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Zwischen Mario Kart und Saltos
Es klingt wie ein Traum für Heranwachsende: Ein Sommercamp mit Fokus Computerspiele. 50 Kinder aus der Region nutzten vergangene Woche das Angebot in Ittigen. Doch ganz kamen sie um Bewegung nicht herum.
Mit grossen Kopfhörern auf dem Kopf sitzen die Kinder vor Bildschirmen und steuern ihre Spielfiguren konzentriert durch eine violettfarbene Welt. Platoon Splash heisst das Computerspiel, das gerade läuft. Gespielt wird in Vierer-Teams. «Dabei lernen die Kids, miteinander zu kommunizieren. Jedes hat seine Rolle und sie müssen im Team arbeiten», erklärt Flurin Bandli. Der 30-Jährige leitet das Gaming-Camp in Ittigen. Rund 50 Kinder zwischen 6 und 16 Jahren sind auf dem Schulhausgelände aktiv. Während fünf Tagen spielen sie drei unterschiedliche Computerspiele. Alle altersgerecht. Neben dem erwähnten Teamplayer-Strategiespiel Platoon Splash auch das Rennspiel Mario Kart, bei dem man im Einzelplayer-Modus Rennen gegeneinander fährt. Das dritte Game heisst Super Mario Maker 2, das man in Zweierteams spielt und zusammen Levels aufbauen muss und kreativ sein kann.
Es ist erstaunlich ruhig im Zimmer. Wenn gesprochen wird, dann in angenehmer Lautstärke. Bandli, selber passionierter Gamer, sind die Umgangsformen wichtig: «Der Austausch zwischen den Kindern während dem Gamen muss anständig sein. Ich will kein Rumschereien, kein Beleidigen, kein Fluchen.» Werde einmal ein Controller geworfen oder ein Kopfhörer unsanft abgelegt, dann werde klar kommuniziert, dass das nicht gehe.
Zwei Stunden Gaming, zwei Stunden Sport
Das Camp wird von MS Sports organisiert, einer Firma, die in der Schweiz seit 2017 Sportcamps für Kinder durchführt. Solche Gaming-Camps wie hier in Ittigen, finden in diesem Jahr zum zweiten Mal statt. Auffallend ist der prominente Sponsor: Die Swisscom. Projektleiter Simon Rohrer erklärt, wie es dazu gekommen ist: «Die Swisscom hat uns angefragt, ob wir in Zusammenarbeit mit ihr solche Camps machen wollen.» Allerdings sei die klare Bedingung von MS Sports gewesen, dass es mit Sport kombiniert werde, so Rohner weiter.
Die Camps sind abgeleitet von den bekannteren Schach-Sport-Camps. Wie in diesen, ist auch im Gaming-Camp der Spiel-Sport-Anteil 50:50. Die Kinder werden aufgeteilt in vier Gruppen. Von 10 bis 12 Uhr und von 14 bis 16 Uhr haben sie geführtes Programm. Alle machen so pro Tag zwei Stunden Sport und zwei Stunden gamen sie. Zu Beginn eines solchen Gaming-Blocks erklären die Leiter das Spiel. Rohrer betont, dass die Kinder nicht einfach zwei Stunden durchgamten, sondern gezielt Wissen und Fähigkeiten vermittelt bekämen. «Beispielsweise unterbricht der Leiter nach zwei Runden Mario Kart das Spiel und fragt, was passiert, wenn man zehn Münzen gesammelt hat.» So erarbeiten sich die Kinder im jeweiligen Spiel mehr und mehr Fähigkeiten.
Zusätzlich führt die Swisscom in jedem Camp ein Workshop zum Thema Chancen und Risiken von Gaming durch. Dabei werden auch mögliche Konflikte mit den Eltern, die durch das Gamen entstehen können, thematisiert.
Sechs Mädchen dabei
Heute ist Akrobatik angesagt. In der Turnhalle steht ein Trampolin. Die Mutigen machen Saltos und landen mal mehr, mal weniger auf den Füssen – natürlich gesichert durch eine dicke, weiche Matte. Das Sportprogramm wechselt jeden Tag. Neben Akrobatik werden auch verschiedene Ballsportarten wie Basketball, Unihockey und natürlich Fussball gespielt. Rohner sagt dazu: «Wir wollen mehr Mädchen ansprechen, deswegen spielen wir pro Woche dann auch maximal eine Stunde Fussball.» Und das scheint zu funktionieren. Dieses Jahr sind sechs Mädchen im Camp dabei. Eines davon ist Amy-Lynn Möhri aus Biberen: «Ich liebe Gamen, und ein bisschen Sport kann nicht schaden. Ich habe hier sogar Freundinnen gefunden», so die Achtjährige. Die beiden neuen Freundinnen stehen neben ihr. Eine davon ist Amalia Novakovic aus Bolligen. Die Elfjährige bestätigt, dass nicht nur Jungs Computerspiele mögen: «Ich game zu Hause sehr viel. In den Ferien können es schon mal zwei Stunden pro Tag werden.» Die
Eltern sagten dann manchmal schon etwas, aber nicht immer, so Novakovic weiter.
Die Kombination von Gaming und Sport scheint zu funktionieren, sowohl für die Kinder, als auch für die Eltern. Rohner: «Deswegen ist das Gaming-Camp ein super Instrument für die Eltern. Denn ein passionierter Gamer geht wahrscheinlich in den Ferien nicht freiwillig in eine reines Sportcamp.»
Mittlerweile hat der Wind in der Turnhalle gedreht, es ist laut. Das Spiel heisst Sitzball. Kinder schreien und rennen, Bälle fliegen aus allen Himmelsrichtungen durch die Luft. Campleiter Bandli beobachtet die Szenerie und sagt schmunzelnd: «Die grössten Schwierigkeiten im Camp gibts eigentlich im Sport. Da kann es manchmal schon sehr wild zu und her gehen.»
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