Skip to main content

-


Anzeige

Anzeige


Fleisch am Bau

Carola Ertle und Günther Ketterer berichten in ihrer Kolumne über die Ausstellung «Video*kunst» im Kunsthaus Zofingen.

| Carola Ertle und Günther Ketterer | Kultur
Carola Ertle und Günther Ketterer
Carola Ertle und Günther Ketterer sind auf Videokunst spezialisiert. Foto: zvg.

Beine als Säulen, Seen, wo es keine gibt, und ein Turm mit Armen. Es ist ein wundersames, zuweilen schönes und auch groteskes Zofingen, in das uns BiglerWeibel in der aktuellen Ausstellung im Kunsthaus Zofingen entführen. Eigentlich ist die Videoarbeit auch nicht in der Ausstellung, sondern davor. Sie wird nach den offiziellen Öffnungszeiten des Hauses in eines der Rundbogenfenster projiziert und ist frei für alle zugänglich. 

In unserer ersten Kolumne möchten wir uns dem Videokunstwerk «Fleisch am Bau» des Künstlerinnen-Duos BiglerWeibel widmen. Seit 2014 erarbeiten Jasmin Bigler und Nicole Weibel ein gemeinsames künstlerisches Œuvre, das sich durch eine Verbindung von performativen Elementen und digitalen Darstellungsformen auszeichnet. Insbesondere der Körper im Raum ist eines der zentralen Elemente ihrer Arbeit. Die Künstlerinnen inszenieren ihre eigenen Körper in städtischer oder natürlicher Umgebung oder montieren Körperteile in architektonische Strukturen. Mit ihrem feministischen Selbstbewusstsein zeigen sie uns den Blick auf nackte Haut abseits des voyeuristisch geprägten male gaze. Beide Künstlerinnen leben und arbeiten in Bern und haben die Stadt zum Gegenstand ihrer Arbeiten gemacht, zum Beispiel in der Videoserie «Bärn im Anthropozän» von 2021.

«Fleisch am Bau» zeigt ein durch digitale Montage fiktionalisiertes Zofingen, in dem stadtbekannte, architektonische Strukturen belebt, durch Hinzufügen neuer Elemente verfremdet oder ironisiert werden. Uns begeistern die von BiglerWeibel erschaffenen Irritationsmomente, und wir fühlen uns gleich in ein Gedankenspiel hineinversetzt: Wieso ist der uns umgebende Raum so, wie er ist? Sind es durch natürliche oder ökonomische Umstände bedingte Strukturen? Welche Machtverhältnisse drücken sich in den Gebäuden und dem Raum dazwischen aus? BiglerWeibel führen durch die Auswahl der Architekturen und der angewandten Montagen eine politische Dimension in ihre urbanen Untersuchungen ein, die wir als sehr bereichernd empfinden. Dass Architektur nicht nur Ästhetik, sondern auch Ausdruck von machtpolitischen und sozioökonomischen Gegebenheiten ist, verdeutlicht uns die Arbeit von BiglerWeibel immer wieder aufs Neue. So haben sie auch unseren Blick auf die eigene und auf fremde Städte geprägt.

«Fleisch am Bau» entstand für die aktuelle Ausstellung «Video*kunst» im Kunsthaus Zofingen, die noch bis am 18. Februar 2024 zu sehen ist. Die bewegende und dynamische Gruppenausstellung gibt einen wunderbaren Einblick in die Videokunst der vergangenen 30 Jahre mit klingenden Namen wie Judith Albert, Sarah Hugentobler, Ingeborg Lüscher, Franziska Megert, Andrea Nottaris und Anouk Sebald. Wie an der Vernissage gesagt wurde: Videokunst ist weiblich! Wir empfehlen einen Besuch!

 Carola Ertle und Günther Ketterer widmen sich mit ihrer Kunstsammlung schwerpunktmässig der Videokunst. 


Ihre Meinung interessiert uns!


Verwandte Artikel


Fetisch à la Müslüm

 Müslüm ist mit neuem Programm am Start, zusammen mit Raphael Jakob im La Cappella, Bern.

Geht flöten

Falls die Welt dereinst ganz kaputt ist – welche Musik wird es noch geben?

Kino aus dem Archiv

Judith Hofstetter, stellvertretende Leiterin der Kinemathek Lichtspiel, wartet mit cineastischen Höhepunkten auf.