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Lokalmedien auf «wackeligen Beinen»
Die Zusammenlegung von «Bund» und «Berner Zeitung» scheint in Bern mehr Vielfalt bewirkt zu haben. Doch wie nachhaltig ist sie?
Fusionen, Sparmassnahmen und Stellenabbau: Wer über Journalismus sprechen will, hat selten gute Neuigkeiten. Die Sparwut grosser Medienhäuser trifft auch die lokale Berichterstattung. Seit Jahren warnen Beobachterinnen und Forscher deshalb vor einer «Delokalisierung des Journalismus» und davor, dass dadurch auch demokratisches Engagement verloren gehe. Auch in Bern. Mit der Zusammenlegung von «Bund» und «Berner Zeitung» sei die Konkurrenz der beiden Lokalredaktionen weggefallen, sagt Medienjournalist Nick Lüthi und Redaktor bei «persönlich.com». Diese hatte für eine Themen- und Meinungsvielfalt gesorgt.
In die Bresche springen sollten – gerade im Raum Bern – die Kleinen. «Hauptstadt», «Journal B», «Plattform J», «BärnToday» und der «Anzeiger Region Bern» versuchten nicht zuletzt, deren Rückgang entgegenwirken. «Es ist eine unerwartet grosse Vielfalt entstanden», so Lüthi.
Gerade lokale Medien seien in der Schweiz bemerkenswert intakt, sagt etwa Daniel Vogler vom Forschungszentrum für Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) in Zürich. Ein Selbstläufer sei der neue Lokaljournalismus deswegen aber weder finanziell noch inhaltlich. Oft stehe die Finanzierung auf wackligen Beinen.
Mit Folgen: «Viele kleine Akteure ersetzen noch lange keinen zweiten Platzhirsch», sagt Lüthi. Ihre Ressourcen seien zu bescheiden, um mit der immer noch grossen Redaktion von «Bund» und «Berner Zeitung» mitzuhalten. Dadurch entstehen Lücken in der Berichterstattung, insbesondere in den Agglomerationsgemeinden. Diese abzudecken, sei auch für die neuen Medien schwer, so Lüthi – und schwer finanzierbar.
Auch deswegen setzen viele Gemeinden kurzerhand auf eigene Kommunikation: Drei Viertel der Schweizer Gemeinden haben eigene Gemeindezeitungen. Damit allein sei aber noch niemandem geholfen, so Vogler: «Ohne journalistische Einordnung fehlt die kritische Distanz.»
Gleichzeitig überfordere die neue Vielfalt das Publikum, sagt Medienjournalist Lüthi. Als Konsumentin müsse man ein Dutzend Plattformen regelmässig abrufen und solle im Idealfall auch für jede davon bezahlen: «Das kann jene, die nicht hyper-interessiert sind, auch abschrecken.»
Etwas anders sieht das Thomas Göttin, Co-Präsident von «Journal B». Das Konsumverhalten habe sich verändert; gerade online sei man immer auf verschiedenen Plattformen unterwegs. Und doch sagt er: «Die Berner Vielfalt bleibt prekär.» Auch, weil es an einer direkten öffentlichen online-Medienförderung fehle. Stattdessen will der Kanton die Nachrichtenagentur SDA mit der regionalen Abdeckung beauftragen. «Davon profitieren nur die, die sich die SDA leisten können», so Göttin.
Das Nachsehen haben lokale Onlinemedien wie die «Hauptstadt», selbst, wenn sie sich die SDA leisten können. Die «Hauptstadt» habe derzeit eine stabile Basis von rund 3000 Abonnent*innen und versuche weiter zu wachsen, sagt Marina Bolzli. Sie ist Teil der Geschäftsleitung der «Hauptstadt». Als digitales Lokalmedium sei man aber einem markverzerrenden Nachteil ausgesetzt, weil es anders als für TV, Radio und Zeitungen keine Medienförderung gebe. Bolzli sagt: «Ohne Stiftungsgelder oder Medienförderung bleibt digitaler Lokaljournalismus schwer finanzierbar.»
Ändern werde sich das nur, wenn auch die Gesellschaft zu einer zentralen Erkenntnis komme, so Nick Lüthi: «Journalismus ist nicht in erster Linie ein Geschäft. Sondern eine Investition in unsere Demokratie.» Sie müsse darum durch öffentliche Gelder mitfinanziert werden.
So informiert Ihre Gemeinde
Die meisten Gemeinden in der Region Bern veröffentlichen ihre amtlichen Mitteilungen auf der offiziellen Plattform des Staatssekretariats für Wirtschaft (ePublikation.ch) sowie separat auf ihren eigenen Webseiten. Oft liegt auch ein Ausdruck der Mitteilungen bei der Verwaltung auf. Zusätzlich nutzen die Gemeinden folgende nicht-amtlichen Gefässe:
Stettlen
Stettlen nutzt als einzige Gemeinde der Region den «Anzeiger Region Bern» weiterhin als amtliches Publikationsorgan.
Allmendingen
Die Gemeinde publiziert viermal jährlich das «Allmendinger Journal».
Bern
Die Stadt informiert selbst nicht in eigenen Print-Publikationen. Sie steht aber in Kontakt mit den Quartierorganisationen, die über eigene Publikationsorgane verfügen.
Bolligen
Die Meldungen der Gemeinde erscheinen zum Teil in der «Bantiger Post», die wöchentlich erscheint.
Bremgarten bei Bern
Monatlich erscheint «dr Wecker», eine Gratiszeitung, auch mit Mitteilungen der Gemeinde Bremgarten.
Frauenkappelen
Gemeinsam mit den Gemeinden Meikirch und Wohlen hat Frauenkappelen die «Gmeinds-News» geschaffen. Die amtliche Zeitung erscheint jeweils donnerstags.
Ittigen
Mitteilungen der Gemeinde erscheinen zum Teil in der wöchentlich verteilten «Bantiger Post».
Kehrsatz
Einmal monatlich erhält Kehrsatz jeweils die «Könizer Zeitung». Sechsmal jährlich erscheint auch der «Chäsitzer», die Dorfzeitung.
Kirchlindach
Sechsmal jährlich wird das Lokalblatt, die «Lindacher Nachrichten», an alle Haushalte verschickt.
Köniz
Einmal monatlich erscheint «Köniz Innerorts», eine Beilage der Gemeinde zur «Könizer Zeitung».
Meikirch
Meikirch ist ebenfalls Teil des «Gmeinds-News»-Verbunds. Viermal jährlich erscheint zudem die «Mechiuche Zytig».
Muri bei Bern
Die Gemeinde publiziert ihre Mitteilungen jeweils auch in den «Lokal-Nachrichten», die jeden Donnerstag erscheinen.
Ostermundigen
Die Gemeinde veröffentlicht ihre Mitteilungen gedruckt in der «Bantiger Post».
Vechigen
Punktuell informiert die Gemeinde über die «Bantiger Post». Zweimal jährlich verteilt sie zudem ein Mitteilungsblatt an alle Haushalte.
Wohlen bei Bern
Wohlen bei Bern ist ebenfalls den übergreifenden «Gmeinds-News» angeschlossen. Viermal jährlich informiert die Gemeinde zusätzlich über laufende Geschäfte.
Zollikofen
Die Gemeinde verteilt jeden Donnerstag das «Mitteilungsblatt Zollikofen» an alle Haushalte.