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«Abgrenzungsversuche der GLP sind absurd»
Thomas Fuchs, der Präsident der SVP Stadt Bern, erklärt, wieso sich die Partei als Juniorpartner für die Mitte-rechts-Allianz zur Verfügung stellt. Und was JSVP-Präsident Nils Fiechter im Umgang mit Rechtsextremisten hätte besser machen können.
Herr Fuchs, wird die Mitte-rechts-Allianz das Stadtpräsidium angreifen?
Das ist noch nicht entschieden. Es hängt unter anderem vom Grünen Bündnis ab. Wenn es fürs Stadtpräsidium kandidiert, bleibt uns nichts anderes übrig, als auch jemand aufzustellen. Ansonsten ist es nicht zwingend. Aber ich würde es begrüssen, schon nur, weil man dann niemand von den Linken zur Wahl empfehlen muss.
Die Wahl werden voraussichtlich Marieke Kruit und Alec von Graffenried untereinander ausmachen. Wen sehen Sie da im Vorteil?
Für von Graffenried wird es eng. Vor allem, wenn mehrere Parteien antreten. Auch sonst sehe ich Kruit leicht im Vorteil. Als Frau mit relativ gemässigtem Auftritt ist sie für breite Kreise wählbar. Und sie strahlt frischen Wind aus. Von Graffenried wirkt hingegen müde und zeigt kaum mehr Begeisterung. Während sein Vorgänger Alexander Tschäppät mehrere Projekte aufgegleist hat, die für Bern nicht schlecht waren, beschränkt sich von Graffenried aufs Verwalten.
Was halten Sie eigentlich davon, dass die SP ihren Bündnispartner angreift?
Für mich ist das völlig unverständlich. Als von Graffenried käme ich mir schon ein wenig verarscht vor, um es deutlich zu sagen. Die SP will wohl einfach für sich das Maximum herausholen, weil Rot-Grün-Mitte dank der gemeinsamen Liste der Bürgerlichen einen Sitz verlieren wird.
Lange war Ihre Partei das dominierende Thema im Wahlkampf. Es ging um die Frage, ob man mit der SVP eine gemeinsame Liste bilden darf. War das gut für Ihre Partei?
Es hat uns jedenfalls nicht geschadet. Aber ich staune manchmal schon, wie viel Angst man vor uns hat. Ich denke, den Wählern spielt das kaum eine Rolle. Wer uns nicht wählen will, muss das ja auch nicht.
Umgekehrt gefragt: Sie haben mit der GLP wenig gemein. Zudem distanzieren sich die Grünliberalen ständig von Ihrer Partei. Wieso stellen Sie sich trotzdem als Juniorpartner für die Liste zur Verfügung – und verhelfen damit der GLP zu einem Sitz?
Die Abgrenzungsversuche der GLP sind teilweise wirklich absurd. Es geht so weit, dass sie auf Fotos einen Meter Abstand zwischen den beiden Kandidaten einfordern. Aber die gemeinsame Liste ist die einzige Möglichkeit, RGM einen Sitz abzujagen. Ausserdem gehe ich davon aus, dass die Resultate vielleicht anders herauskommen, als gemeinhin gedacht wird. Melanie Mettler und Beatrice Wertli haben die Sitze nicht auf sicher.
Dem SVP-Kandidaten Janosch Weyermann werden schon nur altersbedingt keine Chancen auf einen Sitz eingeräumt. Besteht nicht die Gefahr, dass Sie Ihren talentiertesten Jungpolitiker verheizen?
Ich denke, er wird unterschätzt und hat durchaus Chancen auf einen Sitz. Dass er der einzige Mann auf der Liste ist, könnte ihm zum Vorteil gereichen. Es gibt schliesslich auch in Bern Leute, die vielleicht lieber einen Mann als eine Frau wählen. Das einzige, was man ihm vorwerfen kann, ist sein Alter. Aber in anderen Kantonen wurden zuletzt auch Junge in Exekutivämter oder in den Ständerat gewählt. Ausserdem kann er durch die steigende Bekanntheit und die Auftrittsmöglichkeiten nur profitieren.
Hat es eine Rolle gespielt, dass durch die Nomination von Weyermann die Mitte-rechts-Allianz möglich wurde? Mit Ihnen oder Erich Hess wäre die GLP wohl nicht auf eine gemeinsame Liste …
Nein. Wir haben immer gesagt, dass wir uns nicht vorschreiben lassen, welche Person wir nominieren. Ich wusste aber, dass wir grössere Chancen auf einen Wahlerfolg haben werden, wenn wir ein neues Gesicht präsentieren. Der Überraschungseffekt war so grösser als bei den alten Schlachtrössern, mit denen alle gerechnet haben.
Der Vorwurf lautet, dass die SVP zu rechts sei. Die jüngsten Schlagzeilen im Zusammenhang mit Ihrer Jungpartei werden die Kritiker wohl nicht besänftigen. Nils Fiechter, Präsident der JSVP Schweiz, will sich nicht von Rechtsextremen distanzieren. Wie sehen Sie das?
