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«Ich glaube total an Silvère Ganvoula»

Wieso gewinnen die Berner eigentlich nur noch zuhause? Wie schlimm steht es um das Teamgefüge bei YB? Hat sich bei Stürmer Silvère Ganvoula einen Knopf gelöst? Und wieso spielt Lukasz Lakomy nicht häufiger? Der «Anzeiger» diskutierte die drängendsten Fragen rund um YB mit «Radio Gelb-Schwarz»-Kommentator Tim Wälterlin.

| Fabian Christl | Sport
Tim Wälterlin.
Tim Wälterlin.

YB spielte am Sonntag auswärts gegen St. Gallen 2 zu 2 Unentschieden: In Anbetracht des Spielverlaufs nehmen wir den Punkt, oder?

Ich hätten den Punkt bereits vor Spielbeginn genommen. Auswärtsspiele in St. Gallen sind immer schwierig, auch wenn sie derzeit nicht so gut in Form sind. Nach dem Spiel sehe ich das ähnlich: Die Punkteteilung entsprach dem Gezeigten.

Von YB kam offensiv lange sehr wenig. Woran hat es gelegen?

Nach Gegentoren dauert es jeweils lange, bis YB sich Chancen kreieren kann. Gerade in Auswärtsspielen schaffen es die Berner derzeit nicht, ein gepflegtes Angriffsspiel zu praktizieren und damit den Gegner Schritt für Schritt einzuschnüren – so wie wir es von früher her kennen. Gegen St. Gallen wurden die Tore am Schluss mit klassischem Kick and Rush erzwungen.

Mir gefällt die Aufstellung mit Sandro Lauper und Cheikh Niasse auf der Doppelsechs nicht. Mit Lukasz Lakomy scheint mir das Potenzial in der Offensive grösser. 

Gegen übermächtige Gegner wie Manchester City kann ich die Aufstellung mit Lauper und Niasse nachvollziehen. Niasse kann viel Wert sein, wenn YB auf die Defensive fokussieren muss. Aber in Super-League-Spielen sehe ich auch lieber Lakomy. Vor allem hat er neben seinen technischen auch seine kämpferischen Qualitäten zunehmend unter Beweis gestellt.

Trainer Joël Magnin scheint gerade im Mittelfeld seine Stammformation mehr oder weniger gefunden zu haben – die Rotationen gegen GC waren wohl der englischen Woche geschuldet. Würdest du mit Ausnahme von Lakomy gleich aufstellen?

Magnin will wohl Sicherheit schaffen und den Spielern zeigen, woran sie sind – das ist für mich nach einer Zeit mit vielen Wechseln nachvollziehbar. Aber ich würde auf den Flügeln trotzdem mehr rotieren. Einerseits sticht keiner heraus, andererseits sind Ebrima Colley und Joel Mvuka nur bis Sommer ausgeliehen. Um zu entscheiden, ob die Kaufoption gezogen werden soll, bräuchten sie Einsatzzeit.  

Silvère Ganvoula hat nun in zwei Spielen in Folge getroffen. Noch immer misslingt ihm vieles, aber langsam kommt leise Hoffnung auf.

Ja, Ganvoula ist ein sehr spannender Fall. Er wird viel kritisiert. Teilweise zu Recht, weil er immer wieder 100-prozentige Chancen vergibt. Aber ich glaube dennoch total an ihn. Er verfügt über eine grosse Schnellkraft, Ballsicherheit und nicht zuletzt dank seiner Grösse auch über Kopfballstärke. Er wird wie Jordan Siebatcheu und Wilfried Kanga nach einer Saison Akklimatisierungszeit einschlagen, da bin ich überzeugt.

Nach einem Foul an Meschack Elia kam es wieder einmal zu Diskussionen, wer den Freistoss treten darf. Das deutet auf grössere atmosphärische Störungen im Team hin…

Solche Szenen sehe ich sehr ungern und kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Mit solchen Aktionen werden am Ende nur die Spieler verunsichert, die dann den Freistoss treten. Noch vor ein paar Jahren war das bei YB undenkbar, da gab es eine klare Hierarchie und die Spieler hielten sich daran. Dass mit Elia ausgerechnet ein langjähriger Spieler nun Stunk gemacht hat, enttäuscht mich sehr. 

Servette-Goalie Joël Mall sagte unlängst, dass nicht die Mannschaft mit dem besten Kader, sondern die mit der «besten Kabine» jeweils die Meisterschaft gewinne. Das ist natürlich zugespitzt. Aber: Wie wichtig ist die Stimmung im Team?

Da ist sicher etwas Wahres dran. Wenn man etwa in die Bundesliga schaut: Stuttgart wäre vom Kader her sicher im letzten Viertel der Tabelle anzusiedeln. Dank einem hervorragenden Teamgefüge stehen sie nun aber auf Platz 3. Auch bei YB hat das lange zum Erfolg beigetragen. Ich denke aber, dass es YB dank der grösseren Qualität trotzdem reichen wird. Auch wenn solche Szenen wie beim Freistoss keine guten Zeichen sind – überbewerten sollte man sie auch wieder nicht.

Zwei Heimsiege in Folge, aber nur zwei Punkte in den letzten vier Auswärtsspielen: Ist YB trotz Formtief noch immer heimstark, oder waren die Siege eher den beiden schwachen Gegner GC und Basel zu verdanken?

Die Statistik spricht schon eine klare Sprache: YB ist zu Hause eine ganz andere Mannschaft. Mit 25000 oder mehr Fans im Rücken und dem Bewusstsein, dass man in den letzten zwei Jahren nur ein Heimspiel in der Liga verlor, läuft es trotz Formtief immer noch gut. 

Das heisst, wir gewinnen am Sonntag gegen Luzern?

Klar. Das Wankdorf bleibt eine Festung!

Radio Gelb-Schwarz

Die Modefans des «Anzeiger» besprechen jede Woche das aktuelle YB-Spiel mit den Vollblutfans von Radio Gelb-Schwarz (RGS). Tim Wälterlin wurde im Sommer 2022 zu RGS transferiert. Seither pendelt er zwischen der Pressetribüne und dem Sektor C16. Sein Fantum geht aber weiter zurück: Seit den frühen 10er-Jahren ist das Wankdorf wie sein zweites Zuhause.

www.radio-gelb-schwarz.ch


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