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Zweite Plätze als gutes Omen

2022 die grossen Festsiege, 2023 konstant auf den vordersten Plätzen. In der kommenden Saison will der Zweimeterhüne vom Schwingklub Worblental Exploits und Konstanz kombinieren. Der nächste Formtest ist der Hallenschwinget seines Heimklubs in Bolligen am Samstag.

| Anina Bundi | Sport
Adrian Walther trainiert zurzeit im Sport-WK in Magglingen. Foto: Nik Egger
Adrian Walther trainiert zurzeit im Sport-WK in Magglingen. Foto: Nik Egger

Der Schwinger Adrian Walther ist mit zwei Metern Körpergrösse und Schuhgrösse 47 eine imposante Erscheinung. Und wächst mit 22 Jahren immer noch weiter – zumindest in die Breite. Sein Ziel ist es, jeden Winter ein paar Kilo zuzulegen. Das gelang ihm auch dieses Jahr wieder. 126 Kilo bringt er aktuell auf die Waage. Im letzten Frühling waren es noch 118. Nicht geändert hat sich Walthers ruhige und freundliche Art. Stress, könnte man meinen, hat man mit dieser Postur nicht nötig

Die Masse gibt Schwung und Wucht und hilft bei der Verteidigung am Boden. Einen schweren Schwinger vom Bauch auf dem Rücken zu kehren ist fast unmöglich. Wer die Kilos aber alle auf dem Bauch hat, kommt konditionell schnell an seine Grenzen; je länger ein Gang läuft, desto mehr wird die Masse zum Nachteil. «Man muss das Gewicht auch bewegen können», sagt Walther dazu. 

Zurzeit bewegt der Spitzenschwinger aus dem Worblental seine Kilos in Magglingen. Nach der Sportler-RS im vergangenen Winter absolviert er im Nationalen Sportzentrum seinen ersten WK, gemeinsam mit weiteren Schwingern der ersten Garde. Die Schwingerkönige Joel Wicki und Kilian Wenger sind da, und der Berner Seriensieger Fabian Staudenmann. Trainiert werden sie vom Berner Oberländer Matthias Glarner, auch er ein Schwingerkönig.

Vom Unspunnen nach Mexiko

Nach dem Unspunnen-Schwinget Ende letzten August, unbestrittener Saisonhöhepunkt, an dem Walther gegen Festsieger Samuel Giger den Schlussgang bestritt, kam aber erstmal eine Phase der Erholung. Zwar blieb Walther bisher von Verletzungen verschont, «kleine Bräschteli» aber habe man nach der Saison immer, sagt er. So fuhr er als erstes mit seiner Freundin in die Ferien nach Cancún, Mexiko, fing aber im Oktober schon wieder mit dem Aufbau an. Zuerst Beweglichkeit, um Verletzungen zu vermeiden, dann Kraft und natürlich Technik.

Er habe sich viel vorgenommen, sagt Walther. Nebst dem Gewicht und der Kraft will er die Bodenarbeit verbessern. Dann ist da noch der einzige Schwachpunkt dieses Modellathleten. Er sei, sagen die Kritiker, in seinen Schwüngen nicht sehr vielseitig. So ganz recht geben will Walther dieser Kritik nicht: «Mein Paradeschwung wird auch im 2024 der Kurz sein. Aber, man hat nie ausgelernt und selbstverständlich kommen immer wieder neue Schwünge dazu.»

Die vergangene Saison war für Adrian Walther speziell. Im Jahr davor war er eine der grossen Überraschungen im Schwingsport. Als erst 21-Jähriger gewann er mit dem Berner Kantonalen in Thun und dem Bergschwinget auf dem Brünig, innert zwei Wochen zwei renommierte Kranzfeste und wurde vor dem Eidgenössischen Schwingfest in Pratteln gar als Königs­kandidat gehandelt. Für seine Leistung wurde er vom Eidgenössischen Schwingerverband zum Aufsteiger des Jahres gekürt.

