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«Die Schere hat sich weiter geöffnet»

Die bernische Finanzdirektorin Astrid Bärtschi (Mitte) fordert Nachjustierungen beim Nationalen Finanzausgleich. Sonst drohe eine Steuerharmonisierung.

| Fabian Christl | Wirtschaft
Astrid Baertschi
Astrid Bärtschi. Foto: zvg

Frau Bärtschi, eine Familie mit Jahresbruttoeinkommen von 105 000 Franken bezahlt hier rund 6000 Franken Kantonssteuern. In Zug sind es 250 Franken. Bitte erklären Sie.

Das sogenannte «Ressourcenpotenzial», d. h. die steuerlich ausschöpfbare Wirtschaftskraft, ist im Kanton Bern viel tiefer als im Kanton Zug. Wir sind im Kanton Bern auch viel stärker auf die Steuereinnahmen der natürlichen Personen angewiesen als andere Kantone wie Zug, wo es viel mehr Unternehmen gibt. Im Kanton Bern gibt es zudem viele staatsnahe Betriebe und Verwaltungseinheiten, die keine Steuern bezahlen.

Geben wir nicht einfach mehr Geld aus als andere Kantone?

Wir leisten uns, anders als andere Kantone, ein grosses Bildungsangebot mit drei Hochschulen. Ausserdem führt die Grossflächigkeit zu höheren Kosten. Auch die Leute in Randgebieten müssen mit öffentlichem Verkehr versorgt werden. Aber insgesamt ist unser Angebot sicher nicht verschwenderisch.

Muss man die hohen Steuern also einfach akzeptieren – oder wegziehen?

Wir wollen die hohen Steuern nicht akzeptieren, sondern schrittweise Richtung Schweizer Mittelfeld senken. Aber man darf sich keine Illusionen machen: Wir werden nie auf dem Niveau eines Kantons Zug sein. Allerdings bezahlen wir auch weniger Miete als die Zugerinnen und Zuger.

Sie streben einen Platz im nationalen Mittelfeld an. Mit der per 2025 geplanten Steueran­lagensenkung sind wir aber vom Mittelfeld noch weit entfernt.

Es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Weitere sollen folgen. Die Steuerstrategie sieht vor, dieses ambitionierte Ziel mittelfristig zu erreichen.

Sie haben eingangs auf die Strukturschwäche des Kantons Bern hingewiesen. Braucht es also eine nationale Steuer­harmonisierung?

Nein, ich befürworte den Steuerwettbewerb. Allerdings funktioniert der Nationale Finanzausgleich (NFA) ungenügend. Dieser wurde geschaffen, um die Ungleichheiten zwischen den Kantonen zu verkleinern. Seither haben sich die schwachen Kantone verbessert – die starken sind aber trotzdem davongezogen, und die Schere hat sich weiter geöffnet. Auch das Ziel, die Unterschiede bei den Steuern zu reduzieren, wurde weit verfehlt. Wenn man keine Änderung vornimmt, besteht die Gefahr, dass tatsächlich eine Steuerharmonisierung droht, weil die Ungleichheiten von der Bevölkerung als nicht mehr fair empfunden werden.


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