Ich habe wieder einmal eine Absage bekommen für etwas, das ich gerne wollte. Etwas, das ich sehr gerne wollte. Ich habe wochenlang auf eine Antwort gewartet, habe mir ausgemalt, wie es sein würde, wenn es endlich so weit wäre. Und dann kam der Bescheid. Er kam, als ich – ja, schlechte Angewohnheit – meine Mails beim Zähneputzen checkte. Er traf mich mit Schaum vor dem Mund wie ein Schlag mitten in meine Pfefferminz-Fresse (pardon!). Ich taumelte. Wie weiter?
Niederlagen definieren den eigenen Lebensweg irgendwie oft stärker als Erfolge, denke ich mir jetzt. Sie sind Brandbeschleuniger, Realitätschecks oder Ansporn, aber zuerst legen sie uns lahm. Enttäuschung, Hoffnungslosigkeit, Leere. Schon klar, dass es meistens anders kommt, als man denkt. Aber ein Mensch weiss eben auch gerne, was passieren wird. Es ist ein Grundbedürfnis, vorausplanen zu können – und leider auch für viele Menschen auf dieser Welt ein Privileg (aber davon in einer anderen Kolumne).
Aber als die Antwort in meinem Badezimmer eintraf, putzte ich mir vor Schock erst mal die Zähne fertig. Und dann machte ich Sport, rief meine Freundin an, betäubte mich mit TV-Serien. Ich trauerte um meinen geplatzten Traum, den ich mir in so bunten Farben ausgemalt hatte. Am nächsten Tag war ich immer noch enttäuscht. Ich hatte so lange auf diesen Bescheid hingefiebert, dass ich mir nicht ausgemalt hatte, was ich tun würde, wenn er negativ wäre.
Ich denke, dass es gut ist, immer mal wieder daran erinnert zu werden, dass nichts sicher ist und dass sich alles ständig ändern kann. Und mit schmerzhaften Absagen kann man das eigentlich ganz gut üben. Es ist dann wichtig, sich die Zeit für Enttäuschung zu nehmen. Sich vielleicht ein klein wenig darin zu suhlen. Aber auch, sich danach wieder aufzurappeln.
Also setzte ich mich hin und machte weiter, ich schrieb ein bisschen energischer an einem neuen Text. Ich spürte die Kraft von Trotz in mir aufsteigen. Wie schnell so was geht, wie anpassungsfähig ein Mensch ist. Mein Kopf suchte nach neuen Antworten auf meine Frage. Ich weiss zwar immer noch nicht wie weiter. Doch während ich schreibe, erinnere ich mich an die Zeilen, die Rilke in einem Brief an einen jungen Dichter schrieb: Lebe jetzt die Fragen. Vielleicht lebst du dann allmählich, ohne es zu merken, eines Tages in die Antwort hinein.
Saskia Winkelmann ist freie Autorin und DJ. Sie hat im April 2023 ihren ersten Roman «Höhenangst» beim Verlag die Brotsuppe veröffentlicht. Zurzeit arbeitet sie an einem neuen Roman.