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Musiker Clemens Kuratle: «Leg etwas Geld zur Seite und lerne kochen!»

Der Berner Musiker Clemens Kuratle wäre gern ein Esel, der auf der Planalp ob Brienz Gestrüpp isst und Lärm macht. Oder aber ein reicher Erbe mit Villa und eigenem Tonstudio.

| Anzeiger Region Bern | Gesellschaft
Clemens Kuratle, hier mit der Formation Kuratta. Foto: Marianne Wenger
Clemens Kuratle, hier mit der Formation Kuratta. Foto: Marianne Wenger

Wenn Sie ab jetzt als Tier leben müssten, welches würden Sie wählen?

Einen Esel irgendwo auf einer Alp. Der unempfindliche Magen, und die entsprechend unkomplizierte Nahrungsbeschaffung in schöner Umgebung, kein Herdentrieb und die Tatsache, dass man zwischendurch ordentlich reinheulen darf, reizt mich «schampar».

Auf welche Berufsleute sind Sie neidisch?

Auf Künstler*innen mit viel geerbtem Geld. Nicht, dass ich es ihnen nicht gönnen würde. Erben ist auch nicht per se einfach. Aber trotzdem.

Über was für Eigenschaften muss ein Mensch verfügen, damit Sie mit ihm eng befreundet sind? 

Die Person muss gute Fragen stellen können.

Haben Sie gerade sich selbst beschrieben?

Vielleicht. Mir gelingt das mit dem ­Fragen aber auch nicht immer.

Was finden Sie an sich selbst schön?

Meine Bemühungen, immer wieder gute Fragen zu stellen.

Worauf sind Sie besonders stolz?

Auf die Tatsache, dass die Musik immer noch Zentrum meines Lebens ist.

In welchem Punkt möchten Sie sich selbst gerne optimieren? 

Ich wäre gerne fokussierter.

Warum tun Sie es nicht?

Ich versuche es ja.

In welchen Situationen ist Ihnen so richtig wohl?

In der Natur, und zusammen mit meiner Familie, meiner Partnerin oder guten Freund*innen und auf beinahe jeder Bühne, insbesondere wenn ich sie mit guten Musiker*innen teilen darf.

Welchen Ratschlag würden Sie Ihrem jüngeren Ich geben, wenn Sie in die Vergangenheit reisen könnten?

Leg ein bisschen Geld auf die Seite, gib nicht alles für neues Equipment aus und lerne kochen. – Das lerne ich alles erst jetzt, Anfang dreissig. Quel échec!

Welcher Leitspruch nervt Sie am meisten?

Sämtliche Leitsprüche zum Thema Geld, Arbeit und Armut, welche Männer mit passivem Einkommen selbstgerecht zum Besten geben.

Reden Sie mit Tieren? Auch wenn ein anderer Mensch zuhört?

Ja. 

Welches ist Ihr Lieblingsdino­saurier?

Mir gefällt der Brachiosaurus. Da seine Zähne zu schwach waren, musste er zur besseren Verdauung Steine schlucken. Das muss man sich mal vorstellen. Vielleicht ist der Esel ja ein entfernter Verwandter.

Welches ist ihr liebstes ­Restaurant?

Ich mag das Azzurro. Ein Beispiel dafür, dass man mit echter, ungekünstelter italienischer Gastfreundschaft eine sehr unattraktive Lage wettmachen kann. 

Was mögen Sie an Bern?

Die Aare, den Botanischen Garten, den ÖV und die Kulturszene. 

Was nicht?

Die Fragmentierung derselben Kulturszene. 

Welches ist Ihr Lieblingsort auf der Welt?

Die Planalp ob Brienz.

An welchen Ort und in welche Zeit würden Sie mit einer Zeitmaschine reisen, wenn Sie könnten?

Nach Nordamerika vor der Kolonialisierung durch die Europäer.

Wenn Sie die Gelegenheit hätten, auf den Mond zu fliegen – würden Sie es tun?

Nein.

Sehen Sie im technischen Fortschritt eher Grund zur Sorge oder zur Hoffnung? Begründen Sie!

