Anzeige
Rudolf Joder: Ein JA für die Reform der Pensionskasse
Bei der Reform der beruflichen Vorsorge, über die im September abgestimmt wird, handle es sich um einen typisch schweizerischen Kompromiss, schreibt «Anzeiger»-Kolumnist Rudolf Joder. Arbeitnehmende mit tiefen Einkommen oder Pensen profitierten, gleichzeitig werde die Finanzierung der 2. Säule sichergestellt.
Am 22. September entscheidet das Schweizervolk über die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG). Die Ausgangslage ist nicht einfach. Es geht um viel Geld, und die Materie ist kompli- ziert. Weil umfassende statistische Daten fehlen, können im Einzelnen keine exakten Aussagen gemacht werden über die genauen Auswirkungen der Revision der 2. Säule für die 5,5 Millionen Versicherten in 1400 Pensionskassen.
Aktuell steht die berufliche Vorsorge vor neuen Herausforderungen. Seit 2005 sind die Rahmenbedingungen der 2. Säule nicht mehr angepasst worden. In der Zwischenzeit ist die Lebenserwartung gestiegen, und die Renten der Pensionskassen müssen für einen längeren Zeitraum finanziert werden. Zudem verringert das tiefe Zinsniveau die Erträge der Altersguthaben. Deshalb besteht Handlungsbedarf.
Die vom Bundesrat vorgeschlagene und vom Parlament beschlossene BVG-Reform beinhaltet drei Ziele. Es geht darum, die Finanzierung der 2. Säule generell zu sichern, das Niveau der Altersleistungen zu erhalten und Personen mit tiefen Einkommen und Teilzeitbeschäftigten den Zugang zur Versicherung in der beruflichen Vorsorge zu ermöglichen sowie die entsprechenden Versicherungsleistungen zu verbessern.
Damit diese Vorgaben erreicht werden können, wollen National- und Ständerat den gesetzlichen Mindestumwandlungssatz bei den obligatorischen Versicherungsleistungen von 6,8 auf 6,0 Prozent senken. Als Kompensation für diese Reduktion der Renten sind für 15 Übergangsjahrgänge Rentenzuschläge von monatlich 100 bis 200 Franken vorgesehen. Die Finanzierung dieser Zuschläge erfolgt durch die Pensionskassen und den zentralen BVG-Sicherheitsfonds. Damit mehr Personen in der 2. Säule versichert werden können, soll zudem in Zukunft die berufliche Vorsorge ab einem Jahreslohn von 19 845 Franken obligatorisch sein.
Die Revision bezieht sich nur auf das gesetzliche BVG-Minimum. Gemäss Schätzungen der Versicherungsbranche sind bloss 15 Prozent der Versicherten in der beruflichen Vorsorge einzig im obligatorischen Bereich versichert. Nur auf diese bezieht sich die Senkung des Mindestumwandlungssatzes direkt, während die Mehrheit der Erwerbstätigen eine umfassendere überobligatorische Versicherung hat und wenig betroffen ist. Von der Vorlage ausgeklammert sind auch die circa 900 000 heutigen Pensionierten, deren Renten unangetastet bleiben.
Die BVG-Reform ist ein typisch schweizerischer Kompromiss, der nach bald 20 Jahren parlamentarischer Vorarbeit endlich zustande gekommen ist. Besonders für Arbeitnehmende mit tiefen Löhnen, kleinen Arbeitspensen und verschiedenen Arbeitgebern wird die Altersvorsorge ausgebaut. Davon werden vor allem die Frauen profitieren.
Die Vorlage zeigt die Reformfähigkeit der beruflichen Vorsorge und beinhaltet eine Stärkung der 2. Säule. Sie verdient unsere volle Unterstützung!
Zur Person:
Rudolf Joder ist Dr. jur. Fürsprecher und präsidiert den Schweizerischen Verband für Seniorenfragen. Er war Nationalrat, Grossrat, Präsident der SVP Kanton Bern und Gemeindepräsident von Belp.