Skip to main content

-

current

Anzeige


«Bern wird von linken Spiesser:innen regiert»

Das Berner Rap-Urgestein Baldy Minder hat schöne Hände, betrachtet den Mond lieber aus der Ferne und schämt sich dafür, dass er gerne Auto fährt. Nur was das Ganze soll, konnte er uns auch nicht beantworten.

| Fabian Christl | Gesellschaft
Baldy Minder
Baldy Minder spricht auch mit Insekten. Foto: Klara Mitkova

Wenn Sie ab jetzt als Tier leben müssten, welches würden Sie wählen?

Ich wäre gerne ein Zugvogel, der dem warmen Wetter hinterher reist. Der hat immer eine gute Perspektive und kann frei wählen, welche Route ihm am besten gefällt, ohne an irgendwelchen Grenzen halten zu müssen.

Auf welche Berufsleute sind Sie neidisch?

Ich bin generell kein neidischer Mensch. Es ist vielmehr die Bewunderung für die Fertigkeiten gewisser Berufsleute. So faszinieren mich zum Beispiel die Zimmerleute und Schreiner:innen, welche aus Holz Häuser, oder Möbel herstellen können. Ich bewunder allgemein Menschen mit handwerklichen Fähigkeiten. Ich selbst zähle mich da weniger dazu.

Über was für Eigenschaften muss ein Mensch verfügen, damit Sie mit ihm eng befreundet sein wollen?

Ich bin gerne mit unkomplizierten Menschen zusammen, die einen Sinn für Humor haben, die sich selbst nicht zu ernst nehmen und gerne Mitmenschen an ihrem Glück teilhaben lassen. Toleranz, sprich Menschen so zu nehmen, wie sie sind, ist auch ein wichtiger Faktor.

Haben Sie gerade sich selbst beschrieben?

Ich gebe mir schon Mühe, so zu sein, wie ich gerne möchte, dass sich andere Menschen mir gegenüber verhalten. Das sollten in meinen Augen alle Leute so machen! Von dem her hoffe ich zumindest, dass gewisse dieser Eigenschaften auch auf mich zutreffen.

Was finden Sie an sich selbst schön?

Es gibt zum Glück wenig, dass ich an mir hässlich finde. Besonders gefallen tun mir meine Hände. Wohl weil ich keine handwerklichen Fähigkeiten habe und diese höchstens zum Tippen auf der Tastatur einsetze.

Auf was sind Sie besonders stolz?

Ich bin stolz auf den Werdegang meiner drei bereits erwachsenen Kinder. Es ist wunderschön, zu sehen, wie sie sich weiterentwickeln und was für intelligente, weltoffene und tolerante Menschen sie geworden sind.

In welchem Punkt möchten Sie sich selbst gerne optimieren?

Ich möchte gerne ein bisschen mehr zur Ruhe kommen. Runterfahren. Lesen. Abschalten. Einfach mal nichts tun.

Warum tun Sie es nicht?

Um das zu beantworten, müsste ich mich wohl abklären lassen. Meine Selbst-Diagnose sagt, dass ich einfach ein starkes ADS habe. Trotz allem sehe ich das eher als Vor- denn als Nachteil. Ich bin lieber motiviert und schaffe, als dass ich lazy rumhänge und nichts tue. Von dem her, ist wohl alles gut so wie es ist.

In welchen Situationen ist Ihnen so richtig wohl?

Mir ist meistens wohl. So richtig wohl ist es mir beim Autofahren (shame on me), am YB Match und vor allem in der Gegenwart meiner liebsten Menschen.

Wie sieht Ihr perfektes Wochenende aus?

Ich liebe es mit den Jungs auf Tour zu sein und Konzerte zu geben. Zusammen im Busli durch die Deutschschweiz fahren, dabei dummes Zeugs schwatzen und den Konzertbesuchenden einen unvergesslichen Abend bescheren.  Irgendwann gegen 02:00H zurück in Bern sein. Meine Liebste treffen und mit ihr um die Häuser zu ziehen, oder im kleinen Rahmen zu tanzen. Am nächsten Tag ausschlafen. Ausgiebig brunchen. Später am Sonntagnachmittag an ein Heimspiel der Young Boys pilgern und dort mit Freunden und meinen Sohn in der Sonne den Match schauen. Dann in der Länggasse mit meiner Liebsten und ihrer Tochter den Beamer montieren und zum Nachtessen einen witzigen Kinderfilm à la «Zoomania» gucken.

Welches Alter passt am besten zu Ihrer Persönlichkeit?

