Marc Zimmermann stösst die schwere Holztüre auf und betritt «die Halle», wie der Raum unter Mitgliedern der Odd Fellows genannt wird. Durch farbige Glasfronten fällt das Licht auf braune Lederstühle. Die sind in einem grossen Halbkreis angeordnet. Zimmermann ist Obermeister der Albert-Haller-Loge Nr. 18. Neben ihm steht Barbara Streit, Obermeisterin der Frauenloge Nr. 1, benannt nach Anna Seiler.
Die beiden befinden sich vor einer grauen Wand, an dieser sind mannshohe, metallene Symbole angebracht. Streit erklärt: «Der Bienenkorb ist ein typisches Symbol der Frauenlogen der Odd Fellows. Er gilt als Hort des Fleisses.» Neben einigen Überschneidungen gibt es sowohl Symbole für die Männer- wie auch für die Frauenlogen. Zimmermann erklärt eines davon: «Das Herz auf der Hand zeigt eigentlich genau, was es bedeutet. Man gibt Gütigkeit.»
Diese Symbolik mag zwar für Aussenstehende auf den ersten Blick etwas seltsam erscheinen, hat allerdings nichts mit Esoterik oder Geheimbund zu tun, stellt Zimmermann klar: «Es ist ein Netzwerk unter Gleichgesinnten, die gemeinsame Werte vertreten. Das aber ohne einen Politik- oder Glaubensklüngel zu bilden.»
Weltweite Bewegung mit gemeinsamen Werten
Die Bewegung der Odd Fellows beruht auf dem Gedankengut der Aufklärung. Dem fortschrittlichen Denken und Handeln verpflichtet, wird auch die Pflege der Freundschaft in den Mittelpunkt gestellt. Zimmermann erklärt, warum er beim Orden dabei ist: «Die Odd Fellows bieten mir einen Rahmen, in dem ich mich einerseits selber weiterentwickeln und mich andererseits auch für die Gesellschaft einsetzen kann.»
Jedes Jahr gibt es bei den Odd Fellows ein Jahresthema. In diesem Jahr ist es die Besonnenheit. Die Mitglieder setzen sich dann auch mit diesem Thema in ihren Sitzungen auseinander. «Bei uns in der Albrecht-Haller-Loge machen die Altmeister (Altpräsident) jeweils einen Kurzvortrag darüber, wie sie Besonnenheit erleben in ihrem Leben, im Beruf, in der Familie und wie sie damit umgehen», erläutert Zimmermann. So versuche man gemeinsam unterschiedliche Themen zu ergründen. Die Abende bestehen meistens aus zwei Teilen: dem rituellen Teil in der Halle und dem anschliessenden gemeinsamen Abendessen im Refektorium.
Das Herz auf der Hand ist ein Symbol der Männerlogen.
Der Bienenkorbkorb ist ein Symbol der Frauenloge.
Blick hinter die Kulissen
Die Odd Fellows in der Schweiz sind als Vereine organisiert. Jede Loge hat ihren eigenen Präsidenten, den sogenannten Obermeister. Der Kassier nennt sich Schatzmeister und der DJ ist der Musikus. Schweizweit gibt es 25 Logen, davon vier in Bern. Drei Männerlogen und eine Frauenloge.
Am Tag der offenen Tür präsentieren sich die vier Berner Logen in der Stadt an der Schwarztorstrasse 31. An Ständen erhalten Interessierte Informationen zur Symbolik und wer will, kann auch an einer rituellen Sitzung in der Halle dabei sein. Aussenstehende erfahren zudem, welche Hilfsprojekte von der Organisation unterstützt werden. «Die Frauenloge spendete beispielsweise für das Kinderhospiz Allani in Oberbottigen», erklärt Streit.
Ein Fest der Menschlichkeit
Mit ihrem Jubiläum feiern die Schweizerischen Odd Fellows (OSOF) auch die Tradition der Menschlichkeit. Die Verbindung hat sich in der Vergangenheit immer den Bedürfnissen der Menschen ihrer Zeit angepasst. Dadurch ist es in den letzten Jahren gelungen, vermehrt jüngere Menschen anzusprechen, die in der Loge ein neues kreatives Tätigkeitsfeld finden.
In einer Welt des Wandels und der Unsicherheit tragen die Odd Fellows so dazu bei, eine positive Zukunft durch Achtsamkeit, Vernunft und gemeinsame Werte zu gestalten.
Büste in der Lounge der Odd Fellows.
