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Am wenigsten zufrieden ist die Jugend

Die Bolliger und Bolligerinnen sind grundsätzlich zufrieden mit ihrer Gemeinde, doch zwischen den Generationen gibt es Unterschiede. Gemeindepräsident René Bergmann versteht dies als Auftrag.

| Anina Bundi | Politik
Bolligen aus der Luft. Foto: Nik Egger
Bolligen aus der Luft. Foto: Nik Egger

Am zufriedensten sind die Einwohnerinnen und Einwohner von Bolligen mit dem Werkhof. Das heisst, die Mitarbeitenden, die den Abfall entsorgen, im Winter die Strassen von Schnee befreien und die öffentlichen Parks und Sportanlagen pflegen, machen ihre Arbeit in den Augen der überwiegenden Mehrheit sehr gut. Laut Gemeindepräsident René Bergmann (Die Mitte) hat dies Tradition. Er selber höre zwar eher, wenn irgendwo etwas nicht gut sei. «Aber offenbar wird geschätzt, dass die Rasen gemäht und die Abfallkübel geleert werden. Das freut mich.» Dieselbe sehr gute Bewertung erhält die Feuerwehr.

Den meisten gefällts in Bolligen

Auch das kulturelle Angebot wird gut bewertet, wenn die Dichte an Restaurants oder Bars auch etwas grösser sein dürfte. Überhaupt sind die Bolligerinnen und Bolliger, die sich in der aktuellen Bevölkerungsbefragung geäussert haben, grundsätzlich zufrieden mit ihrer Gemeinde, nur 18 Prozent ziehen einen Umzug in Betracht oder sind konkret auf Wohnungssuche ennet den Gemeindegrenzen.

Allerdings zeigen sich Unterschiede zwischen den Generationen. Mit durchschnittlich 81 von 100 Punkten sind die Ü65 deutlich zufriedener als die Generation zwischen 16 und 34 Jahren. Bei dieser ergibt sich über alle Themen hinweg eine durchschnittliche Zufriedenheit von 74 Punkten. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Fragen zur Familienfreundlichkeit. Ausschlaggebend für diesen Unterschied sind, das zeigt die Detailanalyse, die Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung. Konkret fehlt es an Spielplätzen und noch mehr an Treffpunkten für Jugendliche.

Für René Bergmann ein Weckruf. «Es gibt in Bolligen nicht viele Orte, an denen sich Jugendliche aufhalten können, ohne dass sie weggeschickt werden. Mein Eindruck ist auch, dass man relativ schnell die Polizei ruft, wenn zum Beispiel Musik gehört wird. Da gibt es Nachholbedarf.» Bis jetzt habe der ­Gemeinderat festgestellt, dass sich die ­Jugendlichen gerne mitten in den Wohngebieten treffen. «Aber dort gibt es wenig Orte, an denen sie sich unkompliziert aufhalten und Zeit verbringen können.» 

Die Post fehlt immer noch und die Warteschlangen sind zu lang

Andere Punkte nehme er zur Kenntnis, sehe aber nicht gross Potenzial für Veränderungen. Zum Beispiel mit dem Angebot an Dienstleistungen und Einkaufsmöglichkeiten sind die Bolligerinnen und Bolliger nicht zufrieden. Auch zeigt sich hier der grösste Unterschied zur letzten Befragung vor vier Jahren. Ein Zufall ist das nicht: 2020 wurde die Poststelle geschlossen, seither gibt es eine Postagentur im Coop. Eine Entscheidung, auf die die Gemeinde keinen Einfluss hatte. Kurz nach der Eröffnung der Agentur war die Unzufriedenheit wegen langer Wartezeiten und schlechter Ausstattung mit Bargeld riesig. «Man muss manchmal immer noch lange warten», sagt Bergmann dazu. «Aber letztendlich ist es doch besser, als wenn wir nach Bern oder nach Ittigen auf die Post müssten.»

Eine eher schlechte Bewertung bekommt auch die Bibliothek. Eine solche gibt es zurzeit in zwei Schulhäusern, nicht aber eine öffentliche für alle Einwohner und Einwohnerinnen. Schlecht bewertet wurde die Bibliothek allerdings von den jüngeren Jahrgängen, die eher noch Zugang haben. 

Auch was die wirtschaftliche Attraktivität angeht, das einzige Thema, das in den Resultaten mit einem roten Punkt als «ungenügend» markiert wurde, sieht er nicht viel Potenzial zur Verbesserung. Negativ bewertet wurde etwa das Angebot an attraktiven Arbeitsplätzen. «Einerseits ist in der Gewerbezone Rörswil nicht mehr viel Platz. Andererseits ist es in Bolligen interessanter, in Wohnungen zu investieren.» Das zeige sich auch auf dem neu überbauten Flugbrunnenareal. Während die Wohnungen alle vermietet oder verkauft seien, warte das Gewerbelokal immer noch auf Mieterschaft.  

Kritik an der Politik früherer Generationen

Unzufrieden ist man in Bolligen auch mit der Höhe der Steuern, was daran liegen könnte, dass relativ viele Gutverdienende hier wohnen. «Eine Steuer­erhöhung ist in Bolligen fast unmöglich», sagt Bergmann dazu. Als Finanzminister der Gemeinde habe er eine andere Sichtweise. Es stünden grosse Investitionen an, etwa in Schulhäuser und Turnhallen. «Die Generation vor uns hat vielleicht etwas zu sehr darauf geachtet, die Steuern tief zu halten, anstatt in die Infrastruktur zu investieren.» Das zeige sich nun in einem grossen Investitionsbedarf. «Ich selber bin froh, wenn wir das alles schaffen, ohne die Steuern zu erhöhen.» Übersetzt: Die Bolligerinnen und Bolliger dürfen sich zwar über die Steuern ärgern. Sinken werden sie deshalb nicht.

Teilweise sind die Resultate der ­Befragung auch widersprüchlich. So wollte die Gemeinde wissen, wie die Bevölkerung zum Hallenbad steht. Dieses muss in einigen Jahren umfassend saniert werden, Eine überwiegende Mehrheit will, dass das Hallenbad saniert und erhalten wird, rund ein Viertel schliesst auch einen Neubau nicht aus. Dieser Wunsch nach einem Hallenbad steht im scharfen Widerspruch zu jenem, weniger Steuern zu zahlen. «Offenbar ist das etwas, das man sich leisten will», so Bergmanns Fazit. «Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass das Resultat anders aussehen würde, wenn man nicht nur nach dem Hallenbadwunsch gefragt, sondern dazu geschrieben hätte, dass ­dafür ein Steuerzehntel fällig wird.» 

Das Interesse ist da

Was die Bevölkerungsbefragung auch zeigte: Die Bolligerinnen und Bolliger interessieren sich dafür, was in ihrem Dorf passiert. So wie sie regelmässig zu den Gemeinden mit der höchsten Stimmbeteiligung gehören, so fleissig haben sie auch hier ihre Meinung kundgetan. Von den gut 1800 verschickten Fragebogen kamen 629 zurück, laut der durchführenden Firma Transfer Plus ein sehr guter Rücklauf.


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