Fiechter will halt lieber über seine Partei sprechen als über andere Gruppierungen, das kann ich schon nachvollziehen. Ich wäre an seiner Stelle pragmatischer vorgegangen und hätte mich von der Jungen Tat und ihren Ideen am rechten Rand abgegrenzt. Erschwerend kommt hinzu, dass Fiechter etwas hölzern wirkt. Erich Hess, der vielleicht noch radikaler ist als Fiechter, wirkt durch seine lockere Art sympathischer.
Das heisst, Sie sehen mit der Jungen Tat keine Basis für eine punktuelle Zusammenarbeit?
Nein, das ist für mich nicht denkbar. Sie verfolgen andere Ziele. Ich glaub auch, dass sie versuchen würden, die Partei zu unterwandern, wenn man sie integrieren wollte. Solche Leute wechseln auch häufig die Partei und sind wenig verlässlich. Ich finde zwar gut, dass sie sich politisch engagieren, aber sie sollen ihre Ziele selbst verfolgen.
Der stramme Rechtskurs der SVP Stadt Bern erschwert nicht nur die Zusammenarbeit mit den bürgerlichen Parteien. Er scheint auch bei den Wählenden nicht gut anzukommen. In den letzten Jahren hat die Partei deutlich an Wähleranteilen eingebüsst.
Ich denke nicht, dass das mit unserem Kurs zu tun hat. Viele Bürgerliche haben der Stadt einfach den Rücken gekehrt. Die Linke setzt zudem alles daran, dass nur noch Rot-Grüne in die Bundesstadt ziehen. Schauen Sie einmal die aktuellen Wohnbauprojekte an. Bei der ehemaligen Kehrichtverbrennungsanlage Warmbächli ist eine Genossenschaftssiedlung entstanden, die 9-Zimmer-Wohnungen mit Gemeinschaftsküche anbietet. Dort wird nie und nimmer ein SVP-Wähler einziehen, unabhängig von unserem Kurs.
Mit der Förderung von Genossenschaften, welche die Wohnungen per Kostenmiete vergeben, versucht die Stadt etwas gegen die steigenden Mieten zu unternehmen. Das ist doch im Sinne der Bevölkerung.
Ich bin nicht per se gegen Kostenmiete und finde es gut, wenn die alteingesessenen Genossenschaften wie Fambau und Brünnen-Eichholz günstige Wohnungen bauen. Aber heutzutage werden linke Genossenschaften bevorzugt, die nicht einmal über Eigenkapital verfügen. Dieses stellt man ihnen dann auch noch zu Spottpreisen zur Verfügung. Und am Ende wohnen gutverdienende linke Beamte in den subventionierten Wohnungen.
Was sind denn Ihre Rezepte, um günstigen Wohnraum zu schaffen?
Man sollte die Verfahren vereinfachen, den Bauherren mehr Freiheiten zugestehen und sie vor allem höher bauen lassen. Aktuell sind die Bodenpreise sehr hoch. Mit höheren Gebäuden verbilligen sich die Wohnungen, weil die Kosten für das Land gleich bleiben. Trotzdem erlaubt die Stadt meist nur drei bis vier Stockwerke. Und dann gibt es noch eine Ästhetische Kommission, die ständig mitredet.
Die Mitte-rechts-Liste hat die Finanzpolitik zum Hauptthema erklärt. Die aktuellen Finanzprobleme rühren aber vor allem vom Investitionsstau her. Wollen Sie entsprechend einfach keine Schulhäuser mehr sanieren?
Investitionen müssen getätigt werden, das ist klar. Wenn man diese zu lange hinausschiebt, wird es richtig teuer, wie wir etwa beim Stadttheater gesehen haben. Aber die Stadt zeigt sich kein bisschen innovativ. Wenn man für 50 Millionen Franken ein Schulhaus baut, wieso kombiniert man das nicht mit Wohnungen auf den oberen Stockwerken?
Vielleicht aus Angst vor Lärmproblemen.
Im Kleefeld haben sie ein 3- bis 4-stöckiges Schulhaus hingebaut – mitten in Hochhäusern. Wenn man zusätzlich ein paar Geschosse mit Familienwohnungen realisiert hätte, hätte das sicher keine Probleme verursacht. Ausserdem können Lärmklagen genauso gut von den Nachbarn kommen.
Welche Themen wird die SVP ausserdem im Wahlkampf ansprechen?
Die Sicherheit. Wir haben in der Umgebung der Reitschule die Situation, dass sich nicht einmal mehr Pinto bei Dunkelheit hintraut. Für mich ist es völlig unverständlich, dass man eine No-Go-Zone in der Stadt einfach so hinnimmt. Ausserdem stört mich der Umgang mit den guten Steuerzahlern.
Wie meinen Sie das?
In der Stadt leben ein paar sehr vermögende Familien, die viel zu den Steuereinnahmen beitragen. Ihnen wird keinerlei Wertschätzung entgegengebracht. Wieso lädt man sie nicht einmal ein und fragt sie nach ihren Ideen für Bern? Mit wenig Aufwand könnte man viel Goodwill schaffen und sie vom Wegzug abhalten.