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Stettlen wächst nur an einem Ort, dafür kräftig

Im Stettler Ortsteil Deisswil steht der Weiterbau des «Bernaparks» an. Im Juni entscheidet die Gemeindeversammlung über die dafür nötige Ortsplanungsrevision.
Von Veränderungen weitgehend verschont wird das Dorf Stettlen. Das dürfte für Akzeptanz sorgen.

| Anina Bundi | Politik
Die Worble verschwindet zurzeit noch unter dem Bernapark. Foto: Nik Egger
Die Worble verschwindet zurzeit noch unter dem Bernapark. Foto: Nik Egger

Obwohl es bei der Ortsplanungsrevision OPLA der Gemeinde Stettlen um Grosses geht, wurde die Aula Bleiche am letzten Dienstag nicht überrannt. Nur rund 60 Personen besuchten die Infoveranstaltung zur Abstimmung im Juni.

Für den Gemeinderat ist das kein schlechtes Zeichen. Der Gemeindepräsident Christian Kaderli (GLP), der Ortsplaner der Gemeinde Florian Künti und Nadine von Schröder von der externen Beratungsfirma Ecoptima mussten nur wenige kritische Fragen beantworten. 

Stettlen bleibt, wie es ist

Dass die neue Ortsplanung offenbar recht gut akzeptiert ist, hat verschiedene Gründe. Zum einen gibt es zwar eine ganz grosse, sonst aber kaum Änderungen. Eine Zone mit Planungspflicht ZPP regelt, was auf dem Areal der ehemaligen Kartonfabrik im Ortsteil Deisswil unter dem heutigen Namen «Bernapark» gebaut werden kann. Im neu entstehenden Quartier könnten dereinst rund 2000 neue Stettlerinnen und Stettler wohnen und ebenso viele Leute arbeiten. Damit kann sich die heute knapp 3500 Menschen zählende Gemeinde entwickeln, fast ohne in anderen Dorfteilen zu wachsen. 

Der Bau des Bernaparks ist ausserdem schon in vollem Gang. Nachdem die Kartonfabrik 2010 die Produktion einstellte, übernahm Hans-Ulrich Müller das Areal. 2016 wurde von der Gemeindeversammlung eine sogenannte «Bestandeszone» beschlossen, um eine erste Bauetappe zu ermöglichen. Bereits wurde ein Teil der bestehenden Fabrikgebäude ausgebaut, bis heute sind knapp 300 Personen in 173 neue Wohnungen und diverse Gewerbebetriebe, unter anderem ein Restaurant, ein Fitnesscenter und ein Supermarkt, eingezogen. Bereits im Bau ist auch das Provisorium des Kantons für die Schule für Gestaltung. Es wird im Sommer bezogen. An dieses neue Gesicht des Areals dürften sich die Stettlerinnen und Stettler schon gewöhnt haben.

Für Akzeptanz sorgt sicher auch, dass die Pläne für den Bernapark redimensioniert wurden. Insbesondere verzichtet das  Referenzprojekt auf die zwischenzeitlich skizzierten Hochhäuser. Die Deisswiler Skyline bleibt damit weitgehend unangetastet.

Die kritischen Fragen hielten sich jedenfalls in Grenzen. Die meisten betrafen den Verkehr, einige auch die finanziellen Auswirkungen auf die Gemeinde. Untenstehend die wichtigsten Punkte zur Ortsplanungsrevision und zur Überbauungsordnung Bernapark.

Dorf Stettlen

Leicht höher, nämlich 15 statt wie bisher 13 Meter, kann auf der «Dreiecksparzelle» an der Bernstrasse und auf dem Schulareal Bleiche gebaut werden. An beiden Orten könnte so neuer Schulraum, in der Bleiche auch eine Turnhalle gebaut werden. Ausgeklammert von der OPLA wird das Areal im Dorfzentrum, mit der ehemaligen Post. Nach dem Nein der Gemeindeversammlung zum Verkauf an einen Investor soll dieses Gebiet für neue Ideen offen behalten werden.

