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Fiebern

Unsere Kolumnistin Alice Galizia erzählt in dieser Kolumne von ihrer neuen überraschenden Liebe und dem Ende der Genre-Zuschreibungen.

| Alice Galizia | Kultur
Alice Galizia
Foto: zvg

Habe mich in den letzten Wochen wie wahnsinnig mit Taylor Swift beschäftigt, von der ich vorher tatsächlich fast nichts wusste und die nun durch meine Nächte geistert; ihre Songs und Ideen, ihre ständige Präsenz. Ich habe angefangen, sie zu lieben und die Liebe sogleich wieder verworfen, ich nerve meine Freund:innen, weil ich von nicht mehr viel anderem spreche, ich lerne von «Concert Amnesia»: dass Swifties sich auf einmal nicht mehr an das Konzert erinnern können, dem sie so lange entgegengefiebert haben, weil ihr Hirn durch den Überschuss an Aufregung und eventuell Alkohol nicht mehr verarbeiten kann, was um es herum passiert. Mir passiert das dauernd. Meine Mitbewohnerin sagt, ein Freund von ihr höre immer zwei Wochen lang nur jene Musik, die er hasst. Am Schluss möge er in der Regel dann alles. Aber ich will mich nicht an alles gewöhnen.

Ansonsten besteht meine Musikwelt aus den Krähen vor meinem Fenster, die ihre Nester bauen und die ich von ganz nah durchs Glas beobachten kann, und aus der Baustelle vor meiner Tür, die die Taylor-Swift-umgeisterten Nächte zusätzlich erdonnern lässt. (Stimmt natürlich nicht. Da war auch noch Beyoncé, die aus allen Genres der Welt genau ein einziges macht, Genre: Beyoncé.)

Dabei ist mal wieder die Welt in Bern und mit ihr all die Kontexte und Diskurse: Am Wochenende erzählten Pussy Riot im Dachstock einem gebannten Publikum von den Schrecken in Putins Russland, Verfolgung, Krieg und Mord; mich hat es geschüttelt, und dann hinaus. Am Freitag, 12. April, wird am Solidarity Rave ebenfalls im Dachstock Geld und Unterstützung gegen den Horror in Palästina, im Sudan und im Kongo gesammelt.

Was Pop alles erzählen kann, wie gern er sich an den Weltenlauf schmiegt, das stückchenweise herauszufinden, wird am nächsten Wochenende in der Dampfzentrale ausprobiert: Das Expop-­Festival am 12. und 13. April lädt illuster glänzende Projekte in die Stadt, Jlin und ihr Footwork-Derivat aus Gary, Indiana, Blackhaine aus Manchester mit Noise, Rap und Drill, Candela Capitán aus ­Sevilla mit Porno und Performance. Vielleicht wird im Foyer ja gar mal was zertrümmert, Genre-Zuschreibungen zum Beispiel.

 

Alice Galizia schreibt über Musik, zum Beispiel im KSB Kulturmagazin und in der WOZ, und veranstaltet Konzerte, zum Beispiel im Café Kairo. Sie lebt in Bern.


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