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Die Sehnsucht nach Neuem

Die neue Tanz-Theater-Produktion von Company T42dance, «Being Framed», widmet sich dem Spannungsfeld zwischen Individualismus und gesellschaftlichem Rahmen. Zusammen mit dem Animationskünstler François Chalet und dem Musiker Simon Ho lässt das Regie-Duo Misato Inoue und Félix Duméril einen besonderen Raum der Freiheit entstehen. Der «Anzeiger Region Bern» durfte bei einer Probe dabei sein.

| Bettina Gugger | Kultur
Being Framed
Choreografin Misato Inoue spielt mit dem Rahmen. Foto: Christian Glaus

Schweiss liegt in der Luft. Ein Tänzer versucht seine Tanzpartnerin, die auf dem Boden sitzt und das Gesicht verbirgt, zu trösten. Die beiden bewegen sich wie Zeichentrickfiguren, eingebettet in die typische Soundkulisse eines Trickfilms. Choreograf Félix Duméril macht Vorschläge, wie einzelne Abläufe, Schritte und Gesten noch prägnanter zu gestalten sind. 

Zusammen mit Misato Inoue gründete er 2006 die Company T42dance, die mit Projekten, die sich zwischen Tanz und Tanztheater bewegen, zeitgenössische Choreografie neu interpretiert – stets in Zusammenarbeit mit anderen Künstlern aus anderen Kunstsparten. Davor war Duméril Ballett­direktor und Haus-Choreograf bei Bern Ballett. Aus dieser Zeit kennt er auch Simon Ho, der Musik für Theater und Tanz komponiert, von Kinderopern über Arrangements für klassische Formationen bis zu Kompositionen für Avantgarde-Jazzbands. Er tritt sowohl als Solokünstler als auch in unterschiedlichen Formationen auf, zuletzt mit dem Schlagzeuger Simon ­Baumann. 

Aktuell sorgt Simon Ho für den akustischen Rahmen in «Being Framed». Es ist bereits die siebte Zusammenarbeit mit Félix Duméril. «Die Projekte mit Félix und Misato bedeuten immer viel Arbeit», lacht Simon Ho. «Dabei würde es doch genügen, die Tänzerinnen und Tänzer auf der Bühne atmen zu hören», scherzt der Musiker, der die Proben begleitet. Die Musik entsteht im Moment, im Zusammenspiel mit der Choreografie und der Animation. 

Für Letztere sorgt François Chalet, der als Illustrator, Animator, Regisseur und Visual Artist arbeitet. An der Hochschule Luzern unterrichtet er Expanded Animation. Er entwickelte mit der französischen Tanzkompanie Thomas Duchatelet während sieben Jahren Stücke und arbeitete unter anderem mit dem Regisseur Volker Hesse zusammen. «Mit der Animation lege ich ein Kleid über eine performative Inszenierung», so Chalet. Während seiner Arbeit als Visual Jockey habe er gelernt, direkt auf Stimmungen zu reagieren und etwas Lebendiges zu schaffen, anstatt bloss zu illustrieren. Chalet geniesst die Flexibilität bei «Being Framed». «Alles entsteht im Moment.» Er projiziert seine Animationen auf den Boden und auf die Wände. Die Tänzerinnen und Tänzer bewegen sich sowohl innerhalb wie auch ausserhalb des projizierten Rahmens. 

Dabei setzt Chalet auf einfache Grundformen. Er will mit wenig viel ­erzählen. «Wir alle bewegen uns in ­unterschiedlichen Systemen. Jeder hat seinen eigenen Begriff des Rahmens, in dem er sich bewegt», so Chalet. Das Stück handle vom Umgang damit. «Vielleicht brauchen wir gar diesen Rahmen?»

Collagenartig werden die Tänzerinnen und Tänzer diesen Rahmen durch surreale Sequenzen, Kontraste und Absurditäten in Szene setzen. «Dabei entsteht Raum für die Suggestionen der Zuschauer», so Félix Duméril. «Ich bewege mich gerne zwischen den Rahmen, stets auf der Suche nach Unkonventionellem», so Duméril auf die Frage, was für ihn Freiheit bedeute. «Dabei geht es immer auch um die Ambivalenz zwischen der Sehnsucht, Neues zu ­entdecken, und dem Bedürfnis nach ­einem geschützten Rahmen.»

 

Heitere Fahne, Bern, 16. und 17. Februar, 20.00 Uhr, 18. Februar, 17.00 Uhr, 19. Februar, 10.00 Uhr (Schulvorstellung), mit Misato Inoue, Beatrice Castaldo, Alex Ferro, Robin Waldburger, Félix Duméril, Bühnenbild:  Jann Messerli 

Weitere Infos: t42dance.ch

dieheiterefahne.ch


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