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Die härtesten Pingpöngler Berns
Abraham, Duke und Co. spielen im Marzilibad selbst bei Schneetreiben Tischtennis. Die Jungs von Center Court hingegen sind von Draussen nach Drinnen gezügelt – und möchten nicht mehr zurück.
Es ist kühl, der Boden uneben und es windet leicht: Beileibe keine Bedingungen, die fürs Tischtennisspielen geeignet wären. Abraham, Duke und rund einem Dutzend weiterer Männer ist das aber egal. Sie spielen an diesem Januarnachmittag im Berner Marzilibad, als ob nichts wäre. Und sie tun das beinahe an jedem Tag des Jahres. Selbst wenn die Tische verschneit sind und der Boden gefroren ist, wissen Sie sich mit Salz und Putzutensilien zu helfen.
«Beim Tischtennis sind alle Sorgen in kürzester Zeit wie weggewischt, das ist Aktiventspannung pur», sagt Duke. Zudem sei es auch gut für die Koordination und helfe gegen das Altern. Im Vordergrund stehen für ihn aber der Spass und das Soziale. «Wir sind eine sehr durchmischte Truppe, das gefällt mir.» Einer kommt aus Ungarn, einer aus Polen, auch China, Kroatien, Slowenien und weitere Länder sind an diesem Nachmittag vertreten. «Lämpen» gebe es manchmal schon, etwa, wenn es einer mit dem Zählen nicht so genau nehme, meistens sei es aber sehr freundschaftlich und friedlich.
Hippes Freizeitvergnügen
Die Marzili-Crew ist mit ihrem Hobby nicht allein. Tischtennis erfreut sich zunehmender Beliebtheit, wie eine der «Sport Schweiz»-Studien des Bundesamts für Sport (Baspo) ergab. Demnach hat sich der Anteil jener, die ab und zu Tischtennis spielen, zwischen 2014 und 2020 mehr als verdoppelt. Gerade in Städten wurde Pingpong richtiggehend hip und findet sogar in Szeneklubs statt. Im letzten Herbst hat etwa die Grosse Halle der Reitschule ein mehrtägiges Tischtennis-Festival veranstaltet.
Durchgeführt hat die Grosse Halle die «Pingpong Days» zusammen mit Center Court. Unter diesem Namen betreiben drei Freunde Anfang 30 seit 2021 einen Tischtennis-Raum an der Berner Marktgasse, der analog einem Tennisplatz stundenweise gemietet werden kann. «Eigentlich suchten wir einfach eine Möglichkeit, um selbst regelmässig Tischtennis spielen zu können», sagt Mischa von Center Court. Vorher seien sie häufig auf der Münsterplattform spielen gegangen. Gefühlt jedes zweite Mal seien aber die Tische besetzt oder es sei witterungsbedingt ans Spielen nicht zu denken gewesen.
Damit sich der Mietzins an zentraler Lage finanzieren lässt, stellen sie den Raum auch anderen zur Verfügung. «Es ist eine Erfolgsgeschichte, die Auslastung war von Beginn an sehr gut», sagt Mischa. Mittlerweile hat Centercourt sogar eine eigene, inoffizielle Meisterschaft mit vier Ligen geschaffen.
Doch nicht nur das grosse Interesse war für Mischa überraschend: Wir haben rasch gemerkt, dass Tischtennis drinnen wenig mit dem Pingpongspiel draussen zu tun hat. «Das Spiel ist kontrollierter und man steigert sich, wenn die Bedingungen immer gleich sind», sagt er.
«The wind must be your friend»
In der Tat ist an ein gepflegtes Spiel etwa bei Rückenwind kaum zu denken. Im Marzili haben sie aber einen Umgang damit gefunden. «Der schwächere Spieler darf jeweils auf die Seite mit Gegenwind, die ist in der Regel im Vorteil», sagt Duke. Generell gelte es, die Verhältnisse ins Spiel zu integrieren: «The wind must be your friend» – der Wind muss dein Freund sein.
Vielen scheint es zu gelingen – das Niveau ist überraschend gut, vergleichbar mit jenem in den unteren Ligen der regulären Vereinsmeisterschaft.
Aber wieso spielen die Leute nicht einfach in einem regulären Tischtennisverein, anstatt sich Wind, Wetter und organisatorischen Aufwand anzutun? Während Mischa von Centercourt vor allem auf die zeitliche Flexibilität verweist, führen Abraham und Duke kulturelle Gründe ins Feld. Im Marzili sei es entspannter, sagt Abraham. Zwar sei man auch ambitioniert und wolle gewinnen, man spiele aber mehr zusammen als gegeneinander, ergänzt Duke, der selbst auch Mitglied bei einem regulären Verein ist.
So wie Abraham, Duke und Mischa scheinen viele zu denken. Zwar haben sich die Mitgliederzahlen im Vereins-Tischtennis stabilisiert; jüngst konnte der nationale Verband sogar einen Anstieg vermelden. Von einem Boom sind die Clubs aber weit entfernt – vor allem angesichts des konstanten Mitgliederschwunds seit den 1980er-Jahren und des aktuellen Tischtennistrends im Freizeitbereich.
Duke und Abraham haben andere Sorgen. Etwa der harte und unebene Boden im Marzili. Der sei schlecht für die Gelenke und ein stetiger Gefahrenherd, sagen sie. Es sei dadurch schon zu zahlreichen, teilweise blutigen Unfällen gekommen. Ausserdem stünden die Tische zu nahe beieinander, was zu Zusammenstössen führe.
Es würde nicht überraschen, wenn sie mit ihrer Forderung nach einem weicheren Boden durchkommen. So haben Sie nach Interventionen bei verschiedenen städtischen Stellen bereits erreicht, dass die Mietgebühr von fünf Franken pro Stunde abgeschafft wurde. «Der Eintritt ist gratis, Schwimmen ist gratis, Kacken ist gratis – aber fürs Tischtennis mussten wir bezahlen», ärgert sich Abraham noch immer.
IG gegründet
Um die Interessen der Tischtennis-Crew gegenüber der Stadt zu vertreten, gründete Duke mittlerweile die IG Tischtennis Marzili mit rund 50 Mitgliedern. Uneins ist man in der IG, ob die geplante Gesamtsanierung des Marzilibads eine Chance oder eine Gefahr darstellt. Die Tische sollen nach der Sanierung an einem anderen Standort platziert werden. Duke kann sich mit dem neuen Standort anfreunden, hofft aber, dass Ihre Forderungen nach einem besseren Boden und mehr Platz erhört werden.
Abraham möchte am liebsten am jetzigen Standort bleiben. «Der Veloparkplatz ist nah und die Bäume spenden Schatten», sagt er. Dass die Stadt für die Sanierung zwischen 50 und 63 Millionen Franken ausgeben will, könne er auch wegen der verbreiteten Armut nicht verstehen. «Sie sagen, sie wollen es schön machen. Aber es ist jetzt schon schön.»
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