Ich bin momentan 46 Jahre alt und habe oftmals das Gefühl, dass ich mich nicht meinem Alter entsprechend verhalte. Irgendwie bin ich noch nicht voll in meinem Alter angekommen. Nur mein Körper erinnert mich immer wieder an mein wirkliches Alter, wenn ich mich körperlich zu fest verausgabe. Von dem her verhalte ich mich wohl eher wie ein 35-Jähriger, als meinem Alter entsprechend. Aber was heisst schon, sich seinem Alter entsprechend verhalten? Trotz allem fühle ich mich wohl in meinem Alter und möchte eigentlich auch nicht älter sein.

Welchen Ratschlag würden Sie Ihrem jüngeren Ich geben, wenn Sie in die Vergangenheit reisen könnten?

Ich würde meinem jüngeren Ich raten, früher mit dem Trinken aufzuhören! Zwischen 25 und 42 Jahren, als ich mit Wurzel 5, PVP, Greis und Baze auf Tour war, hab ich praktisch jedes Wochenende Alkohol getrunken. Und das in rauhen Mengen, weil halt im Backstage gratis verfügbar. Das war für mich jeweils sehr lustig, für meine Mitmenschen oftmals weniger angenehm. Seit 2019 führe ich nun ein Leben ohne Alkohol und werde das so durch ziehen… 

Reden Sie mit Tieren? Auch wenn ein anderer Mensch zuhört?

Ich liebe Tiere über alles und spreche mit allen Tieren. Es kommt sogar vor, dass ich mit Insekten spreche. Dabei ist mir eigentlich egal, ob jemensch zuhört, oder nicht.

Was tun Sie als letztes, bevor Sie ins Bett gehen?

Den Wecker stellen. Oftmals auch, wenn ich am nächsten Tag ausschlafen kann. 

Welches ist ihr Lieblingsrestaurant?

Mittags bevorzuge ich das Luna Llena im Breitenrain, wo Marco Ascone jeweils drei köstliche Menüs kreiert. Nur leider realisiert das seit Corona niemand mehr und es hat viel zu wenig Kund:innen. Es wäre schrecklich für mich, wenn Marco dort aufhören würde! Also Leute unterstützt das Luna Llena mit eurem Besuch, ihr werdet nicht enttäuscht sein.

Dieser kleine Werbespot musste jetzt einfach sein!

Was mögen Sie an Bern?

Bern ist eine wunderschöne, kleine Stadt. Mir gefällt die Altstadt mit der Aareschlaufe und damit verbunden die Möglichkeit im Sommer überall innert 15 Minuten ins kühle, saubere Nass zu springen oder im Wald zu spazieren. 

Was nicht?

Mir passt nicht, dass Bern immer mehr zu einem Freiluft-Museum wird. Die Stadt wird von linken Spiesser:innen regiert, die es gerne ruhig und behäbig haben. So wird Bern immer wie provinzieller und damit verbunden auch langweiliger.

Oftmals frage ich mich auch, warum unsere schöne Stadt architektonisch betrachtet, nicht mit Stil an die Neuzeit herangeführt werden kann? Skandalös, was aus dem Tramdepot am Burgenziel und dem Breitenrainplatz gemacht worden ist. Immer dieselben langweilen Fassaden mit denselben öden Farben. Stadtplanung sieht in meinen Augen anders aus.

Welches ist Ihr Lieblingsort auf der Welt?

Ich habe das Glück, oft unterwegs sein zu dürfen. Somit fehlt mir die Sehnsucht nach einem Lieblingsort. Ich bin meistens zufrieden an dem Ort, wo ich mich gerade befinde. Ich liebe mein Zuhause, unser Ferienhaus in Südfrankreich ebenso wie mein Büro im Wyler, oder meinen Sitzplatz im Wankdorf Stadion.

An welchen Ort und in welche Zeit würden Sie mit einer Zeitmaschine reisen, wenn Sie könnten?

Nach Woodstock ans Wochenende vom 15. Bis 18. August 1969. Ich habe hier in der Schweiz schon so viele Openairs besucht, die top organisiert und sauber sind. Oftmals schon fast zu durchgekämmt und brav. Mich würde es wunder nehmen, wie das damals dort zu und her gegangen ist. Allgemein fasziniert mich die Zeit der Hippies, als unsere Eltern zwischen 20 und 30 Jahren alt waren,  Drogen konsumiert haben und von einer besseren Welt träumten.

Wenn Sie die Gelegenheit hätten, auf den Mond zu fliegen – würden Sie es tun?

Nö. Kein Interesse. Mir gefällt es, von hier unten rauf zu schauen.

Sehen Sie im technischen Fortschritt eher Grund zur Sorge oder zur Hoffnung? Begründen Sie!

