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Wie Spiele Zugang zur Digitalisierung schufen

Durch Spiele haben viele Menschen Zugang zur Digitalisierung gefunden. In einem Forschungsprojekt will die Berner Fachhochschule (BFH) mit anderen Hochschulen erforschen, welche Bedeutung Spiele für den Durchbruch von Computern und digitalen Technologien hatten.

| Berner Fachhochschule | Gesellschaft
Eugen Pfister (rechts) und Arno Görgen. Foto: bfh
Eugen Pfister (rechts) und Arno Görgen. Foto: bfh

Was will die BFH mit der Studie herausfinden?

Spiele sind für uns Menschen oft ein einfacher und unkomplizierter Zugang zu neuen Technologien. So war es auch bei der Digitalisierung. Durch digitale Spiele kamen viele Leute in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts überhaupt in Berührung mit Computern, lernten mit der Technologie umgehen und eigneten sich erste Kompetenzen in der Anwendung der Geräte an. Das begann an den Grossrechnern der Universitäten Ende der 1960er-Jahre mit Schach und reichte bis zu Games, die Jugendliche um die Jahrtausendwende auf ihren Mikrocomputern zu Hause entwickelten. Spiele waren der eigentliche Motor für die Digitalisierung der Gesellschaft und den Siegeszug des Internets. Interessanterweise sind sich viele Menschen der Bedeutung von Computerspielen für den Fortschritt in der Digitalisierung des Alltags nicht bewusst. Auch dass die Schweiz schon früh eine aktive und international erfolgreiche Szene von Game-Entwicklerinnen und -Entwicklern hatte, ist in der Öffentlichkeit wenig bekannt. Mit der Studie wollen die BFH und weitere Hochschulen herausfinden, unter welchen Bedingungen in der Schweiz Spiele entwickelt wurden, wie die Leute zu digitalen Spielen gekommen sind und welche davon sie warum bevorzugt gespielt haben. 

Wie wird sie durchgeführt?

Gesamthaft sind 20 Forschende der BFH, der Universitäten Bern und Lausanne sowie der Zürcher Hochschule der Künste an dem Projekt beteiligt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler analysieren digitale Spiele als Quelle der Zeitgeschichte. Die Forschenden wollen herausfinden, wie die Spiele unsere Gesellschaft beeinflusst und welche Konventionen diese mitgeformt haben. Zum einen tragen die Forschenden digitale Spiele zusammen, bisher haben sie über 200 gefunden. Zum anderen werden sie Interviews mit Spielerinnen und Spielern sowie Entwicklerinnen und Entwicklern führen und auch untersuchen, wie die Medien im Lauf der Zeit über digitale Spiele berichtet haben.

Welches ist die grösste Herausforderung, die es in dem Projekt zu überwinden gilt?

Die grösste Herausforderung ist, Personen zu finden, die früher digitale Spiele programmiert haben, aber auch, noch funktionierende Exemplare solcher Spiele in die Hände zu bekommen, um rekonstruieren zu können, wie diese bedient wurden. Die Forschenden der BFH sind im Weiteren an Spielern interessiert, die ihnen von ihren Erfahrungen im Umgang mit digitalen Spielen erzählen.

Welchen Nutzen hat die Studie für die Gesellschaft?

Die Welt ist heute fasziniert von künstlicher Intelligenz. Deren Grundlagen sind jedoch nicht neu, sondern bereits im letzten Jahrhundert entstanden. Mit der Studie wollen die Forschenden aufzeigen, wie die Digitalisierung gewachsen ist und sich durchgesetzt hat. Dadurch soll Wissen geschaffen und vermittelt werden, um als Gesellschaft im Sinne einer humanen digitalen Transformation mit den künftigen Herausforderungen der digitalen Technologien besser umgehen zu können. Zudem hilft das Forschungsprojekt, ein flüchtiges kulturelles Erbe zu bewahren, das mehr und mehr zu verschwinden droht.

Was ist faszinierend an digitalen Spielen als Forschungsprojekt?

Spiele haben uns Menschen schon immer fasziniert und angezogen. Man könnte noch weiter gehen und sagen, dass Spiele uns Menschen ein Stück weit ausmachen. Es ist spannend zu sehen, wie sich Gesellschaften in Spielen spiegeln. Und für die Forschenden, die früher teilweise selber ausgiebig digitale Spiele gespielt haben, ist es interessant zu entdecken, wie diese Hintergründe und Zusammenhänge auch sie als Menschen geprägt haben.

Eugen Pfister und Arno Görgen

 

Die Leitung des Forschungsprojekts «CH Ludens – A Swiss History of Digital Games, Play and Game Design 1968–2000» liegt in der BFH bei Arno Görgen und Eugen Pfister. Die beiden arbeiten als Forscher an der Hochschule der Künste Bern (HKB), einem Departement der BFH. Eugen Pfister ist Historiker und Politik­wissenschaftler. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich
der Politikgeschichte und Ideengeschichte des digitalen Spiels. Er ist Gründungsmitglied des Arbeitskreises Geschichtswissenschaft und Digitale Spiele (AKGWDS). Arno Görgen ist Kulturhistoriker und fungiert als Co-Leiter der Studie über digitale Spiele. Seine Schwerpunkte sind Studien zu Spielen sowie Gesundheit und Krankheit. Er betreut zudem den Podcast «Design. Macht. Gesellschaft.»

www.bfh.ch


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