eltern. «Mitunter kann das sehr herausfordernd sein», weiss auch Ursina Bill. «Doch es hilft, wenn man die Medien nicht zum Feind macht, sondern Interesse zeigt, offene Gespräche führt und in der Familie gemeinsame Regeln aushandelt.» Für weitere Informationen kann die Berner Gesundheit eine nützliche Anlaufstelle sein, oder die nationale Plattform Jugend und Medien, welche Eltern und Fachpersonen ebenfalls dabei unterstützt, junge Menschen kompetent bei der Mediennutzung zu begleiten.

Die richtige Dosis

Wie viel Bildschirmzeit ist also noch gesund? Eine allgemeine Antwort ist schwierig. Wichtiger als «wie lange» ist ohnehin, welche Inhalte dabei konsumiert werden. Generell gilt: So lange sich Arbeits- und Schulleistungen, Schlaf, Sport und echte soziale Beziehungen und Begegnungen in etwa die Waage halten, bewegt man sich im grünen Bereich. Trotzdem rät der Digital-Wellness-Experte Mario Sgarrella, noch einen Schritt weiterzugehen: «Reduzieren Sie Ihre Bildschirmzeit und Ihren Konsum von Onlinemedien auf ein absolutes Minimum und beobachten, was mit Ihnen passiert. Wetten, dass Sie sich ausgeglichener, konzen­trierter und wohler fühlen?»


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