Skip to main content

-


Anzeige

Anzeige


Freier Zugang zu Büchern

Anna Christen von der Buchhandlung Klamauk stellt im aktuellen Buchtipp eine Biographie aus dem 19. Jahrhundert von Jonathan Lee vor, in der Bildung für alle ein zentrales Motiv ist. 

| Anna Christen | Kultur
Anna Christen
Anna Christen von der Buchhandlung Klamauk. Foto: Nik Egger

Jonathan Lee zeichnet in seinem biografischen Roman die Lebensgeschichte von Andrew Haswell Green nach. Die Erzählung beginnt jedoch mit dem Ende Greens, als dieser – aus einer Verwechslung heraus – 1903 vor seinem Haus in New York erschossen wird. Stück für Stück erfahren wir, wie Green 1820 in einem Kaff in Massachusetts geboren und in seiner Jugend, aufgrund seiner vermuteten Homosexualität, vom Vater nach New York geschickt wird. Green lechzt früh nach Bildung, nach Wissen und in erster Linie nach Büchern. Als Hilfsarbeiter in einer Gemischtwarenhandlung lernt er Samuel Tilden kennen. Tilden wird zum ständigen Wegbegleiter und Förderer Greens – und zur heimlichen, grossen Liebe. Green beweist im Lernen grosses Geschick und zeichnet sich durch seinen Arbeitseifer aus. Nach einem Umweg über eine Zuckerrohrplantage in Trinidad zeigt sich Greens Gespür für Stadtentwicklung. Fortan beeinflusst er die Entwicklung New Yorks massgeblich: So regt er den Anschluss Lower Manhattans an New York an, ist Mitinitiant des Central Parks und gründet inmitten des Stadtparks die erste Public Library. Hier hat der Autor Jonathan Lee auch die Tagebücher Greens aufgestöbert, auf deren Inhalt die Erzählung des Romans beruht. Freier Zugang zu Büchern und somit auch zu Bildung ist in jenen Jahren keine Selbstverständlichkeit, und Green will allen Bürgerinnen und Bürgern New Yorks diese ermöglichen. Alternierend zur Lebensgeschichte Greens erfahren wir in eingestreuten Kapiteln von Korruption in New York und allgemein in den USA, vom Leben im 19. Jahrhundert.

Dieses Buch ermöglicht den Blick in eine Welt, die uns gänzlich unbekannt sein dürfte. Die wahrlich verschlungene und verrückte Lebensgeschichte Greens zeichnet ein Traumbild Amerikas, einem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Zugleich riecht der Leser die staubige Stadtluft der Industrialisierung und spürt die Verzweiflung der geschilderten Armen. «Der grosse Fehler» ist ein unaufgeregter Roman und ein Geheimtipp. Eines ist die Lektüre sicher nicht: ein Fehler! 

 

Lee, Jonathan: «Der grosse Fehler», Diogenes, ISBN 9783257247053 

Buchhandlung Klamauk

www.klamauk.be


Ihre Meinung interessiert uns!


Verwandte Artikel


Zwischen den Welten und Lebensalter

Das Kunstmuseum Thun zeigt in seiner aktuellen Ausstellung «Stadt–Land–Fluss» Werke von Gustav Stettler und stellt diesen Werke aus der Sammlung gegenüber. Im Zentrum steht ­dabei die Verbindung von Landidylle und urbanem Lebensraum, ein Spannungsverhältnis, das die lokalen Künstlerinnen und Küns...

Tücken der US-Justiz

Anna Christen von der Buchhandlung Klamauk mag Krimis. In dieser Kolumne stellt sie «Seven Days» von Steve Cavanagh vor. 

Gefährdetes Weltkulturerbe

Andrea Monika Keller von der Buchhandlung Haupt empfiehlt «Acqua Alta» von Isabelle Autissier. Darin wird Venedig überflutet, was Öko-Aktivistinnen auf den Plan ruft.