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Viele Hoffnungen und ein bisschen Kritik

Der geplante YB-Campus in Rörswil löst fast rundum Begeisterung aus. Kritische Stimmen aus der Politik zeigen aber auch, welches die Knackpunkte sein werden. Offen ist die Frage, wie viele Platzprobleme im regionalen Fussball tatsächlich gelöst würden: Die Clubs sind vorsichtig optimistisch, und YB nennt Zahlen.

| Anina Bundi | Politik
Auf diesem Acker zwischen Bolligen (vorne) und Ostermundigen soll der Campus zu liegen kommen. Foto: Nik Egger
Auf diesem Acker zwischen Bolligen (vorne) und Ostermundigen soll der Campus zu liegen kommen. Foto: Nik Egger

Ein «Generationenprojekt» mit «regionaler Ausstrahlung» und eine «extrem gute Zusammenarbeit» – wenn René Bergmann, Gemeindepräsident von Bolligen, und sein Ostermundiger Amtskollege Thomas Iten über den «Fussballcampus Rörswil» sprechen, benutzen sie die exakt gleichen Worte. Das Land, auf dem die Berner Young Boys unter anderem ein kleines Stadion und acht neue Fussballplätze bauen möchten, gehört dem Kanton und liegt auf der Grenze zwischen den beiden Gemeinden. Das Projekt wird Bergmann und Iten also noch öfter beschäftigen, und sie werden es auch sein, die es ihrer Bevölkerung schmackhaft machen müssen.

Vorteile sehen die beiden Gemeindepräsidenten nicht nur in der Ausstrahlung, sondern auch für die Dorfvereine, insbesondere für die lokalen Fussballclubs, die auf dem Campus gemäss der YB-Vision auch Platz haben sollen. Dass es den Clubs in der Stadt und auf dem Land fast überall an Trainingsplätzen mangelt und viele deshalb Wartelisten führen für die Nachwuchsteams, ist bekannt. «In Bolligen können keine Meitschi trainieren, das ist doch unhaltbar», so Bergmann. Auch Iten betont den gesellschaftlichen Aspekt von Fussball. «Ich sehe als Gemeindepräsident gut, was Fussball für die Integration der Bevölkerung leistet. Das ist enorm wertvoll.»  

Ein «Befreiungsschlag»

Eine «Befreiung» für den regionalen Fussball könnte der Campus laut Bergmann bedeuten. Auch in die skizzierte Dreifachturnhalle setzen beide Hoffnungen. In Bolligen könnte sie sich in die laufende Schulraumplanung einfügen und beim Schulsport für Entlastung sorgen, in Ostermundigen sorgt besonders die angedachte Bühne für Freude. Ein «Befreiungsschlag» wäre die Halle auch für die Mundiger Musikvereine, so Iten.

Allzu euphorisch äussern sich die Fussballclubs noch nicht. «Wir sind vorsichtig optimistisch», sagt etwa Joël Dumauthioz, Präsident des FC Bolligen. «Wir haben klar ein Infrastrukturproblem und kommen mit unserem einen Naturrasenplatz an die Grenzen.» Entscheidend sei, wer die Plätze bewirtschafte, laut Medienmitteilung soll das YB sein. «Wir müssten während einer bestimmten Zeit, zum Beispiel immer zwischen fünf und zehn Uhr abends, frei über einen zusätzlichen Platz verfügen können, das wäre ein Gamechanger», so Dumauthioz. Ein Verteilschlüssel mit einer beschränkten Anzahl Zeitslots auf halben Plätzen, so wie das auf der Bümplizer Bodenweid sei, wo der FC Bolligen mittrainiert, bringe nicht so viel.

Die Campus-Vision an sich, ganz unabhängig vom konkreten Nutzen für den Club, sieht Dumauthioz uneingeschränkt positiv. «Damit wird der Sport unterstützt. Unerklärlich ist einzig, dass das so spät kommt.» Auch Marco Krebs, Präsident des FC Ostermundigen, freut sich über das Projekt. «Das Ganze ist ein cooler Move. Das gibt eine gute Stimmung, die allen hilft. Wir haben bei den Trainingszeiten sicher nicht Priorität, aber es wird Slots geben. Auf jeden Fall gibt es keinen einzigen Grund, der gegen den Campus spricht.»