Ehrlich gesagt sehe ich im Fortschritt mehr Grund zur Sorge, weil dieser aus meiner Sicht oftmals keine wesentlichen Verbesserungen für uns Menschen bringt, sondern nur darum geht, dass Unternehmen mehr Gewinn erwirtschaften. In Bezug auf KI mache ich mir grosse Sorgen um die Menschheit. Sei es auf der Ebene der Verblödung, weil die Menschen ihr Gehirn immer weniger brauchen und alles dem Handy, oder Computer überlassen, als auch auf der militärischen Ebene, wo ich Angst habe, dass plötzlich Roboter ausser Kontrolle geraten. Ich fände es sinnvoll, technischen Fortschritt global klar zu reglementieren und nur dort zu fördern, wo er klare Vorteile für Mensch und Natur bringt

Welche berühmte (lebende oder tote) Person würden Sie gern persönlich treffen?

Ich mache keinen grossen Unterschied, ob eine Person berühmt ist oder nicht. Von dem her weiss ich gar nicht unbedingt, wen ich gerne treffen würde? Ich fände sicherlich einen Austausch mit der deutschen Ausnahme-Politikerin Sarah Wagenknecht spannend, oder würde gerne Michelangelo bei seiner Arbeit über die Schultern schauen.   

Sind Sie ein guter Partner? Wieso?

Ich gebe mir Mühe ein guter Partner zu sein. Genauso wie ich mir Mühe gebe ein grosszügiger, ehrlicher und toleranter Mitmensch zu sein. Wieso? Weil sich das so gehört!

Wann haben Sie zum letzten Mal geweint?

Ich bin allgemein sehr nah am Wasser gebaut. Einmal musste ich sogar wegen einer Werbung im TV weinen und wurde früher dementsprechend oft von meinen Kindern ausgelacht, wenn wir zusammen einen Film mit Happy End geschaut haben. Das letzte Mal geweint habe ich aber, als ich Klara, meine Liebste, vor zwei Wochen auf dem Ponte Vecchio in Florenz nach ihrer Hand angehalten habe.

Wovor haben Sie am meisten Angst?

In erster Linie fürchte ich um die Gesundheit meiner Liebsten. Vor nichts habe ich mehr Angst, als ein Mensch aus meinem engen Umfeld wegen einer Krankheit oder einem Unfall zu verlieren. Gesellschaftlich betrachtet, fürchte ich mich vor der Verblödung der Menschheit. Von einer Zukunft, wie sie im Film «Idiocracy» gezeigt wird. Wir sind auf jedem Fall auf dem besten Weg dazu.

Wofür würden Sie viel Geld ausgeben, wenn Sie es hätten?

Ich bin zufrieden mit dem, was ich habe und finde eher, wir sollten alle mehr teilen, als individuell noch mehr materielle Dinge anzuhäufen. Ergo würde ich, wenn ich zu viel davon hätte, vor allem Geld an Bedürftige verteilen.

Was würden Sie aus Ihrem Haus/Ihrer Wohnung retten, wenn es brennen würde und Sie nur einmal laufen könnten?

Die Fotoalben von früher und die Hardiscs mit den Bildern aus der neueren Zeit.

20 Jahre Mütter beleidigen sind genug

Am Samstag findet im Berner Bierhübeli das 20. Ultimate MC Battle statt. Bei einem Rap-Battle geht es darum, den Gegner möglichst originell zu beleidigen. Die Ausgabe zum 20-Jahre-Jubiläum ist die letzte, die von Baldy Minders Chlyklass Entertainment organisiert wird – und die erste, bei der gleich zwei Frauen auf der Bühne stehen. Die Veranstaltungsreihe wird von jüngeren Organisatoren weitergeführt.

Ultimate MC Battle, Bierhübeli, 9. Dezember, 22.00 Uhr


Ihre Meinung interessiert uns!


Verwandte Artikel


«Wie findet Matthias eine Freundin?»

Wer die Liebe sucht, muss wissen, was er zu bieten hat, sagt Paar- und Sexualtherapeut Bruno Wermuth. Doch wo sucht man am besten? Machen Datingportale Sinn? Und soll man gleich am Anfang einer Romanze über Kinder und Familie reden?

Die Hartnäckigkeit der Zschokkes

Als Regierungskommissär wurde Heinrich Zschokke zur Zeit Napoleons an die helvetischen Brandherde geschickt und trat zeit seines Lebens für die Werte der Aufklärung ein. Ein Kinofilm der in Bern geborenen Brüder Matthias und Adrian Zschokke widmet sich dem Leben des unermüdlichen Politikers und S...