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Jagd auf die Rollerdiebe
In Bern häufen sich Rollerdiebstähle und -beschädigungen. Dies fällt sowohl in Werkstätten als auch der Polizei auf. Meine Nachbarin hat nächtliche Aktivitäten der Täter beobachtet – und die Jagd aufgenommen.

Montagabend, kurz nach 22 Uhr, mein Telefon klingelt. Am Hörer ist meine Nachbarin. Ausser Atem erklärt sie mir, sie sei hinter den Rollerdieben her und brauche Unterstützung. In den Adiletten pressiere ich aus der Haustür und in das Länggassquartier.
Wieso wir uns auf die nächtliche Jagd begeben? Eigeninteresse. So wurden im Frühling mein Roller und jener des Partners meiner Nachbarin vor unserer Haustüre gestohlen. Schon damals streiften wir in Folge durch das Quartier – und trafen mehrere beschädigte Roller an.
Ich vermutete eine Diebstahlserie. Doch die Polizei winkte ab. Sie sprach von Einzelfällen auf konstantem Niveau. Allerdings: Martin Berger, Inhaber von Moto Schor Bern, bestätigte, dass die Werkstatt im Länggassquartier vermehrt wegen beschädigter Roller kontaktiert worden sei.
Mein Roller tauchte ein paar Wochen nach dem Diebstahl übrigens in Ausserholligen wieder auf, defekt. Seither steht er unbenutzt vor unserem Haus – und erfreut sich anhaltender Aufmerksamkeit irgendwelcher Diebe. Schon mehrmals verschwand er vom Parkplatz und tauchte ein paar Strassenzüge weiter wieder auf.
Unsere nächtliche Jagd hat wenig Erfolg gezeigt. Nach wie vor erreichen mich aus dem Quartier Meldungen zu gestohlenen Rollern. Meine Nachbarin, die wegen Schlafproblemen viele Nächte auf dem Balkon verbringt, hat bereits mehrmals beobachtet, wie Gruppen von jungen Männern zu nächtlicher Stunde um Roller an der Strasse herumschlichen. Wie sie herausgefunden hat, täuschen Späher einen Hustenanfall vor, wenn Passanten kommen.
Weniger Anzeigen als Schäden
Mittlerweile lässt sich das Phänomen auch statistisch belegen. Wie die Polizei auf eine erneute Anfrage mitteilt, kann «eine steigende Tendenz von Anzeigen zu Diebstählen von Motorrädern und Motorrollern» festgestellt werden. Die Zahlen seien aber nach wie vor auf tiefem Niveau: «monatlich im einstelligen Bereich».
Auch Berger von Moto Schor führt aus, dass die Nachfrage nach Reparaturen von Rollern weiter steige. Der Anstieg sei inzwischen «markant», sagt er. Mittlerweile repariere er im Schnitt zwei bis drei solche Rollerschäden pro Woche. Meist sei nur versucht worden, das Lenkschloss kaputt zu machen und die Verschalung abzuheben, um den Roller kurzzuschliessen. Es gehe wohl nicht darum, einen fahrtüchtigen Roller zu haben, sonst müsste man anders vorgehen. «Ich denke das sind ganz sicher Jugendliche, die das entweder als Wettbewerb oder aus lauter Blödsinn machen», sagt Berger, «vielleicht geht es einfach um das Aufbrechen».
Kürzlich meldete sich eine Frau bei Berger, sie dachte, ihr Roller wäre gestohlen worden. Später wurde er aber beschädigt zwei Strassen entfernt gefunden. In solchen Fällen rät Berger der Kundschaft, Anzeige zu erstatten. Ob dies dann auch geschehe, sei fraglich. Die meisten würden die Sachbeschädigungen nicht zur Anzeige bei der Polizei bringen, sondern meldeten sich direkt bei der Versicherung und diese übernehme dann den Schaden.
Ein Spaziergang durch das Länggassquartier zeigt: Auf dem dunklen Veloparkplatz auf dem Unitobler-Areal, entlang der Bremgartenstrasse oder auch in privaten Einfahrten stehen Roller ohne Verschalung oder Nummernschilder. Die Nachfrage nach Rollern scheint gross zu sein.
Nur eine «geringe Anzahl Meldungen zu Sachbeschädigungen von Motorrädern und Motorrollern in der Stadt Bern» seien bei der Polizei eingegangen, heisst es auf Anfrage. Es lässt sich erahnen, dass die meisten Sachbeschädigungen nicht bei der Polizei gemeldet werden.