2023 fehlten die ganz grossen Triumphe. Mit dem Bern-jurassischen Schwingfest Ende April gewann er zwar das erste Berner Kranzfest des Jahres. Danach schwang er überall zuvorderst mit, gewann sieben Kränze, war bei jedem Kranzfest unter den ersten drei und verlor nur ganz wenige Gänge. In der Jahreswertung der Schwingerzeitung «Schlussgang» wurde er Fünfter. Ausserdem ist Walther bei den Fans beliebt. Er schwingt angriffig und geht auch mal ein Risiko ein. Für das Publikum ist das aufregender, als wenn einer die Niederlage um jeden Preis vermeiden will. 

Die Berner Kranzfestsiege aber gingen nach dem Jurassischen alle an Fabian Staudenmann. Wird Walther da neidisch? Eine ungute Stimmung oder Neid gebe es nicht zwischen ihm und seinem Verbands- und Trainingskollegen. «Ich bin froh, dass ich im gleichen Verband bin wie Fabian», sagt er «Mit einem wie ihm trainieren zu können, ist nur ein Vorteil. Er ist ein super Gradmesser. Wenn etwas gegen ihn funktioniert, ist man auf dem guten Weg.» Im Jahr davor war es Staudenmann gewesen, der regelmässig als Zweitplatzierter den Festsieg knapp verpasste, bevor er 2023 voll durchstartete. «Ein schlechtes Omen ist es also nicht», sagt Walther zu seiner Position in der letzten Saison.

Im Rückblick sieht Walther sowieso vor allem das Positive. 2022 habe es die grossen Highlights gegeben, 2023 habe er dafür die Konstanz gezeigt, die ihm davor manchmal gefehlt habe. «Das Ziel wäre jetzt, die beiden Sachen zusammenzusetzen.»

Mit seinem jungen Alter hat Walther gute Chancen, noch viele Jahre vorne mitschwingen zu können. An Highlights und Gelegenheiten dazu wird es dieses Jahr nicht fehlen. Besonders freue er sich auf die Bergfeste. Die Berner schwingen heuer auf dem Brünig, am Schwarzsee, auf der Schwägalp und auf der Rigi. Auf der Rigi hoffe er darauf, seine Bergkranzsammlung zu vervollständigen. Ausserdem sind die Berner am Innerschweizer Teilverbandsfest zu Gast, also im Heimland des amtierenden Schwingerkönigs Joel Wicki. Zum Schluss, am 8. September, findet mit dem Eidgenössischen Jubiläums-Schwingfest in Appenzell gar ein Höhepunkt statt, der einmalig bleiben wird.

Lernen im Beruf und zu Hause

Zurzeit arbeitet Walther zu 60 Prozent als Hochbauzeichner bei Burkhalter Architekten in Ittigen, wo er auch die Lehre gemacht hat. Während der Saison sind es dank Sponsoren gar nur noch 40 Prozent.  Aufs neue Schuljahr wird er in Burgdorf wieder die Schulbank drücken, um Architekt zu werden. 

Mit seinem Teilzeitpensum und sieben bis neun mehrstündigen Athletik- und Schwingtrainings pro Woche, gehört Walther zu den Schwingern, die nicht mehr wirklich in die Amateur-Schublade passen. Dass im Schwingen Amateure an der Arbeit sind, ist zwar ein Fähnchen, auf das der Schwingsport traditionell stolz ist. Doch auch im Verband weiss man, dass lupenreine Amateure unter den Spitzenschwingern immer weniger zu finden sind. 

Arbeit. Sport. Da fehlt doch was. Seit knapp einem Jahr wohnt Walther mit seiner Freundin in der ersten eigenen Wohnung. «Wir mussten uns etwas einleben, haben das aber mittlerweile gut geschafft», erzählt er. Den Haushalt stemmen die beiden zusammen, wenn auch sie etwas öfter zu Hause sei und daher mehr übernehme. Der grösste Lehrblätz in Haushaltdingen? «Ans Einkaufen und Kochen denken und überhaupt überlegen, was zu tun ist.»

Adrian Walther

 

Adrian Walther (22) schwingt beim Schwingklub Worblental, unter der Leitung des Rekordkranzsschwingers Willy Graber, sowie in mehreren Trainingsgruppen und Zusammenzügen. Er hat bisher 29 Kränze und drei Kranzfeste gewonnen.

Der Worblentaler Hallenschwinget ist am Samstag, 23. März, in der Reithalle Rörswil in Bolligen. Anschwingen ist um 10 Uhr. 

 


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