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Eine städtische Bernstrasse als Herzstück
Verdichtung im Zentrum, Grün in den dörflichen Quartieren und ein paar ungewöhnliche Vorschläge – die Ortsplanungsrevision Ostermundigen geht in die Mitwirkung.
Fast kommt es einem vor, als hätte Ostermundigen nach dem Volksnein zur Fusion mit Bern die Handbremse gelöst. Nach jahrelangen Vorarbeiten brauchten Gemeinderat und Verwaltung für die Erarbeitung der Ortsplanungsrevision Omundo nur noch zwölf Monate. Sie baut auf der Regionalen Entwicklungsstrategie RES auf, die seit Oktober 2021 in Kraft ist und die Eckpunkte vorgibt.
Letzte Woche haben Gemeindepräsident Thomas Iten und seine Gemeindeplanerin Magdalena Wiesmann das Ergebnis den Medien vorgestellt. Am Erscheinungstag dieser Zeitung geht Omundo in die öffentliche Mitwirkung. Nun hoffe er auf viele Eingaben aus der Bevölkerung, sagt Iten. «Das gibt zwar mehr Büez, aber die lohnt sich.» Mitwirken kann man per Brief, Mail oder Onlineformular, geplant sind aber auch Infoveranstaltungen und Spaziergänge vor Ort.
Höher bauen wird Pflicht
Herzstück der Ortsplanungsrevision Omundo ist die Bernstrasse. Zwischen der Bahnunterführung und dem Schiessplatzweg, an dessen Ende das Gemeindehaus liegt, soll höher und dichter gebaut werden. Fünf bis sechs Geschosse sind in den verschiedenen Abschnitten in Zukunft nicht nur möglich, sondern vorgeschrieben. Ebenso die «geschlossene Bauweise», Neubauten müssen bis an die seitliche Parzellengrenze gebaut und mit einer Brandmauer abgeschlossen werden, damit der nächste Neubau daran anschliessen kann. Einzelne Liegenschaften, die unter Schutz stehen und nicht verändert werden dürfen, werden für Luft und Lücken in den städtischen Häuserreihen sorgen. Zusätzlich sollen alle Neubauten einen Meter von der Strasse weg versetzt werden, damit Platz frei wird für ein breites Trottoir, Bäume sowie einzelne Velo- und Autoparkplätze.
«Corso» und «Promenade» sind die Worte, die Iten und Wiesmann dafür brauchen. Die Strasse werde jetzt schon sehr städtisch genutzt, sagt Iten. Nur dass die heutige Höhe der meisten Gebäude nicht dazu passe.
Bis diese Vision eines belebten, aber angenehm beschatteten «Corsos» Realität ist, wird Ostermundigen allerdings aus anderen Gründen während mindestens zehn Jahren eine Grossbaustelle sein. Am 1. Juli fahren die Bagger auf für die ersten Vorarbeiten zur neuen Tramlinie. Ab nächstem Jahr wird ausserdem der Bahnhof im grossen Stil umgebaut, unter anderem soll ein neuer Tunnel für Entlastung und mehr Kapazitäten auf den Gleisen sorgen.
Rund um den Bahnhof liegen auch einige der insgesamt elf Areale, die von Omundo ausgenommen sind und als Zonen mit Planungspflicht separat entwickelt werden. Zum Beispiel das Gelände zwischen den Gleisen und dem Postweg. Die grossen Tanks, in denen bis vor Kurzem Brennstoff gelagert wurde, kommen bald weg. Während des Bahnhofumbaus wird das Areal als Baustellenplatz dienen, später sollen hier Wohnungen entstehen. Insgesamt soll die Bevölkerung von Ostermundigen bis 2040 um rund 11 Prozent auf 20 500 Einwohnerinnen und Einwohner wachsen.
Wenig neuer Gewerberaum
Doch Ostermundigen will nicht nur Stadt, sondern auch Dorf sein. Neues Bauland wird mit Ausnahme des YB-Campus nicht eingezont, die dörflichen Quartiere sollen nach den Plänen des Gemeinderats ihren Charakter behalten. In Zukunft wird auf dem ganzen Gemeindegebiet ein minimaler Grünflächenanteil von 55 Prozent pro Parzelle gelten, dafür kann in den meisten Quartieren ein Stockwerk höher gebaut werden. Auch bei den Heizungen sind die neuen Vorschriften streng – wer neu bauen oder seine Heizung ersetzen will, muss in gewissen Gebieten Erdwärme einsetzen oder sich an ein Fernwärmenetz anschliessen. Dass dies als Eingriff in die Freiheit der Hausbesitzer auf Widerstand stossen könnte, dessen ist man sich auf der Gemeinde bewusst. «Wir haben das jetzt mal so reingetan und schauen, was die Mitwirkung bringt», sagt Thomas Iten dazu.
Um die relativ strengen Vorgaben etwas abzufedern, gibt es im Baureglement den Artikel zwei. «Mein Lieblingsartikel», so Iten. Unter dem Stichwort «Interessenabwägung» sieht er vor, dass die Behörden auf Gesuch Abweichungen von baurechtlichen Vorgaben bewilligen können, wenn damit für das Quartier eine qualitativ bessere Lösung erreicht wird. Damit sind Rechtsstreitigkeiten mehr oder weniger vorprogrammiert. Trotzdem ist Iten vom Vorschlag überzeugt. «Lieber so, als bei den Vorschriften präventiv extra tief gehen, damit sie sicher alle erfüllen können.»
Keine grossen Sprünge wird Ostermundigen beim Gewerberaum machen. Zwar sollen bis 2040 auch über 1100 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen, allerdings grösstenteils im Dienstleistungssektor. Ein Mangel besteht vor allem für lärm- und verkehrsintensiveres Gewerbe. «Leider kann Ostermundigen keinen grossen Beitrag zur Lösung dieses Problems leisten», räumt Iten ein. Einzig im «Werkquartier» im Süden von Ostermundigen soll neuer und dazu «preiswerter» Gewerberaum entstehen. Die Zone mit Planungspflicht dafür ist in Arbeit.
Nach Abschluss der Mitwirkung werden die Unterlagen überarbeitet und zur Vorprüfung an den Kanton geschickt. Voraussichtlich 2026 werden das Gemeindeparlament und schliesslich das Stimmvolk darüber entscheiden.