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Die 13. Augenwischerei

Statt fünf Milliarden Franken mit der Giesskanne auszuschütten, sollte man die Ergänzungsleistungen deutlich erhöhen, fordert «Anzeiger»-Kolumnist Peter Stämpfli. 

| Peter Stämpfli | Politik
Peter Stämpfli
Unternehmer Peter Stämpfli. Foto: zvg

Ich komme diesen Sommer ins Rentenalter. Sollte die Initiative für eine 13. AHV-Rente angenommen werden, nehme ich die zusätzlichen 2450 Franken gerne. Ich bin allerdings in der glücklichen finanziellen Lage, dass ich dieses Geld eigentlich gar nicht benötige. 56 Prozent der Pensionierten geht es gemäss einer Studie des Bundes wie mir. Sie geben an, mit ihrer finanziellen Lage sehr zufrieden zu sein. Das geht nicht allen so. Drei Prozent der Pensionierten beziehen Ergänzungsleistungen, um über die Runden zu kommen. Weitere haben gerade so viel Einkommen, dass sie knapp keinen Anspruch auf Ergänzungsleistungen haben. Diese Zahlen zeigen: Von genereller Altersarmut kann keine Rede sein. 

Trotzdem, den Menschen, die mit ihrer Rente kaum durchs Jahr kommen, muss mit zusätzlichen Geldern geholfen werden. Zu ihnen gehören ich und mehr als die Hälfte der Pensionierten nicht. Und doch würden wir alle die 13. Rente erhalten, obwohl wir sie nicht benötigen. Und obwohl die Einkommensschwächsten mehr benötigen würden. Das finde ich nicht sonderlich sozial, umso weniger, als die Initiative weitere Ungleichheit bringt. Ich würde eine unnötige zusätzliche Maximalrente von 2450 Franken erhalten, die Einkommensschwachen eine Minimalrente von 1225. Ich erhielte also doppelt so viel, obwohl ich das Geld nicht benötige. Einige derer, die Ergänzungsleistungen erhalten, würden dazu noch bestraft werden. Es sind die, die «dank» der 13. Rente knapp so viel mehr Einkommen haben würden, dass sie gerade keine Ergänzungsleistungen mehr erhalten würden, dafür aber die 13. Rente versteuern müssten; Ergänzungsleistungen sind im Gegensatz zur AHV steuerfrei.

Die 13. Rente wird uns fünf Milliarden (5000 Millionen) pro Jahr kosten. Davon gehen ungefähr zwei Drittel an Pensionierte, die die Rente nicht benötigen. Der kleinste Teil geht an die, für die das zusätzliche Geld wichtig ist, und die eigentlich noch mehr benötigen würden. Wer finanziert die fünf Milliarden Franken? Angedacht ist eine Erhöhung der Mehrwertsteuer oder der Lohnabzüge. Das wird wiederum die Einkommensschwächsten besonders treffen, denn ein oder zwei Prozent weniger Lohn oder höhere Kosten ist für sie und den Mittelstand deutlich schmerzhafter als für die Einkommensstarken. Bezahlen für die zusätzliche Rente werden vor allem die Jungen, die erst noch knapper bei Kasse sind als die Pensionierten. 

Sozial gerecht, wie dies die Initianten behaupten, ist diese Initiative also in keiner Weise. Im Gegenteil kostet sie Unsummen dort, wo keine Hilfe nötig ist. Sie verhindert dort, wo mehr Hilfe zwingend ist, diese im nötigen Ausmass leisten zu können. Richtig wäre, die Ergänzungsleistungen deutlich zu erhöhen, also zusätzliche
Gelder gezielt denen zu geben, die da­rauf angewiesen sind. Ein Nein zur 13. Rente verhindert, riesige Geldsummen sinnlos auszugeben. Ein Nein ermöglicht, neue Lösungen zu finden, um denen zu helfen, denen geholfen werden muss. 

Peter Stämpfli

 

Der Unternehmer leitet zusammen mit seinem Bruder die Stämpfli Gruppe, Verlags- und Kommunikationsunternehmen, in Bern. Er engagiert sich für wirtschafts- und sozialpolitische Anliegen, u.a. als Präsident der Unternehmergruppe Fokus Bern.

 


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