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Risiko oder «Schnäppchen»?

Die Stadt Bern will vier Liegenschaften im Länggassquartier kaufen. Die Linke unterstützt die Pläne – es gelte, Gebäude der Spekulation zu entziehen. Da es sich aber um Büroräumlichkeiten handelt, befürchtet Mitte-rechts, dass sich die Stadt dabei verspekuliert. Am 3. März entscheidet das Stadtberner Stimmvolk.

| Fabian Christl | Politik
Wildhainweg 21
Die Liegenschaft am Wildhainweg 21. Foto: Adrian Moser/SNF

Vier Liegenschaften im Länggassquartier an bester Lage für rund 30 Millionen Franken: Das tönt für Stadtberner Verhältnisse nach einem «Schnäppchen». Und so sieht es auch der Gemeinderat: Er möchte dem Schweizerischen Nationalfonds (SNF) die Liegenschaften in Bahnhofsnähe für maximal
33,5 Millionen Franken abkaufen. Der SNF benötigt die Liegenschaften bald nicht mehr, weil er 2026 einen Neubau im Wankdorf City beziehen wird. Über den entsprechenden Verpflichtungskredit befinden die Stimmberechtigten der Stadt Bern am 3. März.

Das Geschäft ist umstritten. GLP, FDP und SVP lehnen den Kredit ab. Das Problem aus Sicht von Mitte-rechts: Bei den Liegenschaften handelt es sich um Büroräumlichkeiten. Und solche sind derzeit auf dem Markt kaum gefragt. «Die Stadt ist bereits im Besitz von mehreren Büroliegenschaften, die teilweise seit Jahren leerstehen», sagt SVP-Stadtrat Janosch Weyermann auf Anfrage. 

Geht es nach dem Gemeinderat, sollen die Gebäude nach dem Erwerb umgenutzt werden. Die Rede ist mehrheitlich von Wohnnutzung, ein Gebäude könnte sich auch für Schulraum eignen. Ein detailliertes Nutzungskonzept existiert indes noch nicht. Die SP erhofft sich neben Schulraum «mehr bezahlbaren Wohnraum», wie Fraktionschefin Barbara Keller sagt.

«Wie eine Shopping-Tour»

Eine Machbarkeitsstudie ergab, dass das Gebäude am Wildhainweg 3 relativ problemlos einer Wohnnutzung zugeführt werden könnte. Beim Gebäude am Wildhainweg 20/20a ist eine künftige Wohnnutzung auch wahrscheinlich –
weil es ohnehin abgerissen und neu aufgebaut werden muss. Bei den anderen zwei Gebäuden wäre eine Wohnnutzung aufgrund von Auflagen des Denkmalschutzes (Wildhainweg 21/21a/21b und 19/19a) oder wegen Stockwerkeigentum von Dritten (Wildhainweg 7/7a) erschwert. 

Ein Neubau, ein geschütztes Gebäude sowie geteiltes Eigentum: Das wirkt, als gebe es noch Herausforderungen zu meistern. FDP-Stadträtin Simone Richner jedenfalls ahnt Schlimmes. Der Preis töne zwar vertretbar, sagt sie. Aber ob sich die Pläne mit der Umnutzung auch tatsächlich realisieren liessen, sei völlig unklar, und in jedem Fall mit hohen Mehrkosten verbunden. Das Problem sieht sie in erster Linie im fehlenden Nutzungskonzept. «Machbar ist grundsätzlich alles, es ist einfach eine Frage des Geldes.» Gerade angesichts der klammen Stadtkasse und der negativen Erfahrungen bei städtischen Bauprojekten wie etwa dem Viererfeld gehe die Stadt mit dem Kauf ein unvernünftiges Risiko ein.

Das sieht auch GLP-Co-Fraktionschefin Janina Aeberhard so. Es wirke ein wenig wie eine «Shopping-Tour» der Stadt Bern, sagt sie dazu. «Man geht einfach Liegenschaften einkaufen, ohne Strategie, was man damit anstellen will.» Die vorgelegte Machbarkeitsstudie lasse bezüglich Umnutzungs­potenzial jedenfalls zu viele Fragen offen, um ihre Skepsis zu zerstreuen. 

«Smartes Geschäft»

Auf der linken Seite sieht man das weniger eng. Man könne mit dem Kauf vier Liegenschaften der Spekulation entziehen, sagt Ursina Anderegg, Co-Präsidentin des Grünen Bündnisses (GB). Und das GB stehe für eine aktive Boden- und Immobilienpolitik. Grundsätzlich argumentiert auch GFL-Stadtrat Lukas Gutzwiller: In den 1990er-Jahren habe die Stadt zahlreiche Liegenschaften verkauft, es sei gut, wenn das Pendel nun wieder in die andere Richtung ausschlage. Auch der Preis sei vernünftig. «In diesem Sinn handelt es sich um ein smartes Geschäft», sagt Gutzwiller. 

