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Sanierung und Erweiterung des Kunstmuseums Bern: Ein «Eiger» aus Sandstein

Schmidlin Architekten haben den Architekturwettbewerb für Sanierung und Erweiterung des Kunstmuseums Bern gewonnen. Doch es gilt noch zahlreiche Hürden zu überwinden, damit sie das Projekt auch umsetzen können.

| Christoph Reichenau | Politik
Blick vom Waisenhausplatz. Visualisierung: zvg / Schmidlin Architekten
Blick vom Waisenhausplatz. Visualisierung: zvg / Schmidlin Architekten

Der internationale Architekturwettbewerb für die Sanierung und Erweiterung des Kunstmuseums Bern (KMB) ist entschieden. Schmidlin Architekten GmbH, Zürich und Engadin, haben für das Projekt «Eiger» den ersten Preis errungen. Ihr Vorhaben stellt den Stettlerbau von 1879 frei, ragt dreigeschossig in die Höhe (wie der Bühnenturm des Stadttheaters) und dockt an das heute von der Kantonspolizei genutzte Gebäude Hodlerstrasse 6 an. Vor der Gebäudetrias entsteht an der Hodlerstrasse, die umgestaltet und zeitweilig vom Verkehr befreit werden soll, ein kleiner öffentlicher Platz. Der Sandstein des neuen Kubus ist geschnitten und gebrochen und wirkt auf der Vi­sualisierung gegen oben wie Glas. 

Nachdem vor 20 Jahren ein erster Versuch gescheitert ist, das Kunstmuseum Bern (KMB) durch ein Museum für Gegenwartskunst im Progr zu erweitern, blicken die Verantwortlichen jetzt weit in die Zukunft. Im Jahr 2029 soll Baubeginn sein. Zuvor sind in dichter Folge der Projektierungskredit durch den Grossen Rat zu beschliessen, die Detailplanung und Optimierung durchzuführen, die Finanzierung sicherzustellen und die Baubewilligung einzuholen. Dann folgen vier Jahre Bauen und Sanieren.

Der Stiftungsratspräsident der Dachstiftung Kunstmuseum Bern – Zentrum Paul Klee, Jonathan Gimmel, führte durch die Präsentation der Juryarbeit. Er erläutert die lange Geschichte, verhehlt Pannen und Rückschläge nicht. Sein Rezept heisst Dialog mit und unter allen. Und durchgängig ist sein Trachten auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit in jedem Belang ausgerichtet.

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Das Verfahren

Sanieren und Bauen – beides ist gleich wichtig. Der Museumsbau von Architekt Eugen Stettler, 1879 eröffnet, muss gesamthaft saniert werden. Ebenso sanierungsbedürftig ist der neue Trakt des Büros Atelier 5 von 1983. Dieser darf indes durch einen gleichwertigen Neubau ersetzt werden. Und Sanierungen erfordert das Gebäude Hodlerstrasse 6, das die Stadt Bern dem KMB kostenlos zur Verfügung stellt. 

2018 erarbeitete eine Gruppe von Fachpersonen eine Machbarkeitsstudie für den Umgang mit den drei Bauten im Hinblick auf das erneuerte KMB. Die Studie lang dem 2022 ausgelobten internationalen Architekturwettbewerb zugrunde. Jurypräsident Thomas Hasler aus Frauenfeld erläutert den Ablauf: An der Präqualifikation beteiligten sich 148 Büros weltweit. Davon wählte die Jury für die vollständig anonym durchgeführte zweite Stufe 39 Eingaben aus, teils von arrivierten Architektinnen und Architekten, teils mit Wild Card. 11 der 39 wurden zur Vertiefung ihrer Projekte eingeladen. Drei davon wurden zur Überarbeitung eingeladen. Rangiert hat die Jury schliesslich zuvorderst das Projekt «Eiger», dahinter «Blow Your Soul», schliesslich «Ginger + Fred». 

Die Vorbereitung des Wettbewerbs, das Vorgehen der Jury und die Projekte der zweiten Stufe sind im umfangreichen und reich illustrierten Jurybericht dargestellt. Sie können auch an einer Ausstellung im KMB besichtigt werden, die vom 23. August bis zum 24. November dauert. 

Das Siegerprojekt «Eiger»

Chasper Schmidlin von Schmidlin Architekten GmbH stammt aus dem Engadin. Sein Büro ist erfahren im Bau von Museen, hat unter anderem das Muzeum Susch im Unterengadin errichtet. Die Setzung des Berner Projekts entstand durch die Beziehung zum Stettlerbau. Ihr neues Gebäude (an der Stelle des Atelier-5-Trakts) hält zu diesem Distanz und springt zurück. So entsteht an der Hodlerstrasse ein kleiner Platz, auf den in der Visualisierung eine Spinnen-Plastik von Louise Bourgeois gestellt ist. Auf der Hinterseite, gegen die Aare hin, bildet «Eiger» eine Terrasse, die von aussen zugänglich ist und für Ausstellungen skulpturaler Werke benutzt werden kann. 

