Skip to main content

-


Anzeige

Anzeige


Dem Leben zugewandt bleiben

Mely Kiyaks Roman «Herr Kiyak dachte, jetzt fängt der schöne Teil des Lebens an» handelt vom Leben und Sterben im Exil.

| Sandra Ackermann | Kultur
Sandra Ackermann. Foto: zvg
Sandra Ackermann. Foto: zvg

Mely Kiyak erzählt in diesem Buch von der Krebserkrankung ihres Vaters. Auch wenn wir Menschen wissen, dass das Leben irgendwann zu Ende geht, trifft es uns in unserem tiefsten Inneren, wenn geliebte Menschen zu verschwinden drohen. Mely Kiyak setzt alles daran, dass auch der hinterletzte Arzt in einem Berliner Spital versteht: Dieser Mann darf nicht sterben. 

Die Tochter beisst sich am deutschen Gesundheitssystem regelrecht die Zähne aus. Sie kann nicht verstehen, dass hier alles so unmenschlich und abweisend abzulaufen scheint. Weshalb gibt es nirgends schöne Blumen? Weshalb stehen keine Früchteschalen bereit? Warum erscheint in einem Spital alles so lebensfeindlich, wo es doch darum gehen sollte, Leben zu retten? 

Wir nehmen Anteil an der Verzweiflung der Tochter. Der Vater hingegen verliert sich gerne in seinen Geschichten über längst Vergangenes, lässt seine Tochter noch einmal an der verzweigten Familiengeschichte teil­haben. 

Der Autorin gelingt es auf verblüffende Weise, zwei ganz gegensätzliche Dinge zu vereinen: die Trauer und den Humor. Den Humor nicht zu verlieren, bedeutet aber auch, bis zum Schluss dem Leben in all seinen Facetten zugewandt zu bleiben. 

Dieser Text beleuchtet ebenfalls die Schwierigkeiten eines Lebens und Sterbens im Exil. Es ist traurig, dass am Ende eines aufreibenden Arbeiterlebens das Sterben in der geliebten Heimat nicht möglich ist. Ein lohnenswerter, ehrlicher und sehr menschlicher Text. 

Das Buch wird im Literaturclub auf SRF am 2. April besprochen. 

Eine frühere Fassung dieses Buches erschien 2013 im S. Fischer Verlag. 

Mely Kiyak: «Herr Kiyak dachte, jetzt fängt der schöne Teil des Lebens an» 

Hanser Verlag, 2024

Sinwel Buchhandlung www.sinwel.ch


Ihre Meinung interessiert uns!


Verwandte Artikel


Schmerz der ungewollten Schwangerschaft

Christina Frosio von der Buchhandlung Sinwel verrät im aktuellen Buchtipp, warum sich «Bevor der letzte Zug fährt» von Penelope Mortimer zu lesen lohnt. 

Freier Zugang zu Büchern

Anna Christen von der Buchhandlung Klamauk stellt im aktuellen Buchtipp eine Biographie aus dem 19. Jahrhundert von Jonathan Lee vor, in der Bildung für alle ein zentrales Motiv ist. 

Anerkennung des Erlittenen

Andrea Beetschen von der Buchhandlung Haupt stellt ein Buch vor, das es in sich hat: Es handelt vom Verdrängen einer schrecklichen Tat in einem Familiengefüge.