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Immer mehr Diebstähle in Bern

Im Kanton Bern ist die Zahl der Strafanzeigen 2023 viel stärker gestiegen als national. Die Gründe für die Zunahme sind aber schweizweit ähnlich.

| Léonie Hagen | Politik
Polizeikommandant Christian Brenzikofer sieht trotz mehr Dieben keine Bandenkriminalität. Foto: Léonie Hagen
Polizeikommandant Christian Brenzikofer sieht trotz mehr Dieben keine Bandenkriminalität. Foto: Léonie Hagen

Mehr Einbrüche, mehr Cyberbetrug, mehr Jugendgewalt: Die Zahl der angezeigten Straftaten nimmt im Kanton Bern weiter zu. Im letzten Jahr verzeichnete dieser 62 613 Strafanzeigen gemäss Strafgesetzbuch. Das geht aus der jährlichen polizeilichen Kriminalstatistik hervor, welche das Bundesamt für Statistik am Montag veröffentlicht hat. 

Sie zeigt für den Kanton Bern grundsätzlich eine ähnliche Entwicklung wie für die Schweiz. Seit 2012 waren die Straftaten gemäss Strafgesetzbuch in der Schweiz rückläufig, bis sie 2021 einen vorläufigen Tiefpunkt erreichten. In den letzten beiden Jahren sind die Zahlen wieder angestiegen.
Im Kanton Bern war dieser Anstieg
im letzten Jahr mit 27 Prozent aber deutlich höher als im Schweizer Schnitt (14 Prozent). 

Das gehe vor allem darauf zurück, dass deutlich mehr gestohlen werde, erklärte die Berner Kantonspolizei in einer Medienkonferenz am Montag. Vermögensdelikte machen mit über 44 000 Straftaten rund zwei Drittel aller Anzeigen im Kanton aus. Ihre Zunahme um 27 Prozent fällt also ins Gewicht.

Vernetzt aber nicht organisiert

Auffällig ist vor allem der Anstieg von Diebstählen aus Autos. Diese haben sich im letzten Jahr auf 1813 Fälle verdoppelt. Ähnlich haben sich die Einschleichdiebstähle durch unverschlossene Türen oder Fenster entwickelt. Gemäss der Kantonspolizei stamme gerade bei diesen beiden Deliktarten ein grosser Teil der Beschuldigten aus Maghreb-Staaten. Diese seien oft untereinander vernetzt und mobil, so Polizeikommandant Christian Brenzikofer. Von einer organisierten Kriminalität könne man aber nicht sprechen.

Ebenfalls deutlich ist die Zunahme von schweren Straftaten im Kanton Bern. Diese hatten bereits im Vorjahr hohe Werte erreicht, im letzten Jahr sind sie noch einmal leicht angestiegen. Wenn es um schwere Körperverletzung und Nötigung geht, wurden im letzten Jahr zudem mehr Minderjährige angezeigt. Die Anzahl Minderjähriger, die wegen schwerer Gewaltdelikte angezeigt wurden, hat gar um die Hälfte zugenommen. Das liege auch daran, dass man genauer hingesehen habe, sagte Brenzikofer am Montag. Die Kantonspolizei hatte im letzten Jahr einen Schwerpunkt auf Jugendgewalt gelegt. Dadurch sei diese eher aufgefallen; man wolle diesen Schwerpunkt auch für das kommende Jahr beibehalten. 

Im letzten Jahr hat die Berner Kantonspolizei ausserdem zum ersten Mal Hassdelikte statistisch erfasst. Dazu gehören Straftaten, die auf eine feindselige Einstellung gegen die Ethnie, sexuelle oder religiöse Orientierung zurückgehen. Insgesamt gingen 2023 dazu 55 Meldungen ein, mehrheitlich Beschimpfungen, Drohungen, Tätlichkeiten und einfache Körperverletzungen. Die Kantonspolizei geht hier von einer hohen Dunkelziffer aus. 

Trotz der zunehmenden Straftaten sprach sich Brenzikofer am Montag aber dagegen aus, allfällige Polizeigesetze zu verschärfen. National werde zwar regelmässig fehlender Respekt gegenüber der Polizei bemängelt, doch das seien Einzelfälle. «Mehr Gewalt – auch, wenn sie gesetzlich legitimiert wäre – ist nicht zielführend», so Brenzikofer. Die Polizei müsse durch kompetentes und kommunikatives Verhalten überzeugen. Dann werde sie auch weiter respektiert.

Auch schweizweit nehmen die Straftaten zu

 

In der Schweiz ist die Zahl der Straftaten im letzten Jahr auf 522 558 ­angestiegen. Das entspricht einer Zunahme um 14 Prozent – liegt aber immer noch deutlich unter dem Hoch von 2012. Damals waren in ­einem Jahr 611 903 Straftaten angezeigt worden. Die Zahl der Beschuldigten pro 100 000 Personen blieb dagegen in den letzten fünf Jahren stabil. Die polizeiliche Kriminalstatistik erhebt aber nur das Anzeigeverhalten. Über verurteilte Straftaten sagt sie nichts aus. 


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