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«Verschwindet der Equal Pay Day, gibt es Schampus»

Immer noch verdienen Frauen in der Schweiz weniger als Männer. Doch die Verhältnisse bewegen sich.

| Anina Bundi | Wirtschaft
Claudine Esseiva.
Claudine Esseiva. Foto: zvg

Am Samstag war «Equal Pay Day». Bis zu diesem Tag haben die Schweizerinnen in der Privatwirtschaft laut Statistik des Bundes gratis gearbeitet, weil sie tiefere Löhne haben als die Männer. Die Berner FDP-Grossrätin Claudine Esseiva ist Co-Präsidentin des Netzwerks Business & Professional Women (BPW), das den Tag in der Schweiz lanciert hat.

 

Bei den Lohnunterschieden zwischen den Geschlechtern spricht man von «erklärbaren» und «nicht erklärbaren» Unterschieden. Was heisst das?

Die erklärbaren Unterschiede gehen auf Faktoren wie Ausbildung, Position oder Branche zurück. Nicht erklärbar ist, wenn ein Mann und eine Frau mit der gleichen Qualifikation den gleichen Job machen und der Mann trotzdem mehr verdient. Das kann sein, weil man der Frau weniger zutraut oder weil sie schlechter verhandelt hat.

Für die Berechnung des Datums für den Equal Pay Day berufen Sie sich auf die Zahlen des Bundes, der den unerklärbaren Lohnunterschied in der Privatwirtschaft auf 13,8 Prozent beziffert. Eine Studie der Uni Basel spricht von 6 Prozent. Was stimmt?

Wir halten uns an die Zahlen der Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik, weil das die umfassendste Datensammlung ist. Die Studie kritisiert, dass der Bund die Berufserfahrung nicht zu den erklärbaren Faktoren rechnet. Aber da kann ich dagegenhalten. Darüber, ob die Mutterpause von der Berufserfahrung wirklich abgezogen werden soll, kann man diskutieren. Das sind auch Erfahrungen, die im Beruf helfen. Zum Beispiel lernt man als Mutter, mit Stress umzugehen. 

Seit 2020 sind Unternehmen ab 100 Mitarbeitenden gesetzlich verpflichtet, eine Lohnanalyse durchzuführen. Erste Ergebnisse zeigen, dass der Unterschied meistens unter 5 Prozent ist, was die Zielvorgabe des Bundes ist.

Das stimmt. Aber die Unternehmen, die die Analyse sofort durchgeführt haben, sind natürlich die Musterschüler, bei denen schon vorher ein Bewusstsein da war für die Thematik. Ich rechne damit, dass kommende Ergebnisse weniger gut sind.

Wenn das Ziel nicht eingehalten wird, gibt es keine Sanktionen. Das macht die Übung etwas zahnlos.

Als FDP-Politikerin hoffe ich auf die Freiwilligkeit und dass Sanktionen nicht nötig werden. Oder nur für eine kurze Zeit. Ich bin hin- und hergerissen. Zurzeit behandelt das Parlament einen Vorstoss vom Nationalrat der Mitte Lorenz Hess, der Sanktionen verlangt. Wir als BPW unterstützen diesen.

Ein Teil des Lohnunterschieds geht auf die Berufs- und Stellenwahl zurück. Frauen achten dabei weniger auf den Lohn und meiden Stellen mit viel Wettbewerb. Da könnte man doch einfach sagen: «Selber schuld»?

Als grösster Verband erwerbstätiger Frauen ist uns die Berufswahl sehr wichtig. Denn dabei spielen auch alte Rollenbilder rein. Unser Ziel ist, die Frauen zu sensibilisieren, was ihre Lebensentscheidungen für einen Einfluss haben auf die zukünftige finanzielle Situation, auch im Alter. Das Tool von alliance F «cashorcrash.ch» zeigt dies auf eine spielerische Art und Weise. Damit gerade junge Familien wenigstens sehenden Auges in die Situation geraten. Ein wenig besorgt bin ich, wenn Frauen etwa ganz aufhören mit der Lohnarbeit und sich in die Abhängigkeit eines Ehemannes begeben. Das ist eine Hochrisikostrategie.

Der Equal Pay Day verschiebt sich immer weiter zurück vom 11. März im Jahr 2009 bis zum 17. Februar dieses Jahr. Wird er je ganz verschwinden?

Immer mehr Firmen merken, dass sie darauf schauen müssen, weil sie in Zeiten des Fachkräftemangels die Frauen brauchen. Und ja, wir hoffen, dass er einmal verschwindet. Und dann machen wir eine Flasche Schampus auf.

In Ihrem Berufsleben müssen Sie sich nicht mit Lohnunterschieden beschäftigen, in Ihrer Kommunikationsfirma arbeiten nur Frauen. Warum?

Ich arbeite wahnsinnig gern mit Frauen. Es macht einfach Spass. Aber vielleicht stellen wir auch irgendwann einmal noch einen Quotenmann ein. (lacht)


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