Speziell ist die Situation des FC Stettlen 08. Einen eigenen Platz besitzt der noch junge Club nicht, trainiert wird
auf einem kleinen Rasen beim Schulhaus, für den Meisterschaftsbetrieb fahren die Spieler und Spielerinnen nach Walkringen, eine Autofahrt von rund 20 Minuten. Rörswil liegt deutlich näher. Laut Präsident Abilashan Sithampari erhofft sich der Club, sowohl für die Spiele wie auch für die Trainings in Zukunft den Campus nutzen zu können.

180 Trainings und Spiele pro Woche für regionale Clubs

Laut den letzte Woche vorgestellten Plänen sollen die Plätze am Nachmittag vor allem dem Elitesport und den Schulen zur Verfügung stehen und abends dem Breitensport. Ob dem regionalen Platzmangel und der vielen Hoffnungen liegt die Frage nahe, wie lange die acht Felder reichen werden, wie schnell sie sich füllen und ob am Ende mehr bleibt als Krümel für die lokalen Clubs. 

Tatsächlich kann Marcel Brülhart, Vizepräsident der Young Boys, zumindest in dieser Sache schon ziemlich konkret werden. «Rund die Hälfte der Kapazitäten gehen an YB, die andere Hälfte an Clubs aus der Region Bern, wobei jene aus Bolligen und Ostermundigen Vorrechte bekommen werden.» Rund 140 Trainings und 40 Spiele pro Woche sollen für den Breitensport anfallen. «Wir stellen uns vor, alljährlich eine Art Kapazitätenkonferenz abzuhalten mit den Clubs der Agglomeration, wo man schaut, wer was braucht. Es ergibt Sinn, das regional zu organisieren.» Um die Kapazität für den Breitensport wetterunabhängig hochzuhalten, seien Kunstrasenfelder, für den Leistungssport auch Naturrasen geplant, so Brülhart.

Das Frauen- und Juniorenstadion und die Fussballfelder will YB selber bauen und finanzieren. Noch einiges unsicherer ist, woher die Dreifachturnhalle kommen wird. «Idealerweise baut nur eine Partei», so Brülhart. Finanzieren werde YB die Turnhalle aber nicht, sie wäre ein Projekt der Gemeinden oder des Kantons, der für die Beobachtungsstation BEO, die ebenfalls auf das Areal zügeln soll, auch eine Turnhalle braucht.

Bevor der Campus realisiert werden kann, muss er noch unzählige Hürden nehmen – vorab politische. Ostermundigen muss seinen Landanteil einzonen. Die Gemeinderäte von Bolligen und Ostermundigen werden ihre Legislativen, in Ostermundigen das Parlament, in Bolligen die Gemeindeversammlung, von einer Überbauungsordnung überzeugen müssen. Nicht alle teilen die Euphorie der Gemeindepräsidenten. Fragezeichen gibt es etwa bei den Grünen.

Die Sorge ums Grün

«Wir haben es in der Partei noch nicht besprochen. Ich persönlich bin grundsätzlich skeptisch», sagt Adrian Tanner, Präsident der Grünen Ostermundigen. «Es wird Ackerland beansprucht, einmal mehr ist das einfach Manövriermasse. Ausserdem wird der Verkehr ein Thema sein.» Das Land liegt in Gehdistanz zum RBS in Bolligen, ob dieser dann auch genutzt werde, wisse man nicht. «Wir machen die Tür sicher nicht ganz zu, werden aber genau hinschauen.» Adrian Ihly, Co-Präsident der Grünen Bantiger, sieht das Hauptproblem ebenfalls im Grünland, das verloren geht, auch als Korridor für Tiere. Auch auf den Themen Verkehr und Parkplätze werde man ein Auge haben. «Wir haben noch keine abschliessende Meinung. Sicher ist, dass wir bei der Umsetzung das Beste herausholen müssen.» Grundsätzlich positiv sieht den Campus Michael Christen, Präsident der SVP Bolligen. «Es ist eine Superchance», ist er überzeugt. Zwar bedaure er auch er den Kulturlandverlust. «Es ist ein Abwägen. Der Fussball braucht halt eine gewisse Fläche. Ich finde, wenn damit die Jugend und der Breitensport profitieren, ist es die richtige Entscheidung.» 

Dass der Kulturlandverlust und die Verkehrssorgen die Knackpunkte sein könnten, wenn es darum geht, die Bevölkerung zu überzeugen, ist auch René Bergmann und Thomas Iten bewusst. «Wir werden die Planung gut begleiten», verspricht Bergmann. Nebst dem Verkehr werde man auch die Lärm- und Lichtemissionen genau beobachten. Auch Iten verspricht Sorgfalt. «Wir müssen das Ganze Schritt für Schritt und mit viel Demut anpacken.»


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