Die Präsidien von GLP, FDP, SVP, Mitte und EVP haben eine Vereinbarung unterzeichnet, mit einer gemeinsamen Liste zu den Stadtberner Gemeinderatswahlen vom 24. November dieses Jahres anzutreten. Das teilten die fünf Parteien am Montag gemeinsam mit. Die Vereinbarung stehe aber noch unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die jeweiligen Mitgliederversammlungen, die in den kommenden Wochen stattfänden.
Begründet wird der Entscheid hauptsächlich mit Wahlarithmetik. So bevorteilt das Wahlsystem in der Stadt grosse Blöcke. Das hat dazu geführt, dass das Rot-Grün-Mitte-Bündnis bei den letzten beiden Wahlen jeweils vier der fünf Sitze erzielen konnte – das mit einem Wähleranteil von rund 60 Prozent. Mit einer gemeinsamen Liste können sich die beteiligten Parteien nun erhoffen, zwei Sitze zu erringen.
Obwohl die arithmetische Ausgangslage klar ist, kommt der Entscheid einigermassen überraschend. Bisher scheute sich namentlich die GLP, eine gemeinsame Liste mit der weit rechts politisierenden SVP Stadt Bern einzugehen. Bei den letzten Wahlen verhinderte die GLP mit dieser Haltung ein breites Bündnis Bürgerlich-Grün-Mitte (BGM).
GLP-Präsident Michael Hoekstra begründet den Meinungsumschwung auf Anfrage denn auch wenig euphorisch. Es handle sich um ein «Zweckbündnis», sagt er. Es sei aufgrund des Wahlsystems einfach die einzige Möglichkeit, «um die Meinungsvielfalt im Gemeinderat besser abzubilden».
Auch Co-Fraktionschef Maurice Lindgren stützt den Vorschlag des Vorstandes mit dem Blick auf das Parlament. Nachdem die Neuauflage einer Mitte-Liste gescheitert sei, sei BGM für die GLP die realistischste Möglichkeit, um einen der fünf Sitze in der Exekutive zu erringen, sagt er. «Dann könnten wir auch im Stadtrat viel effektiver politisieren, das wäre ein riesiger Schritt.»
«SVP steht für andere Werte»
Offen ist, ob der Entscheid von der Mitgliederversammlung Ende Januar gestützt wird. Bei der Parteileitung herrscht diesbezüglich eine gewisse Nervosität. So hat sie etwa ihren Stadträten einen Maulkorb erteilt – an den sich allerdings nicht alle halten.
«Ich bin nicht einverstanden mit dem Entscheid; ich werde mich dagegen aussprechen und dagegen wehren», sagt GLP-Stadtrat Michael Ruefer hörbar aufgewühlt. Die SVP stehe für völlig andere Werte als er selbst – und eigentlich auch seine Partei. «Wir dürfen aus opportunistischen Gründen wegen eines Gemeinderatsmandats nicht so stark von den eigenen Überzeugungen abrücken, wie es die Parteileitung tun möchte. Für mich ist damit eine rote
Linie überschritten.»