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Neue Leiterin der Stadtgalerie Eva-Maria Knüsel: «Das Publikum soll mitgestalten»

Eva-Maria Knüsel bringt als neue Leiterin der Stadtgalerie frischen Wind in den städtischen Ausstellungsraum, der lokalen, nationalen und internationalen Kunstschaffenden eine Plattform bieten und ein Ort des gesellschaftlichen Austausches sein soll. 

| Bettina Gugger | Kultur
Eva-Maria Knüsel hat ihre Arbeit als neue Leiterin der Stadtgalerie  aufgenommen. Foto: Nik Egger
Eva-Maria Knüsel hat ihre Arbeit als neue Leiterin der Stadtgalerie aufgenommen. Foto: Nik Egger

Als städtische Institution und Teil von Kultur Stadt Bern widmet sich die Stadtgalerie im Progr dem lokalen Kunstschaffen und bietet einen Ort für Diskurse über den regionalen und nationalen Kontext hinaus. Eva-Maria Knüsel hat ihre Arbeit als neue Leiterin der Stadtgalerie Anfang August aufgenommen und löst damit ihren Vorgänger Luca Beeler ab.

Für die 38-jährige Luzernerin ist Bern kein neues Terrain: Hier hat sie einst Vermittlung in Kunst und Design an der Hochschule der Künste Bern (HKB) sowie Kunstgeschichte der Moderne und Gegenwart an der Universität Bern studiert. Zuletzt arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kunsthaus Langenthal, das auch die Diplomausstellung der HKB und die Jahresausstellung Cantonale Berne Jura beherbergt. Eva-Maria Knüsel ist also bestens vernetzt in der Berner Kunstszene, die sie als sehr lebendig beschreibt. Sie freut sich auf den Austausch mit den Kunstschaffenden im Haus, die hier ihre Ateliers haben, mit dem Progr und der Kultur Stadt Bern. Ausserdem verweist Knüsel auf die Off-Spaces wie Cabane B, Grand Palais, Milieu oder Bacio Collective, welche die Berner Kunstszene neben Institutionen wie der Kunsthalle prägen. «Die Off-Spaces sind ein wichtiges Experimentierfeld». 

Ein breiter Erfahrungshorizont

Knüsel hat sich ihr kuratorisches Geschick in selbstorganisierten Räumen wie dem «sic! Raum für Kunst» in Luzern angeeignet. Von 2013 bis 2020 steckte sie als Co-Leiterin viel Herzblut in den unabhängigen Ausstellungsraum; diese Aufgabe habe alles beinhaltet, vom Ausbau des Raumes über das Führen von kulturpolitischen Diskussionen bis hin zur Vernetzung und der eigentlichen kuratorischen Arbeit. Die letzten drei Jahre betrieb sie in Co-Leitung den Kunstraum Mayday in Basel. Durch diesen breiten Erfahrungshorizont und die Fähigkeit, mit bescheidenen Mitteln Grosses zu realisieren, bringt sie viele Visionen nach Bern. Ein Anliegen ist ihr dabei auch, die Kunstschaffenden gerecht zu entlohnen und dafür die nötigen finanziellen Mittel zu akquirieren, schliesslich soll die Stadtgalerie auch ökonomisch nachhaltig sein. 

In der Stadtgalerie will sie künftig lokale, nationale und internationale Einzel- und Gruppenausstellungen realisieren. Sie denkt an einen inter- und transdisziplinären Austausch zwischen den Kunstsparten, Räumen und Orten. Die Ausstellungen will sie durch diskursive Veranstaltungsreihen, Performances, Workshops und Lesungen begleiten. Sie will inklusiv arbeiten, Laien dazuholen, andere Perspektiven aufzeigen. «Das Publikum soll die Stadtgalerie mitgestalten», so Knüsel. 

Als Vermittlerin von Bild- und Medienkompetenz im Fotomuseum Winterthur arbeitete sie von 2021 bis Ende Juli oft mit Jugendlichen zusammen. Auch die Arbeit am Kunsthaus Langenthal schärfte ihr Bewusstsein für die Ansprache an ein breites Publikum. «Die Zugänglichkeit liegt mir am Herzen», so Knüsel, die in ihren Ausstellungen Geschichten erzählt, unterschiedliche Medien und Disziplinen zusammenbringt, ohne dabei jemals einen didaktischen Gestus einzunehmen. Themen ihrer bisherigen Ausstellungen waren beispielsweise die Auflösung der Trennung zwischen öffentlichem und privatem Raum («Unbehaust», Gruppenausstellung im Kunsthaus Langenthal, 2019), alltägliche Wahrnehmungseindrücke wie Symbole und die damit verbundenen Machtverhältnisse («Soft Shell», Gruppenausstellung Kunsthaus Langenthal, 2020) oder zum Vermögen der menschlichen Stimme, Nähe und Intimität herzustellen («Your Voice, Keep Breathing», Gruppenausstellung Kunsthaus Langenthal, 2023). 

