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Kratzer im Lack von Thomas Stauffer

Der Wahlkampf um Ittigens Gemeindepräsidium wird hitzig. Im Fokus steht BVI-Kandidat Thomas Stauffer. Tatsächlich wirft zumindest eines seiner Unternehmen Fragen auf.

| Fabian Christl | Politik
Thomas Stauffer. Foto: zvg
Thomas Stauffer. Foto: zvg

Marcel Stolz ist wütend. Das Vorstandsmitglied der Mitte Region Bantiger stört sich daran, dass die Bürgervereinigung Ittigen, zu der seine Partei bis vor Kurzem gehörte, den FDP-nahen Politneuling Thomas Stauffer statt der amtierenden BVI-Gemeinderätin Simone Stöcklin (Die Mitte) für die Nachfolge des abtretenden Gemeindepräsidenten Marco Rupp (BVI) nominierte. Diese begründete den Entscheid hauptsächlich mit Stauffers Erfahrung als Unternehmer. 

Die Mitte scherte in der Folge aus dem sehr erfolgreichen Bündnis aus und geht jetzt mit Stöcklin in die Gemeindepräsidiumswahlen von November. Die Wogen haben sich seither aber nicht wieder geglättet. Im Gegenteil. 

Stolz schrieb dem «Anzeiger Region Bern» einen Leserbrief – und zielte direkt auf Thomas Stauffer. «Wenn man bedenkt, dass sein KMU nur wenige (ca. 2) Mitarbeitende hat, ist der Leistungsausweis für den Polit-Neuling Stauffer eher mager», hiess es darin. Und: «Die Führung einer Gemeinde ist etwas völlig anderes als die Führung eines Dreipersonen-Betriebs.» 

Qualität: Führungserfahrung

Nun lässt sich einwenden, dass viele Gemeindepräsidenten bei Amtsantritt über gar keine Führungserfahrung verfügten. Es kann auch infrage gestellt werden, ob die Führung eines Unternehmens, das hauptsächlich dem Profit verpflichtet ist, mit der Leitung eines Gemeinwesens verglichen werden kann.

Letztere Frage wird bei der BVI deutlich mit Ja beantwortet. Jedenfalls sagte BVI-Präsident Hans-Rudolf Ramseier Ende Juli gegenüber dem «Anzeiger», er sehe Stauffer wegen seiner KMU-Erfahrung als den besten Kandidaten. «Er ist Unternehmer und war zwölf Jahre in der Unternehmensberatung tätig. Ein Gemeindepräsidium ist vergleichbar mit der Führung eines KMU. Da ist Führungserfahrung letztlich wichtiger als ein paar Jahre in der Gemeindepolitik», so Ramseier. 

In der Tat liest sich Stauffers unternehmerische Vita beeindruckend. Zu seinem Portfolio gehören drei Betriebe, die Unternehmensberatung Forties Management Consulting AG, das Vertriebsunternehmen Motion Tools GmbH und die Mobileo GmbH, welche Segway-Touren in der ganzen Schweiz anbietet. Unklar ist, wie aktiv seine Unternehmen noch sind. 

Die Website der Unternehmensberatung Forties Management Consulting ist nicht mehr abrufbar und der Domain-Name steht zum Verkauf. Stauffer teilt mit, dass die Firma gemäss Handelsregister aktiv sei, er aber aktuell über dieses Unternehmen keine Dienstleistungen erbringe. 

Mobileo und Motion Tools scheinen aber beide weiter zu geschäften. Die letzten Beiträge auf Website und Social-Media-Kanälen von Mobileo sind allerdings schon über ein Jahr alt.  

BVI stützt Stauffer

Stauffer wies auf Anfrage die Darstellung von Stolz, dass er nur zwei Mitarbeitende beschäftige, mit Vehemenz zurück und sprach am Telefon von aktuell 60-70 Mitarbeitenden. Allerdings entsteht bei Betrachtung der Unternehmen der Eindruck, dass es sich dabei grösstenteils um Guides der Firma Mobileo handelt, die Segway-Touren in der gesamten Schweiz anbietet. Wie viele fest angestellte Mitarbeitende er beschäftigt, will Stauffer nicht sagen. Und auch die Frage, wie viele Touren Mobileo in diesem Jahr durchführte, liess er unbeantwortet.

Die BVI stützt Stauffer in einer längeren Stellungnahme. Die Bürgervereinigung Ittigen sei «sehr erstaunt», dass die Führungsqualitäten von Thomas Stauffer angezweifelt würden, heisst es im Begleitschreiben von Präsident Ramseier. «Das muss von einer Person stammen, die ihn nicht kennt und ihn wahrscheinlich noch nie getroffen hat.» 

