Mely Kiyak erzählt in diesem Buch von der Krebserkrankung ihres Vaters. Auch wenn wir Menschen wissen, dass das Leben irgendwann zu Ende geht, trifft es uns in unserem tiefsten Inneren, wenn geliebte Menschen zu verschwinden drohen. Mely Kiyak setzt alles daran, dass auch der hinterletzte Arzt in einem Berliner Spital versteht: Dieser Mann darf nicht sterben.
Die Tochter beisst sich am deutschen Gesundheitssystem regelrecht die Zähne aus. Sie kann nicht verstehen, dass hier alles so unmenschlich und abweisend abzulaufen scheint. Weshalb gibt es nirgends schöne Blumen? Weshalb stehen keine Früchteschalen bereit? Warum erscheint in einem Spital alles so lebensfeindlich, wo es doch darum gehen sollte, Leben zu retten?
Wir nehmen Anteil an der Verzweiflung der Tochter. Der Vater hingegen verliert sich gerne in seinen Geschichten über längst Vergangenes, lässt seine Tochter noch einmal an der verzweigten Familiengeschichte teilhaben.
Der Autorin gelingt es auf verblüffende Weise, zwei ganz gegensätzliche Dinge zu vereinen: die Trauer und den Humor. Den Humor nicht zu verlieren, bedeutet aber auch, bis zum Schluss dem Leben in all seinen Facetten zugewandt zu bleiben.
Dieser Text beleuchtet ebenfalls die Schwierigkeiten eines Lebens und Sterbens im Exil. Es ist traurig, dass am Ende eines aufreibenden Arbeiterlebens das Sterben in der geliebten Heimat nicht möglich ist. Ein lohnenswerter, ehrlicher und sehr menschlicher Text.
Das Buch wird im Literaturclub auf SRF am 2. April besprochen.
Eine frühere Fassung dieses Buches erschien 2013 im S. Fischer Verlag.
Mely Kiyak: «Herr Kiyak dachte, jetzt fängt der schöne Teil des Lebens an»
Hanser Verlag, 2024
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