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Meister der historischen Holzblasinstrumente
Andreas Schöni vereint seine Leidenschaft für die Klassik und sein virtuoses Verständnis von Mechanik und Klang im Bau historischer Holzblasinstrumente. Der Musiker Robert Pickup wird im Rahmen des Konzerts «Dreigestirn» zusammen mit Les Passions de l‘Âme das Konzert in A-Dur KV 622 für Klarinette von Mozart spielen, das dieser eigens für dieses Instrument und seinen Klarinettisten komponiert hatte – mit einer Bassettklarinette von Andreas Schöni.
Eine deckenhohe Glastüre wirft Licht in das Atelier von Andreas Schöni im Marziliquartier. An den Wänden hängen gerahmte Zeichnungen und Skizzen, auf einem antiken Holztisch steht eine Vase mit blühenden Zweigen. Auf einem Korpus liegen noch hauchdünne Holzspäne; hier arbeitet Andreas Schöni an Klarinettenblättern.
Seit fast 40 Jahren baut er historische Holzblasinstrumente; Blockflöten, Klarinetten, Bassettklarinetten und Bassetthörner.
Andreas Schöni wuchs in Erlenbach im Simmental auf. Mit 12 Jahren begann er, Klarinette zu spielen – die Wahl des Instrumentes sei eher Zufall gewesen, so Schöni. Mitte der achten Klasse organisierte ihm der Vater eine Lehrstelle als Mechaniker, die er schliesslich irgendwie überstanden habe. Dabei halfen ihm auch die Klarinettenstunden am Konsi in Bern. Nach der Lehre besuchte er das Lehrerseminar, wo er seine Klarinettenkenntnisse vertiefte und zusätzlich Klavier und Bratsche lernte. «Da habe ich wohl gelebt», lacht Schöni. Danach absolvierte er ein Musikstudium an der Musikhochschule. Nach einem Abstecher als Klarinettenlehrer an die neu gegründete Musikschule Köniz, übte er sich kurzzeitig «im Zehnkampf» als Primarlehrer.
Alle Talente vereint
Es folgte ein Aufbaustudium im Hauptfach Blockflöte an der Schola Cantorum Basiliensis, einem weltweit bekannten Aus- und Weiterbildungsort für Alte Musik. Danach legte Andreas Schöni erst so richtig los: Er richtete seine Werkstatt ein und begann mit dem Bau von historischen Holzblasinstrumenten. Dabei nahm er etliche Vermessungen von historischen Instrumenten in Museen vor. So erlangte er im Laufe der Jahre seine weltweit einzigartigen Fachkenntnisse. «Dabei geht es um die richtigen Verhältnisse», verrät er. Gefragt nach dem Klang der alten Instrumente, meint Andreas Schöni: «Über den sogenannten Originalton können wir nur mutmassen. Letztendlich haben wir keine Überlieferungen, wie die Instrumente geklungen haben. Der Klang ist nichts Absolutes.»
«Bei Rohrblattinstrumenten sind die Innenbohrung, ob der Konus flach oder steil ausfällt, das entsprechende Holz und die Art und Weise der Bearbeitung entscheidend», erklärt er.
Und wesentlich für den Klang ist natürlich auch die Technik des Spielers oder der Spielerin. Entsprechend seinen Vermessungen und Studien stellte Schöni auch die benötigten Werkzeuge selbst her; endlich waren seine Fertigkeiten und sein Wissen, das er sich als Mechaniker erworben hatte, Gold wert.
Für seine Musikinstrumente verwendet er Französischen Buchsbaum, den er von einem Holzhändler aus einem Pariser Vorort bezieht. «Der Buchs wächst sehr langsam», so Schöni. Der Durchmesser, den er für ein Instrument benötigt, entspricht einer Wuchszeit von 150 Jahren. An einer einfachen Blockflöte arbeitet er bis zu 30 Stunden.
Mozarts Bassettklarinette
Musiker wie Robert Pickup lassen sich von Andreas Schöni ihr Trauminstrument bauen. «Dabei sind oft das Äussere und die Vorliebe für einen bestimmten Instrumentenbauer und eine Epoche entscheidend», so Schöni.
Robert Pickup ist Soloklarinettist bei der Philharmonia Zürich und dem Orchestra La Scintilla der Oper Zürich, das sich der historischen Aufführungspraxis widmet. Ausserdem doziert er an der Hochschule Luzern.
Die Bassettklarinette liess er sich eigens für Mozarts Konzert in A-Dur KV 622 für Klarinette und das Klarinettenquintett KV 581 anfertigen.
Mozart hatte die Stücke einst für den bekannten Klarinettisten und Bassettklarinettenspieler Anton Stadler und dessen Instrument geschrieben. Stadler spielte im Orchester des Wiener Burgtheaters und in der kaiserlich-königlichen Harmoniemusik. Zusammen mit dem Holzblasinstrumentenbauer Theodor Lotz erweiterte Anton Stadler den Tonumfang seiner Klarinetten in B und A bis zum tiefen C – die besagte Bassettklarinette war geboren. Die Originalinstrumente sind nicht erhalten. Ein Holzschnitt des Programms, auf dem das Instrument abgebildet war, lieferte Andreas Schöni Hinweise für den Nachbau. Verbrieft ist, dass Stadler die Bassettklarinette und das Bassetthorn nach unten um vier Halbtöne erweitert
hat.
Wie lange er an diesem Instrument gebaut habe, könne er nicht genau sagen, meint Schöni. Optisch sticht der rechte Winkel heraus, in dem der becherförmige Aufsatz aufgesteckt wird, ein sogenannter «Amorebecher», der einen besonderen Klang erzeugt, der sehr beliebt war, wie historische Dokumente bezeugen.
«Sieben solcher Becher hat Andreas Schöni hergestellt und sie mir zum Testen zugeschickt», verrät Robert Pickup. «Andreas Schöni versteht unglaublich viel vom Klarinettenbau.
Er ist weltweit einfach der Beste», schwärmt Pickup.
«Durch die grösseren Säle und Orchester haben sich auch die Anforderungen an den Instrumentenbau verändert. Die heutigen Instrumente klingen viel lauter und homogener als die alten», so Pickup. Auf seiner Bassettklarinette von Andreas Schöni habe jeder Ton seinen Charakter. «Das Instrument hat seinen eigenen Ausdruck, die Töne eine intensive Farbe», schwärmt er.
Das Spielen sei allerdings eine Herausforderung. Das Instrument hat wenig Klappen, die Griffkombinationen sind kompliziert. Während er Mozarts Konzert in A-Dur KV 622 für Klarinette bereits als 16-Jähriger habe spielen können, gleiche das Stück, auf dem alten Instrument gespielt, vom Schwierigkeitsgrad einem zeitgenössischen Stück, so Pickup. «Mozart hat alles in dieses Stück reingepackt: 3,5 Oktaven, schnelle Passagen, schöne Cantabile – das verlangt dem Spieler alles ab».
Französischen Kirche, Bern, 9. März, 17.00 Uhr, Les Passions de l’Âme: «Dreigestirn» – Beethoven, Mozart und Haydn. Solist: Robert Pickup. Leitung: Meret Lüthi.
Info: lespassions.ch