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«Wir haben es noch immer geschafft, dass Anfang Schuljahr jedes Kind einen Platz hat»

Die Schülerzahlen in der Stadt Bern sind stärker gewachsen als erwartet. Luzia Annen, Leiterin des Schulamts, erklärt, wie die Stadt die Schulraumplanung verbessern will.

| Anina Bundi | Politik
Luzia Annen. Foto: Stadt Bern
Luzia Annen. Foto: Stadt Bern

Die Stadt Bern wächst. Mehr Menschen bedeuten auch mehr Kinder, die zur Schule müssen. Den zukünftigen Bedarf an Schulraum vorauszusehen, ist eine Herausforderung. Denn nicht immer ziehen Familien mit Kindern dorthin, wo man es erwarten würde. Schwierig ist die Schulraumplanung auch, weil schlicht der Platz fehlt. Leere Parzellen in Stadtbesitz sind rar, will man die bestehenden Schulhäuser ausbauen, hat oft die Denkmalpflege Einwände, gibt es ein Bauprojekt, kann es mit Einsprachen verzögert werden. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, hat der Gemeinderat nun die «Strategische Schulplanung» von 2017 überarbeitet.

Frau Annen, was gab den Anstoss zur Überarbeitung der «Strategischen Schulraum­planung»?

Seit 2017 ist viel passiert. Nicht nur die Bevölkerung ist gewachsen, sondern auch die Schülerzahlen sind überproportional gestiegen. Der Bedarf an Tagesschulplätzen ist zudem noch stärker gestiegen als die Schülerzahlen. Nicht zuletzt verändert sich auch die Schule. Neue Unterrichtsformen verlangen nach flexibleren Räumen.

Laut Botschaft des Gemeinderats mussten die Schülerzahlen seit der ersten Ausgabe des Dokuments 2017 nach oben korrigiert werden. Was heisst das konkret?

Die Stadt Bern verzeichnet seit 2011/2012 ein starkes Wachstum bei Schülerinnen und Schülern. Die Anzahl Klassen stieg seither von 472 auf 589 im Jahr 2023. Pro Jahr gibt es in der Stadt Bern zehn bis zwölf neue Schulklassen. Das ist ein mittleres Schulhaus plus eine Turnhalle.

Gibt es Quartiere oder Schul­kreise, in denen diese Korrektur besonders gross ausfällt?

«Korrektur» impliziert, dass Fehler gemacht wurden. Die Prognosen werden aber jährlich überprüft und wenn nötig angepasst. Wir sind mit den Prognosen auch besser geworden, weil wir mehr Faktoren einbeziehen, zum Beispiel die Kaufkraft. Wenn Familien mehr Geld haben, können sie sich grössere Wohnungen leisten und sich in anderen Quartieren ansiedeln.

In welchen Quartieren musste man die Prognosen nun am meisten anpassen?

Ein grosses Wachstum gab es im Schulkreis Länggasse. Dort haben sich die Zahlen aber stabilisiert. Weiter ansteigen werden sie im Weissenbühl. Gründe für das Wachstum sind Arealentwicklungen, aber auch allgemein die Attraktivität eines Quartiers. Im Breitenrain zum Beispiel wurde kaum gebaut, aber die Kinderzahlen steigen trotzdem, weil es den Leuten im Quartier gefällt und sie nicht umziehen, auch wenn die Wohnung zu klein wird. Solche Entwicklungen innerhalb des bestehenden Wohnungsbestands sind sehr schwierig vorherzusehen. Was man auch sagen muss: Auch wenn es Engpässe gibt wie 2020 in der Länggasse, haben wir es noch immer geschafft, dass Anfang Schuljahr jedes Kind einen Platz hat.

Bei der grossen Überbauung auf dem Warmbächliareal in Ausserholligen hat man offenbar zu wenig an die Schulraumplanung gedacht. Wie konnte das ver­gessen gehen?

Vergessen wurde sie nicht. Aber die Realität hält sich nicht immer an unsere Prognosen. Auf dem Warmbächliareal hat man zwei Basisstufen geplant, und in der Schule Steigerhubel gab es auch noch Kapazität. Allerdings sind da zwei Sachen passiert: Die Schülerzahlen gingen auch unabhängig von der Bautätigkeit hoch, also in den bestehenden Wohnungen. Und im Warmbächli sind mehr und grössere Familien eingezogen, als man erwartet hatte.

Wie löst man das Problem jetzt?

Wir sind daran, die Schulanlage Steiger­hubel zu erweitern. Ausserdem wird auf dem Schulareal ein Provisorium aufgestellt, und im Kirchgemeinde­haus sind weitere Schulräume geplant. Es ist kompliziert, weil es viele Abhängigkeiten gibt.

Wo sonst zeichnen sich Lücken ab?

In den Quartieren Steigerhubel/Brunnmatt und aufgrund von Arealentwicklungen im Wankdorf/Breitfeld und im Viererfeld. Damit aber keine Lücke entsteht, ist zeitgleich zu den Wohnbauvorhaben Schulraum geplant und wird rechtzeitig realisiert.

Welche wird man rechtzeitig auffüllen können, und wo braucht es weitere Provisorien?

Dank der Anschaffung von Mobil­bauten kann die Stadt Bern kurzfristige Spitzen flexibel und standortunabhängig decken. Da es immer weniger Möglichkeiten gibt, Schulareale auszubauen und zu erweitern, sind temporäre Lösungen wie Provisorien oder Mietoptionen Teil der strategischen Analyse.

Ein Problem ist laut dem ­Gemeinderat, dass schlicht zu wenig Platz da ist. Das Aus­baupotenzial der bestehenden Schulhäuser sei praktisch ausgeschöpft, und für Neu­bauten fehlen der Stadt eigene und leere Parzellen. Inwiefern kann die überarbeitete Strategie da helfen?

Erstens wollen wir das Potenzial der bestehenden Schulhäuser systematischer erfassen. Zum Beispiel: Wie kann man die weiten Gänge in den alten Schulhäusern trotz feuerpolizeilichen Vorgaben für den Unterricht nutzen? Zweitens wollen wir Schulräume vermehrt so bauen, dass sie vielfältig genutzt werden können, zum Beispiel für den Unterricht wie auch für die Tagesschule. Drittens setzen wir auf die Umnutzung bestehender Gebäude, dafür legt die überarbeitete Strategie den Boden. Nicht zuletzt wollen wir die Kommunikation und den Austausch in den Quartieren verbessern und hoffen, dass es dadurch bei Bauprojekten weniger Einsprachen gibt. 


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