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Damit Pflanzen-Pioniere wachsen

In Zollikofen entsteht mit «Sproudz» der erste Produktionshub für Start-ups im Bereich pflanzenbasierter Lebensmittel in der Schweiz. Er soll jungen Unternehmen durch geteilte Ressourcen die Skalierung ihrer Geschäftsmodelle erleichtern.

| Linda Pfanner | Wirtschaft
Sproudz teilt sich den Standort in Zollikofen mit Gourmador frigemo AG. Foto: zvg/Gourmador
Sproudz teilt sich den Standort in Zollikofen mit Gourmador frigemo AG. Foto: zvg/Gourmador

In Zollikofen entsteht gerade der erste Produktionshub für Lebensmittel-Start-ups der Schweiz. Mit «Sproudz» werden in Zukunft Flächen und Anlagen zur Herstellung von pflanzenbasierten Produkten vermietet. Durch die gemeinschaftliche Nutzung können Leistungen etwa in der Beschaffung, im Qualitätsmanagement, in der Logistik oder im Personalwesen optimiert werden. Ziel des Hubs sei es, jungen Unternehmen die Skalierung ihrer Geschäftsmodelle zu erleichtern, ohne dass diese die hohen Kosten und den logistischen Aufwand einer eigenen Produktionsstätte tragen müssen.

Die vegane Bäckerei BakeryBakery AG und Outlawz Food AG, Hersteller von Fleischersatzprodukten, haben das Hubkonzept mitentwickelt und sind die ersten Unternehmen, die die neuen Räumlichkeiten beziehen werden. Daneben hat es für drei bis vier weitere Start-ups Platz. Wer die Plätze erhalte, sei noch offen. Kevin Schmid, Gründer und Hauptinhaber beider Unternehmen, sieht den Hub als «Sprungbrett für pflanzenbasierte Start-ups». 

Die Infrastruktur in Zollikofen wird von der fenaco-Genossenschaft bereitgestellt. Als Agrargenossenschaft will sie mit Sproudz den Absatz von Lebensmittel-Rohstoffen aus Schweizer Landwirtschaft fördern sowie das Potenzial für die Veredelung von Nebenprodukten ihrer eigenen Verarbeitungsbetriebe besser nutzen. Zurzeit sei das aus Verfügbarkeits- und Kostengründen häufig nicht der Fall und junge Unternehmen wichen auf Importe aus. 

Laut dem Hub könnten Start-ups Kosten sparen durch die gemeinsame Nutzung von der Grundausstattung wie Lüftungen, Hygieneschleusen oder Büros. Dabei stehe die Teilung von Synergien und die ressourcenschonende Denkart im Fokus, erklärt Schmid: «Ich glaube einfach nicht an das Gärtli-Denken.» Das gemeinsame Schaffen sei die Zukunft und langfristig der einzige und sinnvollste Weg, zu wachsen.

Von der Zusammenarbeit zwischen der fenaco und jungen Start-ups können beide profitieren. «Die fenaco hat als grosses Unternehmen ganz andere Strukturen als wir», sagt Schmid. So sieht das auch Roger Neuenschwander, Geschäftsführer der be-advanced AG, Innovationsförderagentur für Unternehmen im Kanton Bern: «Die fenaco ist ein grosses Unternehmen, für sie ist es schwierig, selbst neue Ideen zu realisieren», dafür brauche es kleinere, kreative und junge Unternehmen. Sproudz biete Raum zum Experimentieren.  

Partnerschaft mit Studierenden

Auch eine Zusammenarbeit mit der ebenfalls in Zollikofen ansässigen Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften BFH-HAFL sei denkbar, sagt Schmid. Das sei eine potenziell spannende Partnerschaft. Start-ups aus der HAFL könnten von einem ersten Skalierungsschritt bei Sproudz profitieren. 

Die örtliche Nähe der HAFL zu Sproudz biete eine Perspektive für die Studierenden der Hochschule, sagt Neuenschwander. «Damit sieht man, dass es einen Weg gibt, der nicht zu den grossen Lebensmittelkonzernen wie Emmi führt», sondern auch die Möglichkeit, ein eigenes Unternehmen zu gründen. So entstehe Inspiration und es würden Zugänge zu Netzwerken bei der fenaco geöffnet, sagt Neuenschwander. «Damit wird der Weg, sein eigenes Unternehmen zu gründen, in jeder Hinsicht kürzer.» 

Neuenschwander sieht aber auch ausserhalb der Zusammenarbeit mit der Hochschule Bedarf für den Produktionshub. Es entstehe zurzeit viel in
der Lebensmittelbranche: Nebenströme
werden verwendet, man findet Alternativen zum Fleisch oder der Klimawandel verändert, was angebaut werden kann. «Jetzt passieren diese Ideen verzettelt und verteilt irgendwo», sagt Neuenschwander. Durch den Hub gebe es einen zentralen Ort, wo Ideen gesammelt und gezielter unterstützt werden könnten.

Sandkastenbauen oder Gärtli-Denken

Schmid möchte im besten Fall gemeinsam wachsen. «Mein Wunschszenario ist es, dass die Nachfrage so gross ist, dass schnell die Räumlichkeiten zu klein werden und wir ein weiteres Zentrum eröffnen können», sagt Schmid. Er verfolge weniger, dass die einzelnen Start-ups absprängen und so wieder das «Gärtli-Denken» entstehe, sondern dass man gemeinsam wachse und expandiere. 

Das sei aber auch nicht für jede Firma gleich. Mit der BakeryBakery verfolgt Schmid selbst einen anderen Plan. Das längerfristige Ziel sei es, an einem eigenen Standort hinter Scheiben zu produzieren, damit man den Leuten zeigen könne, was man mache. Deshalb sei auch Schmid offen für das Abspringen der Firmen, auch wenn der Traum das gemeinsame Wachsen sei. 

Neuenschwander sieht im Hub eher ein Sandkastenbauen: «Man kann etwas ausprobieren, wenn es funktioniert, baut man es richtig. Wenn nicht, hat man nicht viel verloren.» Der Hub biete eine geschützte Umgebung, die konstante Wechsel zulasse. Das Ziel sollte sein, dass neue Ideen reinkommen, probiert werden und im besten Fall aus den Räumlichkeiten rauswachsen, sagt Neuenschwander. 

Langfristig soll Sproudz für Nachhaltigkeit, Qualität und Synergien stehen, so Schmid. Der Baubeginn ist für den 1. September geplant, voraussichtlich soll die Produktion Ende 2024
starten.

www.fenaco.com


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