Beides. Hoffnung macht mir die Tatsache, dass komplexe Probleme gelöst werden können und stupide, repetitive Tätigkeiten zum Beispiel in der Administration zukünftig wohl nicht mehr vollständig von uns Menschen gemacht werden müssen. Sorge bereitet mir die Tatsache, dass dieser Fortschritt vor allem von kapitalgetriebenen Entitäten aus der Privatwirtschaft vorangetrieben und insbesondere auch monetarisiert wird. Sorge bereitet mir auch, dass ich das Gefühl habe, dass insbesondere auch durch AI und den technologischen Fortschritt ein Teil der «Human Experience» verloren geht. Gerade in der Musik glaube ich nicht, dass mehr Output mehr Qualität sondern vor allem mehr «Noise» generiert. Und Sorge bereitet mir die Tatsache, dass dieser technologische «Fortschritt» Unmengen an Energie benötigt, was die menschengemachte Klimakatastrophe wohl noch zusätzlich befeuert.

Welche berühmte (lebende oder tote) Person würden Sie gern persönlich treffen?

Heinmot Toojalakekt (Chief Joseph) – Ein Häuptling der Nez Perce welchem folgendes Zitat zugeschrieben wird: «Gebt allen Menschen die Möglichkeit, zu leben und sich zu entwickeln. Alle Menschen wurden vom großen Geist erschaffen und alle sind Geschwister.» Das liesse sich mit dem Ausflug mit der Zeitmaschine verbinden.

Welche berühmte Person ­würden Sie gerne küssen?

Meryl Streep.

Bei welcher Person ihres nicht-präferierten Geschlechts würden Sie eine Ausnahme machen?

Beim verstorbenen Tänzer Eugene W. Rhodes, der mich, als ich 18 Jahre alt war, in die queere Community Berns eingeführt hat. Leider habe ich die Gelegenheit damals nicht genutzt. 

Wie viele verschiedene Sexualpartner sollte ein Mensch im Leben etwa haben?

Ich glaube nicht, dass man sich da auf eine Zahl versteifen sollte. 

Sind Sie ein guter Partner?

Ich glaube, mittlerweile bin ich ein ­guter Partner. Ich mag Beziehung und das hilft.

Wann haben Sie zum letzten Mal geweint? 

Beim Geburtstag meiner beiden Schwestern.

Wovor haben Sie am meisten Angst?

Vor den Folgen des Klimawandels. Klimatisch wie soziologisch.

Erzählen Sie uns einen Witz.

Passives Einkommen hat nichts mit Ausbeutung zu tun.

Wofür würden Sie viel Geld ausgeben, wenn Sie es hätten?

Für ein Haus mit Garten, gross genug für ein gemeinschaftliches Wohnprojekt und ein Tonstudio.

Welches ist Ihre liebste Kleidermarke? 

Mir reicht das Brockenhaus. Wenn neu, dann fair.

Was wollen Sie mit Ihrer ­Kleidung ausdrücken?

Das kommt auf den Tag an.

Was würden Sie aus Ihrem Haus /Ihrer Wohnung retten, wenn es brennen würde und Sie nur einmal laufen könnten?

Das will ich mir nicht ausmalen ­müssen.

Welcher Teil Ihres Haushaltes ist am wenigsten in Ordnung?

Meine Büroecke. Ich kann administrative Arbeit nicht leiden.

Was soll das ganze?

Das frage ich mich auch.

 

Clemens Kuratle

Der gebürtige Meikircher Clemens Kuratle (33) ist seit vielen Jahren mit diversen Bands und Projekten auf den Bühnen der Schweiz und Europas unterwegs. Am längsten mit dem von ihm gegründeten Quintett Murmullo, oft auch mit der Neofolk-Band Moes Anthill, oder dem Tech-Pop-Mundart-Duo Kuratta, wo er seine Liebe zum Mundartsong nun als Sänger auslebt. Kuratle hat an der Hochschule Luzern Schlagzeug und in Zürich Komposition studiert. Lange vor allem als Sideman unterwegs, veröffentlicht er zunehmend eigene Musik als Bandleader und Sänger. Im August gibt es gleich vier Möglichkeiten, Kuratle in der Schweiz live zu sehen.

23.8.
Festival am Waldrand, Wabern; Kuratta

24.8.
Landäbärg Unplugged, Sarnen; Moes Anthill

24.8.
Tellspiele, Altdorf;
Moes Anthill

29.8.
La Guarida, Bern;
Clemens Kuratle Murmullo

Weitere Auftritte und mehr Infos unter www.clemenskuratle.com


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