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Kolumnist Peter Stämpfli: Heimat ist nicht selbstverständlich

Ist Heimat eine Gegend? Oder sind es Menschen? «Anzeiger»-Kolumnist Peter Stämpfli nimmt sich dieser lebensphilosophischen Frage an – und kommt dabei auf die Demokratie zu sprechen.

| Peter Stämpfli | Politik
Peter Stämpfli. Foto: zvg
Peter Stämpfli. Foto: zvg

Heimat bedeutet für viele die Gegend, in der sie aufgewachsen sind und die ihnen vertraut ist. Meine Heimat wäre demnach die Region Bern, in der sich mindestens 15 Generationen unserer Familie zurückverfolgen lassen. Durch das Heranwachsen unserer Kinder wuchs in mir allerdings die Überzeugung, dass meine Heimat nicht ein geografischer Ort, sondern vor allem meine Familie ist, oder weiter gefasst, die Menschen, mit denen ich mich eng verbunden fühle. Würden sie wegziehen, ich fühlte mich hier heimatlos. 

Heimat bedeutet Vertrauen. Einerseits Vertrauen in Menschen, die meine Werte teilen, die mich akzeptieren, wie ich bin, und mir Rückendeckung geben. Menschen, auf die ich zählen und mit denen ich lachen und weinen kann. Andererseits das Vertrauen in das politische System, das die demokratischen Rechte, die Gewaltenteilung und meine Identität schützt. Ein Staat, in dem Willkür und Korruption keinen Platz haben, in dem die Schwachen Schutz und Minderheiten Gehör finden. Sicher, bei diesen Themen haben wir teilweise Luft nach oben; wir müssen uns entwickeln und uns für diese Entwicklung engagieren. Und doch sind wir im internationalen Vergleich ausgesprochen gut unterwegs. 

Das andere Extrem ist mir eine Warnung: Die Schweiz als Diktatur wäre nicht mehr meine Heimat. Wo Mächtige den Menschen ihre Würde nehmen und grundsätzliche Rechte fehlen, werden die Menschen ihrer Heimat beraubt. Schon nur deshalb gilt es Sorge zu unserer Demokratie zu tragen; wir haben alle die Möglichkeit und Pflicht, dies zu tun. 

Heimat hat auch mit Vertrautheit zu tun. Vertrautheit bedeutet, dass ich darauf zählen kann, was wo ist, dass die Dinge «einfach» funktionieren. Rechtssicherheit gehört dazu, funktionierende Behörden oder ebenso ein Gesundheitswesen, von dem ich weiss, dass ich darauf zählen kann. Wichtig ist die Vertrautheit mit der Umgebung, in der ich lebe. Darin liegt der Grund, dass viele heftig reagieren, wenn der Alltag sich verändert, wenn ein Baum gefällt, eine Wiese überbaut oder ein Ladengeschäft geschlossen wird. Vertrautheit ist auch die Selbstverständlichkeit, die Sprache zu verstehen, die um mich herum gesprochen wird. Deshalb ist es wichtig, dass Menschen, die aus anderen Sprachregionen zu uns kommen, rasch die Amtssprache lernen und sich breit verständigen können. Dabei müssen sie ihre Heimatsprache nicht verleugnen. 

Vertrauen muss immer wieder bestätigt werden, im Alltäglichen, im Handeln der Politik und im Zusammensein mit Menschen. Vertrautes, soll es nicht nutzlos werden, muss sich wandeln, ohne den uns wichtigen Kern zu verlieren.

Der mir wichtige Kern meiner Heimat liegt in den Werten. Da, wo ich diese Werte leben kann und wo sie mich schützen, bin ich zu Hause. Das sind meine Familie und Gleichgesinnte und die Schweiz. Dass das so ist, dass ich nicht flüchten muss, mich in Sicherheit fühlen und in einer vertrauten Umgebung leben darf, ist Teil meines Lebensglücks, das Millionen von Menschen, auch Menschen in der Schweiz, nicht vergönnt ist.

Zur Person: Peter Stämpfli leitet zusammen mit seinem Bruder die Stämpfli Gruppe, Verlags- und Kommunikationsunternehmen, in Bern. Er engagiert sich für wirtschafts- und ­sozialpolitische Anliegen, u. a. als Präsident der Unternehmergruppe Fokus Bern.


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