Skip to main content

-


Anzeige

Anzeige


Wenn die Bundesfeier auf wackligen Füssen steht

Gerade kleinere Agglomerationsgemeinden hadern mit fehlendem Zulauf zum 1. August. Es gäbe zwar Lösungsansätze – doch diese kosten.

| Léonie Hagen | Gesellschaft
Der 1. August will gefeiert werden – doch nicht überall finden sich die Leute dafür. Foto: Nik Egger
Der 1. August will gefeiert werden – doch nicht überall finden sich die Leute dafür. Foto: Nik Egger

In Kehrsatz bleibt es an diesem 1. August ruhig – zumindest von offizieller Seite her. Die Gemeinde verzichtet dieses Jahr auf eine Bundesfeier. Das Interesse sei schlicht zu gering, teilte sie Anfang Juli mit, und das schon länger. Vor sechs Jahren nahmen noch rund 250 Personen an der kleinen Feier auf dem Platz teil.

Schon vor der Pandemie sei das Interesse zurückgegangen, schreibt der Ortsverein auf Anfrage. Nach einem pandemiebedingten Aussetzer schwenkte die Gemeinde 2021 von der üblichen Abendfeier auf einen Brunch um. In den ersten beiden Jahren nahmen daran noch etwa 120 Personen teil; 2023 wurde er wegen zu wenig Anmeldungen abgesagt. In diesem Jahr wollte man es besser machen. Eine Umfrage ergab allerdings: Die Feier wurde nicht vermisst.

Bremgarten: «Ohne OK gibt es eben keine Feier»

Damit ist Kehrsatz in der Region Bern nicht allein: Bremgarten hat seit über 20 Jahren keine eigene Bundesfeier mehr. In den frühen 2000er-Jahren habe man kaum mehr Freiwillige für das Organisationskomitee der Feier gefunden, so Gemeindeschreiber Peter Bangerter. Kurzum habe man beschlossen: «Ohne OK gibt es einfach keine Feier.»

Wenn jemand das Fest vermisse, so werde sich auch jemand für die Organisation finden. «Das ist in 20 Jahren nie passiert», sagt Bangerter. Es habe weder Anstalten gegeben, die offizielle Feier wieder ins Leben zu rufen, noch parallel eigene Feiern aufzubauen.
Ohnehin gehe es heute mehr um die Gesellschaft als um den Anlass selbst. Und dafür gebe es auch in Bremgarten genug andere Gelegenheiten.

Anders sieht das Monika Hutmacher, SVP-Gemeinderätin in Wohlen. Auch ihre Gemeinde habe eine Durststrecke erlebt, wenn es um den Bundesfeiertag gehe. Weil die Gemeinde so weitläufig sei, sei es schwer gewesen, einen gemeinsamen Ort für eine Feier zu finden. Entsprechend sei das Inte­resse an der Abendfeier am See abgeflacht. Bis die SVP und FDP Wohlen im Jahr 2017 einen neuen Anlauf starteten – mit einer Mittagsfeier auf dem Dorfplatz Hinterkappelen. Das Konzept sei gut angekommen, sagt Hutmacher. So gut, dass sich im letzten Jahr auch die Wohlener SP und die GLP anschlossen. Mit dem Parteienzuwachs sei auch der Anlass selbst wieder grösser geworden, wenn auch in einem ­bescheidenen und überschaubaren Rahmen, so Hutmacher. Auch gebe es mit dem neuen Festplatz aus dem angrenzenden Altersheim zahlreiche ­Besucher. Nur auf ein Feuerwerk wird –
wie vielerorts – weiterhin verzichtet. Und doch ist Hutmacher zufrieden: «Unsere Feier lebt wieder!»

Ittigen: Fest wiederbelebt mit neuem Elan – und genug Geld

Auch in Ittigen stand die 1.-August-Feier auf der Kippe. Vor ein paar Jahren habe man kaum noch Leute für die Kommission gefunden, welche das Fest jeweils organisiert hatte, erzählt Bruno Moser, stellvertretender Leiter des Ittiger Werkhofs. Vor vier Jahren sei man deswegen zum Schluss gekommen: «Wenn wir Leute generieren wollen, müssen wir unser Programm ändern.»
Gesagt, getan. Mit einem neuen Budget von rund 15 000 Franken baute die neu besetzte Ittiger Kommission ihr Programm massiv aus. Im ersten Jahr stellte sie nebst einem neuen Catering, Konzerten, Kinderschminken, einem Wettmelken und Feuerwehrrundfahrten auch eine eigene Bimmelbahn auf. Heute gehört das Ittiger Programm zu den umfassendsten der Region – und zieht ein breites Publikum an.

Wie die mittelfristige Entwicklung der 1.-August-Feier aussehe, sei noch offen und werde im Rahmen einer Überprüfung der Aufgaben angeschaut, meint Marco Rupp, Gemeindepräsident Ittigen. Es werde stark davon ­abhängen, ob das Interesse der Bevölkerung an der Feier bestehen bleibe und ob genügend Helferinnen und ­Helfer gefunden würden.

In Kehrsatz will man es auf jeden Fall erst selbst noch einmal versuchen. 2025 soll es auf jeden Fall ein Abendfest geben, schreibt das OK auf Anfrage. Dafür suche man noch Freiwillige sowie Ideen für die Gestaltung des Abends. Man freue sich über frischen Wind.


Ihre Meinung interessiert uns!


Verwandte Artikel


Der Vorzeigebauer der Region Bern

Diversifizierung, Direktvermarktung und unternehmerischer Geist: Schüpfenried-Bauer Fritz Sahli geht seinen eigenen Weg – und hat damit auch wirtschaftlichen Erfolg.

«Früher galt die Genossenschaft als Gütesiegel»

Jeden Sommer schickt die Bolliger Viehzuchtgenossenschaft ihre Tiere gemeinsam ins Berner Oberland. Doch ihr Modell bröckelt. Nun will sie innovativer werden.

Schlagersängerin Michelle Kissling: «Unsere Branche ist ein Haifischbecken»

Ihrem jüngeren Ich würde Schlagersängerin Michelle Kissling raten, nicht jedem zu trauen. An Geld und Statussymbolen zeigt sich die Musikerin wenig interessiert, Glück und Zufrieden­heit könne man sich mit Geld nicht kaufen.