Ich verbrachte ein paar sonnige Tage in der Toskana. Campingleben, Meer, Pinienwald und warme Sonnenstrahlen. Was will man mehr?
Ein gutes Buch! Und das ist das knapp 100-seitige «Wandern bei Nacht» von John Lewis-Stempel allemal. Ich hatte es wegen des ansprechenden Covers ausgewählt, ausserdem interessierte mich die Thematik des Nachtwanderns. Ich erhoffte mir, durch die Lektüre beflügelt, bald selbst in die Nacht aufzubrechen, um nach dem Leben in der Dunkelheit «Ausschau» zu halten.
Es überkamen mich jedoch Bedenken. Frausein kann einen manchmal davon abhalten, unbeirrt loszulaufen und sich der Nacht hinzugeben, ohne dabei Angst zu haben und zu denken «Was, wenn …?».
Das Campingleben gab mir dann aber den nötigen Ruck und ich begann zu lesen. Und schon war ich etwas ruhiger, denn auch der Autor bewegte sich nie allein durch die nächtliche Landschaft - immer mit dabei war Edith, seine Labradorhündin.
Das Buch beginnt im Winter, gefolgt von Frühling, Sommer und Herbst. Lyrikeinschübe lockern dabei die Lektüre auf und helfen, bestimmte Themen zu vertiefen.
Neben neuem Wissen zu Flora und Fauna lernt man auch allerhand über die chemischen und physikalischen Seiten der Natur. Wussten Sie z.B., dass es einen Mondregenbogen gibt? Er entsteht genau gleich wie am Tag, einfach mit Mondlicht, das auf kleine Tröpfchen in der Atmosphäre fällt.
«Wandern bei Nacht» ist sowohl eine Lektüre fürs Gemüt als auch für den Wissensdurst! Es ist ein kleiner Schatz fürs ganze Jahr, der einen die Sinne bei Nachteinbruch schärft. Auch ohne aktiv rauszugehen, konnte ich aus dem Camper jegliche Geräusche von Tieren ausmachen, die mir vorher gar nicht aufgefallen waren. Es zeigt welche verborgenen Prozesse sich abspielen, während wir schlafen und dass es doch eigentlich gut ist, dass wir noch nicht alles, überall und zu jeder Zeit beherrschen.
Die Nacht gehört den Nachtwesen und wir sind da höchstens zu Gast!
«Wandern bei Nacht»: John Lewis-Stempel, Dumont Verlag, 2024