Der Eingangsbereich lädt ein zum Verweilen und Sein. Dort wird ein Bistro eingerichtet werden mit Aussensitzplatz zur Hodlerstrasse und von dieser einsehbar. Die drei Obergeschosse sind hoch, offen, flexibel nutzbar, das oberste mit Glasdach. Die Verbindung zum Stettlerbau verläuft im 1. Untergeschoss, ebenso jene zur Hodlerstrasse 6. Der Neubau dient ausschliesslich der Kunst. Alle administrativen Räume und die Archive werden in das Gebäude Hodlerstrasse 6 verlegt.

Nina Zimmer, Direktorin KMB und ZPK, freut sich, in die Zukunft starten zu dürfen. Wichtig ist die neue Atmosphäre. Zentral seien auch die hohen und grosszügigen Ausstellungsräume, in denen man einen Gedanken entwickeln und eine Geschichte erzählen könne. Zudem liessen es die Räume zu, jegliche Form und Technik von Kunstwerken miteinander auszustellen. Die bauliche Erweiterung bringe nicht in erster Linie zusätzliche Ausstellungsfläche, sondern vor allem eine Steigerung der Raumqualität. Damit – und mit der neuen Zufahrt – werde das KMB anschlussfähig für die immer wichtigeren Kooperationen für Ausstellungen (wie derzeit mit der Ausstellung Chaïm Soutine).

Die Kosten 

147 Millionen sollen die Sanierung und der Neubau kosten. Eingerechnet ist eine Reserve von 11,4 Millionen. Wichtig ist die ebenfalls budgetierte Teuerung, die bis 2033 auf 27 Millionen geschätzt wird. Die Kostengenauigkeit liegt heute bei +/– 25 Prozent. Jonathan Gimmel legt Wert auf das Kostenmanagement Design-to-Cost, was heisst, dass im Notfall abgespeckt werden muss, um die Kostenlimite nicht zu überschreiten.

Die 147 Millionen gliedern sich unter Berücksichtigung des Projekts «Eiger» wie folgt: Neubau und Sanierung Hodlerstrasse 6, 99 Mio.; Sanierung Stettlerbau, 24,9 Mio.; zusätzliche Ausstattung sowie Auslagerung Depots, 5,5 Mio.; Reserve, 11,4 Mio; Aufwertung Hodlerstrasse 5,5 Mio.  

Wer zahlt?

Der Kanton soll 95 Millionen übernehmen. Das entspricht den Kosten für die Sanierung des Stettlerbaus und der Liegenschaft Hodlerstrasse 6 unter Einschluss der Teuerung. Die privatrechtliche Stiftung muss für 52 Millionen aufkommen. Dazu trägt Hansjörg Wyss 30 Millionen bei. Zum Konzept, das dem Vertrag zugrunde liegt, gehören auch die Aufwertung der Hodlerstrasse durch ein neues Verkehrsregime mit zeitweiliger Sperrung sowie eine Verlegung der Ausfahrt des Metro-Parkings. 

Die Museumsstiftung der Burgergemeinde Bern entrichtet 2 Millionen. Weitere haben insgesamt 2 Millionen gesprochen. An der Stiftung KMB liegt es demnach, weitere 18 Millionen von Privaten, aus der Wirtschaft und von Behörden beizubringen.  

Zukunft der Hodlerstrasse 

Gemeinderätin Marieke Kruit legt dar, dass die Hodlerstrasse vom Waisenhausplatz weg offen gepflästert sowie mit Bäumen bepflanzt werden soll. Vorgesehen ist zudem die Verlegung der Ausfahrt des Metro-Parkings an die Schüttestrasse. So entstehe eine Flaniermeile, ein belebter Wohlfühlraum. Die Verkehrsberuhigung soll schon bald mit einem provisorischen Verkehrsregime (Begegnungszone) erprobt und anschliessend im Sinn einer lernenden Planung unter Einbezug aller Interessen justiert werden. 

Schliessung KMB

Da die Sanierung des Stettlerbaus und der Abbruch des Atelier-5-Trakts bzw. Neubau von «Eiger» gleichzeitig vorgenommen werden sollen, schliesst das KMB seine Türen ab 2029 für vier Jahre. Es wird in dieser Zeit mit Leihgaben in anderen Museen des Kantons präsent sein und weitere Aktivitäten durchführen. Auch die Kunstdepots im Haus müssen geräumt und verlegt werden.

Die Ausstellung zum Architekturwettbewerb wird am 23. August eröffnet und dauert bis am 24. November 2024.


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