Deisswil/Bernapark

Das ehemalige Fabrikareal ist 78 000 m2 gross und es sind bis zu 230 000 m2 Geschossfläche oberirdisch (GFo) möglich. Dazu kommen 30 000 GFo für Parkplätze. Maximal möglich sind demnach rund 1370 Wohnungen. Der Wohnanteil darf höchstens 60 Prozent betragen, im Gewerbeteil ist die Fläche für den Detailhandel auf 5600 m2 beschränkt. Grösstenteils werden die bestehenden Gebäude um-, weniges wird neu gebaut. Die Höhe ist auf rund 30 Meter beschränkt. Zu Bauland werden soll zudem der alte Bahnhof.

Verkehr

Die Hauptzufahrt zum Bernapark wird ab dem neuen Kreisel von der Bernstrasse über den Schwandiweg erfolgen. Letzterer liegt grösstenteils auf Ostermundiger Boden und muss ausgebaut werden. Wird eine definierte Zahl an Fahrten überschritten, wird die nächste Bauetappe nicht bewilligt. Für zu Fuss Gehende gibt es mehrere Wege quer durch den Bernapark, für Velos und Mofas werden 2000 bis 5500 Abstellplätze gebaut. Eine Querverbindung vom Bleichequartier zum Bahnhof Deisswil ist für später vorgesehen. Der RBS plant, die Strecke zwischen Bolligen und Deisswil auf zwei Spuren auszubauen und in vier, fünf Jahren den 7½-Minuten Takt bis Deisswil auszudehnen. Später könnte möglicherweise eine Buslinie Ostermundigen mit Deisswil verbinden.

Wasserbauplan

Die Worble, die zurzeit unter dem Fabrikgelände eingedolt ist, soll an die Oberfläche geholt und  auf die andere Seite der Bahngleise verlegt werden. Damit entfällt auf dem Gelände die Gewässerschutzzone und der Bernapark gewinnt rund 70 000 m2 Geschossfläche. Der heutige Worble-Kanal bleibt bestehen und dient als Überlaufgefäss im Fall eines Hochwassers. Nach Einsprachen wird der Wasserbauplan  zurzeit überprüft.

Etappen 

Die UeO wird vom Gemeinderat in Etappen genehmigt. Zum Teil müssen dafür Bedingungen erfüllt sein wie die Genehmigung der UeO Schwandiweg oder des Wasserbauplans. Die erste Etappe kann direkt nach der Genehmigung von OPLA und UeO beginnen, die letzte dürfte Stand heute frühestens 2035 in Bau gehen.

 «Fitnesscheck» Gemeinde

Geprüft wurde, wie sich die Entwicklung des Bernaparks auf die Gemeinde Stettlen auswirkt. Bisher sind kaum Kinder in den Bernapark gezogen. Langfristig wird mit maximal 120 neuen Kindern gerechnet. Für den dafür nötigen zusätzlichen Schulraum ist auf den heutigen Schularealen Platz vorhanden. Gebaut würde erst, wenn die Mehrwertabschöpfung erfolgt ist.  Zusätzliche, öffentliche Infrastrukturbauten braucht es keine. 

Gemeindefinanzen

Dank der neu Zugezogenen im Bernapark sind die Steuereinnahmen der Gemeinde schon jetzt gestiegen. Bei einem maximalen Ausbau mit 60 Prozent Wohnungen rechnet die Gemeinde mit rund 5 Millionen Mehrein­nahmen pro Jahr plus einer halben Million Unternehmenssteuern. Dazu kommt die Abschöpfung des Planungsmehrwerts, die bis zu 17 Millionen in die Gemeindekasse spülen könnte, falls die Wohnbauentwicklung wie geplant umgesetzt würde. Dem stünden Mehrkosten gegenüber, wie z. B. für den 7½-Minuten Takt
des RBS oder neuen Schulraum, unter dem Strich rechnet die Gemeinde
mit einem positiven finanziellen Effekt.

Formales

Über die Ortsplanungsrevision inklusive Baureglement und Zone mit Planungspflicht «ZPP Nr. 5 Bernapark», stimmt die Gemeindeversammlung am 18. Juni ab. Anschliessend muss das Amt für Gemeinden und Raumordnung sie genehmigen. Die «Überbauungsordnung (UeO) Bernapark», die weiter ins Detail geht, wird der Gemeinderat nach Genehmigung der OPLA in eigener Kompetenz beschliessen. Auch sie wird noch vom Kanton genehmigt werden müssen.


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