Anzeige
Der «Kiesrappen» kommt wieder auf
Die Geschäftsprüfungskommission bringt die Idee einer Kiesabgabe ins Parlament. Sie ist weder neu noch beliebt.
Wenn es um Kies geht, wird man im Kanton Bern schnell hellhörig. Die Kiesbranche hatte in den letzten Jahren mit Umweltskandalen und Verdacht auf illegale Absprachen immer wieder für negative Schlagzeilen gesorgt. Auch der Kanton machte keine gute Figur: Er hatte wichtige Kontrollaufgaben lange der Branche selbst überlassen. Der Reformbedarf war gross.
Nach vier Jahren veröffentlicht der Kanton nun zum dritten Mal einen entsprechenden Controllingbericht Abbau, Deponie und Transporte (ADT). Er wird an der laufenden Sommersession behandelt.
Klarere Strukturen, aber zu wenig Personal
Seit dem letzten Bericht habe sich viel getan, sagt Daniel Wachter, Leiter des Amtes für Gemeinden und Raumordnung (AGR). Das AGR ist gemäss Baugesetz für die Raumplanung zuständig – und damit auch für die Prüfung der Abbau- und Deponie-Richtpläne der Regionalkonferenzen und Planungs-
regionen und der entsprechenden Nutzungsplanungen der Gemeinden. Das Amt gehört zur Direktion für Inneres und Justiz (DIJ), welche neu hauptverantwortlich für die ADT-Prozesse im Kanton Bern sein soll.
An sich ändere sich damit wenig an den Bewilligungsverfahren, so Wachter. Es gehe vor allem um eine stärkere Koordinationsrolle bei Anliegen aus der Branche oder aus der Politik. So werde die DIJ auch in den Bereichen der Kommunikation und Datenerhebungen mehr Aufgaben übernehmen. Diese Verschiebung schaffe die Klarheit, die seit Jahren eingefordert wird. Aber ein Problem bleibt trotz neuer Strukturen bestehen: Es fehlt an Personal. Auch die DIJ verfügt nicht über genug Leute, um den Forderungen nach deutlich mehr Aufsicht und schnelleren Entscheiden gerecht werden zu können.
Das Beratungsbüro ecoplan hatte vorgeschlagen deshalb im Rahmen einer Überprüfung der Verwaltungsorganisation im Bereich ADT vor, eine Kiesabgabe einzuführen. Der Regierungsrat hatte diese Massnahme nicht aufgegriffen. Die Geschäftsprüfungskommission fordert nun mit einer Planungserklärung, dass der Regierungsrat die nötigen Schritte zur Einführung eines solchen «Kiesrappens» ergreifen solle.
Die Idee einer solchen Abgabe ist nicht neu. Schon 1996 veröffentlichte ecoplan einen Bericht, der verschiedene solcher «marktwirtschaftlicher Umweltinstrumente» für den Kanton Bern untersuchte. Darunter fiel auch eine Kiesabgabe in zwei Varianten, entweder von 6 oder 15 Franken pro Kubikmeter. Im Bericht hält ecoplan fest, dass einiges für derartige Massnahmen spreche; dass sie grundsätzlich machbar seien und sogar in einem «nationalen und internationalen Trend» lägen.
Davon scheint das Kantonsparlament aber wenig wissen zu wollen. Ideen, die in Richtung einer Kiesabgabe gingen, lehnte der Grosse Rat mehrfach ab. Und auch in dieser Sommersession scheinen die Gräben ähnlich zu verlaufen.
Eine einfache Idee mit wenig Aussicht auf Erfolg
SP, Grüne und EVP etwa stehen der Abgabe positiv gegenüber. Die Grünen etwa würden eine Kies- und Deponieabgabe von «mehreren Rappen» pro Kubikmeter unterstützen, so der Zollikofer Grossrat Bruno Vanoni. Das Geld werde zur Finanzierung verstärkter Aufsicht und Kontrolle durch den Kanton benötigt, sagt Vanoni: «Diesen Aufwand soll nicht die Allgemeinheit bezahlen müssen, sondern die Branche gemäss Verursacherprinzip.»
Die Bürgerlichen halten dagegen wenig von einer zusätzlichen Abgabe. Man wolle Bürokratie vermeiden, sagt etwa FDP-Fraktionspräsident Carlos Reinhard. Ausserdem werde eine Abgabe, wenn sie einmal eingeführt sei, schnell einmal erhöht. Das gelte es zu verhindern. Denn bezahlen werde die Abgabe nicht die Kiesgrube, sondern der Bauwillige: «Das Bauen wird teurer, und am Ende zahlt dafür indirekt die Mieterschaft.» Auch die Mitte-Fraktion gibt sich «mehrheitlich skeptisch». Die Forderung sei zu wenig konkret, so die Begründung.
Tatsächlich ist noch offen, wie eine Kiesabgabe bei einer Annahme der Planungserklärung aussehen würde. Es habe bisher lediglich interne Vorabklärungen zu möglichen Umsetzungsvarianten gegeben, sagt Daniel Wachter. Von einer Minimalvariante, die lediglich den zusätzlichen Vollzugsaufwand abdecke, bis zu einer deutlich höheren Abgabe, die schon hin zu einer Lenkungsabgaben tendiere, sei viel möglich. Dafür brauche es aber erst weitere Abklärungen, die bei einem Auftrag des Grossen Rates an die Hand genommen würden.
Der Grosse Rat berät das Geschäft am Dienstag, nach Redaktionsschluss dieser Zeitung. Dass es aber zu weiteren Abklärungen für eine Kiesabgabe kommt, ist wenig wahrscheinlich. Die Fraktionen unterstützen weitgehend die bisherigen Massnahmen des Kantons. Man werde deren Umsetzung und Wirkung «genau weiterverfolgen», sagt etwa Grünen-Grossrat Vanoni. Und notfalls zusätzliche Massnahmen einfordern.