Um ein breites Publikum in die Stadtgalerie zu holen, sei die Sprache zentral. Schreiben gehört zu Knüsels grosser Leidenschaft. Begleitendend zu ihrer kuratorischen Tätigkeit in den Off-Spaces, im Kunsthaus Langenthal oder als Mitarbeiterin beim Kunstmagazin «041»  verfasste sie zahlreiche Essays und künstlerische Porträts. Publizistische Formate sollen künftig auch die Angebote der Stadtgalerie begleiten.

Aber noch brauche es Zeit, die entsprechenden Gefässe mit interessierten Akteurinnen und Akteuren zu entwickeln, so Knüsel. «Ich bringe keine fertigen Konzepte mit». Der kuratorische Startschuss fällt im November mit einem «Housewarming». «Die Besucher:innen sind eingeladen, die Räume der Stadtgalerie in einem entspannten Rahmen zu beleben und an verschiedenen performativen Erkundungen teilzunehmen», so Knüsel.

Gesellschaftliche Themen 

Die Stadtgalerie soll eine Plattform sein, um gesellschaftliche Themen zu reflektieren. Und welche Themen treiben Eva-Maria Knüsel um? «Die weltpoltische Lage, künstlerische Strategien, um mit politischen Restriktionen umzugehen, die Bedeutung von Gemeinschaften in Krisenzeiten – auch zwischen menschlichen und nichtmenschlichen Lebewesen – der Wert von Freundschaftsbeziehungen, die Gestaltung von Lebensräumen, aktuelle Debatten um Körper und Identität, Chancen und Herausforderungen der digitalen Welt …», so Knüsel. Mit der kuratorischen und vermittelnden Arbeit spinne sie ihre eigenen Gedanken und Anliegen weiter. Dabei spiele Sorgfalt und Feingefühl eine grosse Rolle, um mit Themen und Kunstschaffenden in Resonanz zu kommen. 

 

Überfülle

Ausgangspunkt von Remo Stollers Arbeiten ist seine Sammlung von Bild- und Textdokumenten unterschiedlichen Ursprungs: Bildergeschichten aus der eigenen Kindheit und Jugend, Illustrationen aus antiquarischen Büchern oder vorgefundene Materialien aus Medien, Werbung und Popkultur. Sein Interesse gilt den industriellen Bildproduktionsverfahren, den Erzählungen sowie dem gesellschaftlichen Zeitgeist und dem damit verbundenen Unbehagen, die diesen Dokumenten eingeschrieben sind. Mittels einer eigens dafür konstruierten Zeichenmaschine schafft Remo Stoller eine Übersetzung und Distanznahme zu den Ausgangsbildern, gleichzeitig ist es der Versuch der Wiederaneignung einer Lebenswelt. Für seine bisher grösste Einzelausstellung in der Stadtgalerie Bern entstehen ausgehend von diesem umfangreichen Materialfundus neue Videoarbeiten und Installationen, die das Bild, den Bildträger sowie deren technische Vervielfältigung in ihrem komplexen Zusammenspiel beleuchten.

Remo Stoller beschreibt mit Plethóra den Versuch, die Komplexität der Welt zu erfassen. «Wir versuchen, die Welt durch sprachliche Bilder zu verstehen. Doch mit jedem neuen Versuch fügen wir der Komplexität etwas hinzu und die Welt wird dadurch noch unfassbarer», so Stoller über die Unmöglichkeit des menschlichen Verstandes, zu einer abschliessenden Beschreibung der Welt zu gelangen. In dieser Überfülle und Gleichzeitigkeit der Dinge will Stoller untersuchen, wie sich Material, Form und Bedeutung durchdringen.

 

Stadtgalerie , Bern, 29. August, 18.00 Uhr, Eröffnung der Ausstellung «Plethóra» von Remo Stoller. 


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