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Universität Bern: Verwaltungen in und mit Afrika optimieren
Die Forschenden vom Centre for African Smart Public Value Governance (C4SP) erforschen Gepflogenheiten in Afrika und wollen auf Basis dieses Wissens die afrikanischen Regierungen und Verwaltungen mithilfe lokaler Zusammenarbeit stärken.
Herr Fohim, was ist der Inhalt Ihrer Arbeit?
Emamdeen Fohim: Wir wollen herausfinden, was es braucht, damit in afrikanischen Staaten die Regierungen und Verwaltungen optimal funktionieren. Dabei unterstützen wir die Bemühungen in afrikanischen Ländern, in den Verwaltungen die sogenannten «öffentlichen Werte» zu stärken – also den Beitrag, den eine Institution für das Gemeinwohl der Gesellschaft leistet. Das bedeutet auch, bereits bestehende Prinzipien der Schaffung und Bereitstellung öffentlicher Werte aus nicht westlichen Perspektiven zu verstehen. Es gilt also, die Vielfalt der afrikanischen Verwaltungen zu erfassen, bewährte Praktiken zu verstehen, die von lokalen Gepflogenheiten inspiriert sind, und Einblicke zu bieten, indem wir mehrere Fallstudien durchführen.
Warum ist dies aus wissenschaftlicher Sicht wichtig?
Adeelah Kodabux: Die Agenda 2063 der Afrikanischen Union (AU) betont die Notwendigkeit, starke Verwaltungen für afrikanische Entwicklungsländer aufzubauen und eine entwicklungsorientierte und visionäre Führung in allen Bereichen und auf allen Ebenen zu ermöglichen.Das Ziel ist also, eine sogenannte «gute Regierungsführung» zu etablieren. Dies erfordert empirische Studien, die für öffentliche Verwaltungen anwendbares Wissen ergeben. Indem wir etwa auf Wissensquellen aus den Sozialwissenschaften zurückgreifen, forschen wir aus einer Perspektive, die lokale und ethnische Faktoren wertschätzt und einbindet. Wir berücksichtigen sowohl lokale Bräuche und Traditionen als auch derzeitige gesellschaftliche Transformationen. Wir untersuchen beispielsweise, wie die öffentliche Verwaltung des afrikanischen multi-ethnischen Inselstaats Mauritius beim Planen und Einrichten eines Systems für öffentliche Verkehrsmittel vorgeht. Als Forschende zeigen wir, wie in einem solchen spezifischen Kontext auf die unterschiedlichen kulturellen Ansprüche der betroffenen Akteursgruppen eingegangen werden kann und soll.
Welcher Nutzen für die Gesellschaft könnte sich daraus ergeben?
Amar Kumar Seeam: Um zu einem Verständnis einer gemeinwertorientierten Regierungsführung in Afrika beizutragen, wollen wir mit Mitarbeitenden in lokalen öffentlichen Verwaltungen zusammenarbeiten. So lässt sich der schnell wachsende Bereich der öffentlichen Verwaltung gezielt weiterentwickeln. Darüber hinaus sollen unsere Ergebnisse die Stereotype und Vorurteile gegenüber der Verwaltung Afrikas abbauen helfen. Zukünftig möchten wir vor Ort Weiterbildungskurse anbieten, um den Wissenstransfer mit lokalen Behörden zu gewährleisten. Dabei möchten wir einen besonderen Fokus auf die Nutzung neuer Technologien wie die künstliche Intelligenz (KI) in afrikanischen Kontexten legen. Wir möchten aufzeigen, wie aus nicht westlichen Perspektiven ethische Prinzipien wie Datenschutz, Fairness, Sicherheit, Zugänglichkeit und Rechenschaftspflicht für afrikanische Behörden überdacht werden müssen.
Was fasziniert Sie an der Arbeit?
Adeelah Kodabux: Die Zusammenarbeit von Forschenden des Kompetenzzentrums für Public Management der Universität Bern und des Mauritius-Campus der Middlesex University. Und die Zusammenarbeit mit afrikanischen und internationalen Forschenden, die sich auf Afrika spezialisiert haben und die unsere Webinare oder Vortragsreihen durch die Präsentation ihrer Studien bereichern. Spannend ist auch, dass unsere Arbeit einerseits interdisziplinär ist – wir drei Mitgründenden von C4SP kommen selbst aus unterschiedlichen Disziplinen: Ich habe internationale Beziehungen studiert, Emamdeen befasst sich explizit mit der öffentlichen Verwaltung und Amar spezialisiert sich auf digitale Technologien. Andererseits ist unsere Arbeit auch transdisziplinär, weil Wissensquellen aus der Berufspraxis von gesellschaftlichen und staatlichen Akteuren für unsere Arbeit relevant sind.
Was ist die grösste Herausforderung, die es zu bewältigen gilt?
Emamdeen Fohim: Ausreichende Ressourcen. Bisher haben wir unsere Arbeit als Postdoktorandinnen und Dozierende an unseren Universitäten geleistet. Um unsere Forschungsaktivitäten zu verstärken und unser Netzwerk mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern anderer afrikanischer Universitäten zu erweitern, arbeiten wir an einem grösseren Antrag für Forschungsförderung. Zur Vorbereitung des geplanten Forschungsvorhabens erhielten wir bereits Unterstützung durch verschiedene Förderprogramme der Universität Bern für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Unser langfristiges Ziel ist es, C4SP als selbsttragendes Forschungszentrum zu etablieren.
Emamdeen Fohim
ist Postdoktorand an der Universität Bern. Aus organisationstheoretischer Perspektive untersucht er, was öffentliche Organisationen tun, um die komplexen gesellschaftlichen Probleme unserer Zeit anzugehen.
Adeelah Kodabux
ist eine unabhängige Wissenschaftlerin aus Mauritius. Ihr Forschungsinteresse gilt den Machtstrukturen des Globalen Südens, der afrikanischen Regierungsführung und der globalen Geopolitik.
Amar Kumar Seeam
ist Dozent an der Middlesex University Mauritius. Er interessiert sich für die Frage, wie man «smart» regiert, und betrachtet dabei insbesondere den afrikanischen Kontext.
Weitere Infos: www.unibe.ch