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So schön, so gefährlich – eine Raupe auf Abwegen
Die giftigen Raupen des Eichenprozessionsspinners sind wieder unterwegs. Sie können heftige allergische Reaktionen auslösen. In Bern gibt es allerdings kaum Berührungsgefahr.
In Basel-Landschaft mussten vergangene Woche über ein Dutzend Schülerinnen und Schüler wegen allergischer Reaktionen hospitalisiert werden. Schuld war vermutlich eine giftige Raupe: die des Eichenprozessionsspinners. Schon über die Luft kann deren Gift der Raupenhärchen in den Atemwegen allergische Reaktionen auslösen. Vor allem bei Berührungen mit der Haut führt das Nesselgift oft zu Juckreiz, Bläschen und Ausschläge, die tagelang anhalten können.
Zurzeit beschränke sich das Vorkommen des Eichenprozessionsspinners in der Schweiz aber nur auf kleine und lokale Befallsherde, sagt Simon Blaser von der eidgenössischen Forschungsanstalt Waldschutz Schweiz (WSL). Waldschutz Schweiz erhebt die Befallssituationen in den Schweizer Wäldern jeweils zum Jahresende.
Wenig Fälle im Kanton Bern
In den letzten fünf Jahren gab es im Kanton Bern nur fünf bestätigte Fundmeldungen von Eichenprozessionsspinnern im Wald. Diese stammten aus den Regionen Oberaargau, Berner Jura, der Thunerseeregion sowie der Agglomeration Bern. Es sei jedoch zu beachten, dass der Eichenprozessionsspinner auch ausserhalb des Waldes, insbesondere in gut besonnten Siedlungsgebieten, vorkommen kann. Diese Fälle werden Waldschutz Schweiz aber nicht gemeldet, weil sie von den Försterinnen und Förstern nicht mit erfasst werden.
Der Eichenprozessionsspinner, eine wärmeliebende Schmetterlingsart, breitet sich zunehmend in der Schweiz aus. Das sei auch auf den Anstieg der Durchschnittstemperaturen im Zuge des Klimawandels zurückzuführen, so Simon Blaser. Zwar nicht örtlich: Historische Daten zeigen, dass die Art bereits im 19. Jahrhundert in weiten Teilen Europas verbreitet war. Es habe daher keine klimabedingte Verschiebung des Verbreitungsgebiets stattgefunden.
Heute stelle man aber eine erhöhte Häufigkeit und Intensität der Befälle fest, sagt Blaser. Für den Kanton Bern konnte im Wald bislang keine signifikante Zunahme beobachtet werden, jedoch werde jährlich etwa ein kleiner, lokaler Befall registriert.
Risiko nimmt mit steigenden Temperaturen zu
Neben dem Eichenprozessionsspinner gibt es im Kanton Bern noch andere Schmetterlingsarten, deren Raupen allergene Brennhaare besitzen. Dazu zählen der einheimische Goldafter (Euproctis chrysorrhoea) und der Schwammspinner (Lymantria dispar). Diese Arten stellen ebenfalls ein Gesundheitsrisiko dar, da ihre Brennhaare starke allergische Reaktionen auslösen können.
Angesichts des prognostizierten Temperaturanstiegs im Zuge des Klimawandels ist zu erwarten, dass die Intensität und Häufigkeit von Eichenprozessionsspinner-Befällen in den nächsten Jahren weiter zunehmen werden. Blaser warnt, dass damit auch das Risiko gesundheitlicher Zwischenfälle durch den Kontakt mit
den Brennhaaren der Raupen steigen kann. Daneben könnten wärmere Temperaturen in Zukunft ebenfalls die Etablierung von eingeschleppten, wärmeliebenden Insektenarten begünstigen.
Dem kantonalen Amt für Wald und Naturgefahren sind auf Anfrage keine Vorfälle wie jener in Basel-Landschaft bekannt. Das liege aber auch daran, dass Raupen mit Brennhaaren in der Regel keine Gefährdung für den Wald und seine Funktionen darstellen würden. Entsprechend würden die Meldungen jeweils an die Gemeinden weitergeleitet, welche selbst eine Lagebeurteilung machen könnten.
Wer bei einem Waldspaziergang Bäume findet, die vom Prozessionsspinner befallen sind, sollte den Fund den entsprechenden kantonalen Waldschutzbeauftragten melden. Die Brennhaare der Raupen können über mehrere Jahre lang giftig bleiben. Wenn man mit den Brennhaaren in Kontakt kommt, sollte man sofort die Kleider wechseln und die kontaminierten Kleidungsstücke bei 60 Grad waschen. Kommt es nach Kontakt mit den Raupenhaaren zu einem Hautausschlag, sollte man schnellstmöglich medizinische Hilfe aufsuchen.