Zu Diskussionen führte das Geschäft bei der Partei Die Mitte. Der Parteivorstand ist skeptisch, die Fraktion hat sich aber für den Kredit ausgesprochen. «Wenn man die Möglichkeit hat, an solch einmaliger Lage zu einem anständigen Preis Liegenschaften zu kaufen, sollte man das tun», sagt Mitte-Stadträtin Sibyl Eigenmann. So hätte der SNF sicher mehr eingenommen, wenn er die Liegenschaften einzeln an die Meistbietenden veräussert hätte. Für den Erwerb spreche zudem, dass es gerade an Schulraum in der Stadt Bern mangle. «Jetzt hat man die Möglichkeit, pro­aktiv zu wirken.» Einen Erfolg kann Eigenmann bereits verzeichnen: Sie hat die Partei davon überzeugt, die Ja-Parole zu erlassen. 

 

Neuer Werkhof in Bern-Bethlehem

Die Stadt Bern will einen neuen, zentralen Werkhof in Bern-Bethlehem realisieren. Die Baukosten belaufen sich auf einmalig 18,2 Millionen Franken, die Mietkosten auf knapp 2,1 Millionen Franken pro Jahr. Beide Kredite werden am 3. März der Stimmbevölkerung vorgelegt. Derzeit sind die Werkbetriebe des städtischen Tiefbauamts auf mehrere Standorte in der Stadt Bern verteilt. Das erschwere die Zusammenarbeit zwischen den Betrieben und verhindere die gemeinsame Nutzung von Werkstätten. Ausserdem wiesen die heutigen Standorte Mängel auf und erfüllten teilweise die Anforderungen an zeitgemässe Arbeitsplätze nicht mehr. Der neue Werkhof soll auf dem heute unbebauten Areal Neuhuus in Bethlehem entstehen, wo in den kommenden Monaten von der Eigentümerschaft ein grosser, privater Gewerbebau erstellt werden soll. Den sogenannten Mieterausbau kann die Stadt Bern selbst ausführen und so ausgestalten, dass er den Anforderungen an einen Werkhof entspricht. Geplant ist, dass der neue Werkhof in Bern-Bethlehem im ersten Quartal 2026 in Betrieb genommen wird. Die vertraglich vereinbarte Mietdauer beträgt 25 Jahre, mit einer Option auf Verlängerung um weitere zehn Jahre. Im Stadtrat war das Geschäft unbestritten. (arb)

 

60 Millionen Franken für Sanierung des Ka-We-De

Die Sport- und Freizeitanlage Kunsteisbahn und Wellenbad Dählhölzli (Ka-We-De) soll umfassend saniert werden. Der Gemeinderat der Stadt Bern beantragt dafür einen Baukredit in der Höhe von 59,4 Millionen Franken. Die Stimmberechtigten können am 3. März darüber befinden. Die Gesamtsanierung sei nötig, weil die Anlage bauliche und betriebliche Mängel aufweise, argumentiert der Gemeinderat. Die denkmalgeschützte Anlage stammt aus den 1930er-Jahren und wurde zuletzt in den 1980er-Jahren saniert. Geplant ist ein Neubau der kombiniert nutzbaren Eis- und Wasserfläche, das Wellenbad soll umfassend saniert werden. Ausserdem soll die Liegefläche vergrössert werden. Gebäude, Haus- und Betriebstechnik werden so saniert bzw. ersetzt, dass künftig weniger Energie verwendet werden muss. Geheizt werden soll inskünftig ausschliesslich mit Abwärme und Wärmepumpe, auf den Dächern ist zudem die Erstellung von zwei Photovoltaikanlagen geplant. Die Sanierungsarbeiten sollen im Herbst 2024 starten und zwei Jahre dauern. Im Stadtrat sprach sich nur eine Person gegen den Kredit aus. Verschiedentlich wurden aber die sehr hohen Kosten moniert. Auch dass 20 Parkplätze aufgehoben werden müssen, passte nicht allen. (arb)

 

67,5 Millionen für behindertengerechten ÖV

Die Stadt Bern muss die ÖV-Halte­stellen hindernisfrei gestalten. Dies verlangt das Behindertengleichstellungsgesetz. Von den zurzeit 408 Bus- und Tramhaltekanten in der Stadt Bern entsprechen laut Gemeinderat aktuell 319 nicht den Anforderungen. 146 werden im Zuge von absehbaren oder geplanten Sanierungs- oder Neugestaltungsprojekten angepasst. Von den restlichen Haltekanten sollen 94 unter anderem aufgrund ihrer starken Frequentierung und ihrer Lage prioritär umgestaltet werden. Geplant sind insbesondere Erhöhungen der Haltekanten, sodass Menschen mit einer Gehbehinderung ohne fremde Hilfe oder den Einsatz mobiler Rampen ein- und aussteigen können. Gleichzeitig sollen verschiedene Anpassungen zugunsten von Menschen mit Seh- und Hörbehinderungen vorgenommen werden. Dafür legt der Gemeinderat dem Stimmvolk einen Rahmenkredit über 67,5 Millionen Franken vor. Die einzelnen Projekte für die hindernisfreie Umgestaltung sollen vom Gemeinderat bewilligt werden. Dieses Vorgehen sei angesichts des grossen Umfangs der Massnahmen sinnvoll und effizient, so der Gemeinderat. Im Stadtrat war das ­Geschäft unbestritten. (arb)


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