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Zum Wohl von Huhn, Mensch und Umwelt

Was tun gegen eine der weltweit schädlichsten Geflügelkrankheiten, deren Erreger auch auf den Menschen überspringen könnten? Einen Impfstoff für Hühner entwickeln, anstatt Antibiotika zu verabreichen. An dieser Lösung arbeitet Sabrina Stöckli.

| Universität Bern | Gesellschaft
Sabrina Stöckli ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Infektionskrankheiten der Universität Bern. Foto: unibe
Sabrina Stöckli ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Infektionskrankheiten der Universität Bern. Foto: unibe

Was wollen Sie herausfinden?

In meiner Forschungsarbeit befasse ich mich mit der Entwicklung eines Impfstoffes gegen aviäre pathogene Escherichia coli, kurz auch APEC genannt. APEC ist eine Gruppe der Escherichia-coli-Bakterien, die in Geflügel verschiedene Krankheiten und eine erhöhte Sterblichkeit verursachen. Geflügelprodukte sind eines der weltweit meistkonsumierten Lebensmittel. Zugleich sind sie die nachhaltigsten tierischen Eiweisslieferanten. Die Erkrankung der Tiere spielt daher nicht nur eine Rolle für das Tier selbst, sondern auch für uns als Menschen, als Endkonsumenten der Produkte. 

Mit unserer Impfung wollen wir vorbeugend wirken, und zwar für die gesamte Wertschöpfungskette. Dadurch soll auch der Antibiotikaeinsatz reduziert und die Entstehung von Resistenzen vermindert werden. Hierfür arbeiten wir mit dem Institut für Virologie und Immunologie des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen zusammen, um einen möglichst sicheren, wirksamen und für das Tier verträglichen Impfstoff herzustellen.

Wieso ist das aus wissenschaftlicher Sicht wichtig?

Durchschnittlich konsumiert jede Person in der Schweiz jährlich rund 15 Kilogramm Geflügelfleisch und 200 Eier. Das zeigt, wie wichtig nicht nur die Gesundheit der Tiere, sondern auch die Lebensmittelsicherheit ist. Zudem ist APEC genetisch nahe verwandt mit humanpathogenen E.-coli-Bakterien. Es gilt daher als potenzielle Zoonose, könnte also vom Tier auf den Menschen überspringen.

Aktuell werden APEC-Infektionen mit Antibiotika behandelt, was in den letzten Jahren zu einer Zunahme von Antibiotikaresistenzen geführt hat – was die Behandlung der Tiere erschwert. Sollte ein solcher resistenter Keim auf den Menschen übergehen, wird auch dessen Behandlung schwieriger. Es ist daher wichtig, dass wir eine Lösung für diese Krankheit finden, um sie langfristig in den Griff zu bekommen.

Da APEC eine diverse Gruppe von Krankheitserregern sind, die sich von Ort zu Ort unterscheiden können, ist das herausfordernd. Denn diese Diversität macht es schwierig, den Erreger genau zu untersuchen und eine universelle Lösung zu finden. Es gibt noch immer verschiedene Wissenslücken. Deshalb konzentrieren wir uns jetzt darauf, das Krankheitsbild und die krankmachenden Eigenschaften des Erregers zu verstehen. Speziell fokussieren wir uns auf die Wechselwirkungen zwischen dem Erreger selbst und dem Immunsystem des Vogels. Diese Erkenntnisse sollen uns helfen, einen wirksamen Impfstoff zu ent­wickeln. 

Was fasziniert Sie persönlich an diesem Forschungsprojekt?

Dass ich damit nicht nur einen Einfluss auf die Tiergesundheit habe, sondern auch auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt. Wir versuchen mit unserer Lösung auch ein weltweites Problem – die Antibiotikaresistenzen – zu bekämpfen. Mit unserem Impfstoff verfolgen wir eine präventive Herangehensweise in einem «One Health»-Ansatz, also einem ganzheitlichen Gesundheitsansatz für Mensch, Tier und Umwelt.

Welches ist die grösste Herausforderung, die es zu überwinden gilt?

Obwohl uns das Huhn im Alltag häufig begegnet, wird es in der Forschung nicht oft als Modellorganismus verwendet. Deswegen gibt es nur wenige wissenschaftliche Publikationen, auf denen wir aufbauen können. Auch ist die Arbeit mit Hühnern dann doch etwas anders als die mit standardisierten Modellorganismen wie Mäusen oder Ratten. Hinzu kommt der Aspekt der Biosicherheit, der es unserem Team nicht immer einfach macht, die idealen Institute zu finden. Wir sind daher sehr dankbar, dass wir am Institut für Infektionskrankheiten an der Uni Bern und am Institut für Virologie und Immunologie des Bundes arbeiten können. 

Wie ist das Forschungsprojekt finanziert?

Aktuell arbeite ich am Institut für Infektionskrankheiten und werde vom Schweizerischen Nationalfonds und von Innosuisse, der Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung, unterstützt. Weitere Unterstützung erhalten wir durch die Universität Bern und das Institut für Virologie und Immunologie, das uns mit Wissen und Infrastruktur zur Seite steht. Mit dieser breiten Unterstützung freue ich mich, mein Projekt in den kommenden Monaten vorwärtszubringen und hoffentlich eine Lösung für das Problem APEC zu finden. 

Sabrina Stöckli

 

Sabrina Stöckli ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Infektionskrankheiten der Universität Bern. Ihr Forschungsinteresse gilt den molekularen Biowissenschaften. Sie ist Mitgründerin des Start-ups Santella, das für die Entwicklung eines Impfstoffs gegen aviäre pathogene E. coli mit einem «Bridge Proof of Concept Grant» von SNF und Innosuisse ausgezeichnet wurde. Das Institut für Infektionskrankheiten (IFIK) ist Teil der Medizinischen Fakultät der Universität Bern und vereint diagnostische Dienstleistungen, Lehre und Forschung in den Bereichen Virologie, Bakteriologie, Mykologie, Parasitologie und im­muno­logische Infektionsanalyse. Am IFIK ist auch das Biosicherheitszentrum angesiedelt,

das die Forschung mit hoch pathogenen Mikro­organismen unterstützt.

 


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