In der Stellungnahme betont die BVI erneut den Leistungsausweis von Stauffer. Führungserfahrung habe er beim Aufbau seiner Unternehmen mit bei Peak über 100 Mitarbeitenden, als Leiter von interdisziplinären Projektteams mit über 50 Mitgliedern sowie im Militär als Radfahrer-Zugführer gesammelt. «Ittigen z’lieb können wir Thomas Stauffer uneingeschränkt empfehlen.»

Stolz von der Mitte geht davon aus, dass sich die Mitarbeiterzahl grösstenteils auf Freelancer abstütze, die im besten Fall über ein Kleinstpensum verfügten, wie er auf Anfrage ausführt. Er sei jedenfalls bei der Betrachtung der Website skeptisch geworden, ob die kolportierte Mitarbeiterzahl stimme. 

Negative Google-Kommentare

Ein grösseres Fragezeichen als die exakten Mitarbeiterzahlen wirft indes die Reputation seines Unternehmens Motion Tools GmbH auf. Das Unternehmen mit Sitz in Unterseen verkauft etwa Segways – und scheint damit bereits zahlreiche Kunden verärgert zu haben. Unter den Google-Rezensionen finden sich mehrere Einträge, die ausdrücklich vor dem Unternehmen
warnen. 

Meistens geht es dabei um Ware, die kurz nach dem Kauf kaputtging – und trotzdem weder umgetauscht noch erstattet wurde. Weiter ist von Vorauszahlungen die Rede, welche nicht zurückbezahlt wurden, obwohl das gekaufte Produkt nicht geliefert werden konnte. Schliesslich rügen fast alle Rezensentinnen und Rezensenten die Kommunikation des Unternehmens. Mails würden nicht beantwortet und telefonisch sei niemand erreichbar, hiess es mehrfach. 

Ein Google-Nutzer alias Ajay Sooriya schrieb etwa: «Diese Firma ist un­seriös und meldet sich nicht auf unsere Anfragen. Wir haben drei E-Scooter gekauft und davon sind zwei defekt. Einer wurde für die Garantie-Prüfung abgeholt und ging auf dem Weg verloren. Keiner fühlt sich verantwortlich. Warten immer noch auf das Geld. Die Firma wird nun vom Rechtsschutz be­trieben.»

In einer Stellungnahme schrieb Stauffer dazu, dass die Rezensionen alle zwei Jahre oder älter seien. Ausserdem seien diese an den falschen Adressaten gerichtet. So seien Segways seit der Übernahme einer chinesischen Firma in der Schweiz über verschiedene Kanäle erhältlich. «Viele Serviceanfragen, Bestellungen und Reklamationen landen nun bei uns, mit welchen wir nichts zu tun haben.» Als Erklärung verweist er auf die Domain «segway.ch», die auf sein Unternehmen führe. «Die falschen Rezensionen wollten wir über Google löschen lassen, haben jedoch nie Antwort erhalten. Das ist die andere leidige Geschichte.»

Am Telefon abgewimmelt

In der Tat sind derzeit nur Online-Rezensionen zu finden, die älter als zwei Jahre sind. Vor der Anfrage an Stauffer fand sich aber auch eine Rezension, die vor wenigen Wochen verfasst wurde – und inhaltlich vergleichbar mit älteren Rezensionen ist. Inzwischen ist diese online nicht mehr abrufbar.

Klar ist auch, dass sich nicht alle Rezensenten im Adressaten irrten, wie Stauffer insinuierte. So warnte etwa Isabelle Ofner vor drei Jahren auf Google vor dem Unternehmen. Auch bei ihr ging es um ein Gerät, das kurz nach dem Kauf kaputtging und nicht mehr repariert werden konnte. «Auf meine E-Mails bekam ich nie eine Antwort und bei telefonischen Anfragen wurde ich abgewimmelt», heisst es in der Google-Rezension.

Der «Anzeiger» kontaktierte Ofner. Wie sie ausführte, hat sie ihren Segway am Hauptsitz der Motion Tools GmbH in Unterseen persönlich gekauft und nicht über einen alternativen Vertriebsweg erworben. «Mir ist der direkte Umgang wichtig, darum ging ich persönlich im Geschäft vorbei», sagt sie. Eine Kaufquittung, die dem «Anzeiger Region Bern» vorliegt, bestätigt ihre Ausführungen. Das Geld habe sie am Ende von ihrer Rechtsschutzversicherung erhalten.

Stauffer schreibt auf Nachfrage, dass er den Fall genauer anschauen wolle, dies aber Zeit brauche, da Dritte involviert gewesen seien und der Fall bereits vier Jahre zurückliege. «Bei Garantieansprüchen lief der Prozess vollständig über das vom Hersteller beauftragte Service- und Reparaturzentrum. Dies betrifft einen allfälligen Ersatz eines Fahrzeugs oder Ansprüche bei Rückerstattungen.»


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